Wie weiter mit dem Kampf?
sozialismus.info veröffentlicht hier ein Flugblatt der us-amerikanischen Schwesterorganisation der SAV und ein Bericht einer Solidaritätsaktion der Schwesterorganisation in Hongkong.
von Socialist Alternative (Schwesterorganisation der SAV und Sektion der CWI in den USA)
Überall auf der Welt richtet sich die Aufmerksamkeit auf die Besetzung der Wall Street. Die Proteste haben das Vorstellungsvermögen Tausender von Menschen beflügelt und zu weiteren Besetzungsaktionen animiert, die sich in den ganzen Vereinigten Staaten ausbreiten.
Der brutale Polizeiübergriff in New York sollte die Bewegung eigentlich einschüchtern und unseren Kampfgeist brechen. Das hat nicht geklappt und im Gegenteil sind wir jetzt noch viel entschlossener als vorher, den Kampf zu führen. Inspiriert von den revolutionären Erhebungen in Ägypten und Nordafrika wie auch von den Massen-Besetzungen der großen Plazas in Spanien und Griechenland, sind die Protestierenden hier auf die Straßen von New York gegangen, um gegen die Dominanz der Wall Street und der Großkonzerne aufzustehen.
Unter der Oberfläche herrscht in der US-Gesellschaft große Wut, die nur durch die rechtsgerichteten Wahnsinnigen von der Tea Party-Bewegung einen verzerrten Ausdruck gefunden zu haben schien. Doch die Massenbewegung in Wisconsin vom Frühjahr diesen Jahres wie auch die jetzt keimenden und von den jungen Menschen getragenen Besetzungsaktionen der Wall Street geben einen Geschmack vom enormen Potential, das besteht, um diese Wut in eine progressive soziale Bewegung zu verwandeln.
Wie können wir den Kampf voran bringen?
Viele beteiligen sich an den Besetzungsaktionen, um „Freiräume“ zu schaffen. Sie wollen eine neue, gleichere und gerechtere Gesellschaft und hoffen darauf, dass andere dadurch motiviert werden, sich anzuschließen. Während es sich bei der Besetzung an sich um ein überzeugendes Beispiel für eine Bewegung handelt, die auf Demokratie, Kooperation und Solidarität basiert, so wird die Besetzung allein aber leider nicht ausreichen, um eine Massenbewegung aufzubauen, die in der Lage sein kann, die Gesellschaft zu verändern.
Viele der Beteiligten haben die Verbindung zu Ägypten gezogen und gesagt, dass eine an TeilnehmerInnen stärker werdende Besetzungsaktion mit nur einer Grundsatzforderung schon reicht, um einen Diktator zu stürzen. In Wirklichkeit aber war die Situation doch etwas komplizierter. In der Woche, bevor der ägyptische Diktator Mubarak verdrängt wurde, betrat die Arbeiterklasse mit Streikaktionen die Bühne und legte damit Teile des gesellschaftlichen Lebens lahm. Und das war es, was der herrschenden Elite Angst bereitete.
Die Besetzungen in Spanien und Griechenland waren weitaus größer als die „Occupy Wall Street“-Aktionen. Allerdings fehlt beiden die in Aktion tretende und weitaus mächtigere Kraft der Arbeiterklasse, um einen Sieg zu erringen. In Wisconsin dauerte eine gewichtige Besetzungsaktion des dortigen Capitol-Gebäudes über drei Wochen an und stand im Zentrum von Massendemonstrationen von ArbeiterInnen und Jugendlichen. Siegreich hätte man sein können, wenn diese Bewegung sich in Richtung Generalstreik der ArbeiterInnen orientiert hätte, um das wirtschaftliche Leben dieses Bundesstaats zum Erliegen zu bringen.
Stattdessen wurde die Schlacht von Wisconsin von der Demokratischen Partei und der obersten Führungsriege der Gewerkschaften in Richtung einer Kampagne, gelenkt, die die Republikaner aus dem Amt heben und statt ihrer die Wahl der Demokraten ermöglichen sollte. Dabei sind die Demokraten genau wie die Republikaner eine Partei der Wall Street und der Großkonzerne und sie haben keine Lösungen zu bieten. Wir brauchen einen unabhängigen Kampf, mit dem versucht wird, die breitestmögliche Mobilisierung von ArbeiterInnen und Jugendlichen zu erreichen. Vereint haben wir die Macht, unsere Arbeit nicht zu verkaufen, das Mühlrad zu stoppen und die Banken, Konzerne und die herrschende Elite da zu treffen, wo es weh tut.
Um solche kühnen Maßnahmen zu ergreifen, müssen wir Selbstvertrauen gewinnen. Aus diesem Grund sollte die „Occupy Wall Street“-Bewegung zu Massendemonstrationen rund um die Forderungen und Themen aufrufen, die arbeitenden Menschen wie auch Jugendlichen auf den Nägeln brennen: Arbeitsplätze, Bildung, Gesundheit und so weiter.
Systemwechsel
Nicht nur die Wirtschaft, auch die Gesellschaft als Ganzes befindet sich in einer tiefen Krise. Beim globalen Kapitalismus handelt es sich um ein gescheitertes System, dass die Probleme zunehmender Ungleichheit, der Armut, Massenarbeitslosigkeit, Umweltzerstörung und des Krieges nicht mehr in den Griff bekommt, die es selbst geschaffen hat. Die Bewegung muss die Wall Street und die beiden Parteien der Großkonzerne herausfordern. Wenn sie versuchen, ihre ökonomische Krise auf unserem Rücken zu lösen, um ein System aufrechtzuerhalten, das vor allem der Elite zugute kommt, müssen wir gegen ihre Politik aufstehen.
Wir müssen aber auch eine klare Alternative parat haben. Wir müssen die Gesellschaft grundlegend verändern in eine nicht mehr auf Profit basierende sondern an den menschlichen Bedürfnissen orientierte Gesellschaft. Die einzig wahre Alternative zur Gier der Konzerne und dem Kapitalismus ist sozialistische Demokratie, in der die Wirtschaft, die Betriebe und die Gesellschaft als solcher demokratisch geführt werden und im Sinne der Mehrheit der Menschen.
Wir fordern:
- Ausweitung der Besetzungen überall in den USA und auf die Schulen undKommunen. Für eine systematische Massenkampagne zur größtmöglichenMobilisierung von ArbeiterInnen, jungen Menschen und Gewerkschaftenfür diesen Kampf.
- Organisierung von Massendemonstrationen an den Wochenenden, diefolgenden Aufruf haben könnten: Keine Kürzungen bei denSozialleistungen; für ein massives Arbeitsbeschaffungsprogramm; fürumfassende Steuererhöhungen bei den Super-Reichen und Großkonzernen;Beendigung des Krieges; für die drastische Absenkung desMilitärhaushalts; Verteidigung gewerkschaftlicher und demokratischerRechte.
- Vorbereitung der landesweiten Aktionswoche vom 16. bis 23. November,um den Kürzungsplan des „Congressional Super Committee“ zu bekämpfen,der Streichungen bei den öffentlichen Sozialleistungen um 1,5Billionen Dollar vorsieht. Wir fordern Arbeitsplätze statt Kürzungen!
- Vorbereitung darauf, bei den Wahlen 2012 unabhängige KandidatInnen derArbeiterklasse aufstellen zu können, um die Politik der zweiunternehmerfreundlichen Wall Street-Parteien herauszufordern. Das mussder erste Schritt hin zur Gründung einer neuen Partei der 99 Prozentsein, einer Massenpartei der ArbeiterInnen.
- Beendigung der Diktatur der Wall Street! Die Großbanken, die dieUS-Wirtschaft beherrschen, müssen in öffentliches Eigentum überführtwerden und unter demokratische Geschäftsführung durch gewählteVertreterInnen der Beschäftigten und des gesellschaftlichen Lebens.Entschädigungen sollten nur bei nachweislichem Bedarf und nur anKleininvestorInnen gezahlt werden, nicht an Millionäre.
- Die Bewegung muss aufgebaut werden, um das verkommene System desKapitalismus durch einen demokratischen Sozialismus zu ersetzen undeine neue Gesellschaft zu schaffen, die auf den Bedürfnissen derMenschen basiert.
Hong Kong: Solidarität mit der „Occupy Wall Street“-Bewegung
Die Schwesterorganisation der SAV und Sektion des CWI in Hong Kong, Socialist Action, hat aus Protest gegen die Massenverhaftungen in New York und weiteren Städten der USA eine Demonstration organisiert
von Dikang, Socialist Action, Hong Kong
Mehrere Dutzend junger Leute protestierten am Mittwoch, 5. Oktober, vor der Börse und dem Konsulat der USA in Hong Kong. Mit dieser Aktion, die von „Socialist Action“ organisiert wurde, sollte Solidarität mit der „Occupy Wall Street“-Bewegung gezeigt werden, die sich zur Zeit in den USA ausweitet und in Asien auf starkes Interesse und Sympathie stößt.
Auch in Taiwan sind Mitglieder des „Komitees für eine Arbeiterinternationale“, CWI, an Planungen für eine Aktion unter dem Motto „Occupy Taipei“ (dt.: „Besetzt die Hauptstadt Taipeh“) beteiligt, die nächste Woche stattfinden soll.
In Hong Kong nahmen auch der bekannte Parlamentarier „Long Hair“ Leung Kwok-hung sowie verschiedene UnterstützerInnen der Partei „League of Social Democrats“ an der Protestaktion teil. (Hierbei handelt es sich um die fortschrittlichste politische Partei Hong Kongs, die weder Kritik am Regime vor Ort noch an der Zentralregierung in Peking scheut; Anm. d. Übers.)
„Wie die Protestierenden in der Wall Street es gesagt haben, hat das obere eine Prozent der Gesellschaft für die Krise des Kapitalismus gesorgt. Aber wir, die 99 Prozent, sind gezwungen, dafür zu bezahlen.“, sagte Sally Tang Mei-ching von „Socialist Action“.
„Hong Kong und die Wall Street sind sehr ähnlich“, so Sally weiter. „Die Regierung dient nur den Reichen und ihre Politik bedeutet ein Desaster für die Menschen der Arbeiterklasse.“
Ausgestattet mit von der Protestbewegung in den USA inspirierten Schildern und Transparenten („Besteuert die Reichen“ und „Rettet die Menschen, nicht die Banken“) zog die Demonstration zum US-Konsulat, um einen Protestbrief wegen der aggressiven Polizeiaktion gegen US-amerikanische DemonstrantInnen zu übergeben.
Homepage von „Socialist Action“: http://www.socialism.hk/