Der Kampf geht weiter

Griechenland: 40.000 demonstrieren in Thessaloniki gegen die Regierung


 

Vorbemerkung des Übersetzers: Der Kampf der griechischen Arbeitnehmer und der Jugend gegen die brutale von EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und dem Internationalen Währungsfond (IWF) diktierte und von der sozialdemokratischen PASOK-Regierung unter Jorgos Papandreou willig umgesetzten Sparpolitik geht nach einer zweimonatigen Sommerpause weiter. Im Frühjahr und Frühsommer hatten Generalstreiks, Massendemonstrationen und die Bewegung der „Empörten“ mit ihren Platzbesetzungen ein erneutes Sparprogramm nicht verhindern können. Doch das war nicht das Ende des Kampfes. Jedes Jahr im September findet in Thessaloniki die Internationale Messe statt, die wichtigste Wirtschafts- und Handelsmesse Griechenlands. Traditionell hält dort der griechische Regierungschef eine Rede, in der er die Wirtschaftspolitik des kommenden Jahres vorstellt. So stellte auch dieses Jahr am 10. September Papandreou seine Politik dar. Traditionell findet anlässlich dieses Regierungsauftritts eine Protestdemonstration gegen die Regierung statt.

40.000 demonstrieren in Thessaloniki

von der Webseite von „Xekinima“, der Schwesterorganisation der SAV und Sektion des CWI in Griechenland, vom 11. September 2011

Die bisher größte Demonstration anlässlich der Internationalen Messe von Thessaloniki (DETh) und eine der größten, die bisher in Thessaloniki stattgefunden hat, war die gestrige Demonstration zur DETh. Die Gesamtzahl der Teilnehmer an allen Demonstrationen und Versammlungen näherte sich den 40.000 – die Angaben in verschiedenen Medien, die von 25.000 oder 30.000 sprechen, unterschätzen unserer Meinung nach die Größe der Demonstration. In der von uns angeführten Zahl sind die Blöcke der Studenten von ANTARSYA und SYRIZA, die zusammen marschierten (ANTARSYA ist die „Antikapitalistische Linke Zusammenarbeit für den Umsturz“, ein Bündnis verschiedener Organisationen der radikalen Linken. SYRIZA ist das „Bündnis der Radikalen Linken“, das aus dem SYNASPISMOS, der Schwesterpartei der deutschen LINKEN, und ebenfalls verschiedenen Organisationen der radikalen Linken besteht, Anm. d. Übers.), wie auch die der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE), des Allgemeinen Griechischen Gewerkschaftsbundes (GSEE) und des Arbeiterzentrums von Thessaloniki (EKTh), die der Taxifahrer und der Fans des Fußballclubs Iraklis, die eigene getrennte Kundgebungen hatten, einbegriffen.

Das Eindrucksvollste aus Sicht der Größe und der kämpferischen Stimmung war der Block der Studenten, der um die 10.000 Teilnehmer hatte. Dies ist bezeichnend für das Klima und die Perspektiven, die sich im Bereich des Bildungswesens eröffnen und von dem die gesamte Gesellschaft Vieles erwartet, wie auch die Kämpfer der Arbeiter-, der Jugend- und der sozialen Bewegungen hoffen, dass das Bildungswesen die Speerspitze zum Sturz der Regierung und ihrer Politik werden wird.

Ebenfalls eindrucksvoll war das Auftreten der Taxifahrer aus ganz Griechenland, die um die 8.000 waren. Es ist das erste Mal, dass dieser Berufszweig zu einer Mobilisierung dieser Art als Teil anderer sozialer und Klassenbewegungen kommt.

Dass die Demonstration anlässlich der Internationalen Messe an Größe eindrucksvoll werden würde, war schon früh am Samstagmorgen in Athen deutlich geworden, denn die Zahl der Leute, die sich am Larissa-Bahnhof zur Abfahrt versammelt hatte, überstieg alles vorher Dagewesene. (Der Larissa-Bahnhof ist der Abfahrtspunkt der Züge Richtung Norden , Anm. d. Übers.) Charakteristisch war auch die Zahl der Busse, die auf dem Weg nach Thessaloniki waren, die mit den Gewerkschaften und der Linken nichts zu tun hatten, wie beispielsweise diejenigen der Taxifahrer.

Die wenigen übriggebliebenen „Empörten“ von Thessaloniki haben gezeigt, dass sie immer mehr den Kontakt mit der Wirklichkeit und den Bewegungen der Gesellschaft verlieren. (Die Bewegung der „Empörten“ bzw. auf Griechisch besser der „Zornigen“ hatte, inspiriert von den Platzbesetzungen auf dem Tahrirplatz in Kairo, im Frühjahr in Spanien begonnen mit der Besetzung der zentralen Plätze in Madrid und Barcelona und war dann auf Griechenland übergesprungen. Die größten Besetzungen in diesem Land waren die des Syntagma-Platzes vor dem Parlament in Athen und die um den Weißen Turm in Thessaloniki. Während der Ferienzeit von Juli bis August war die Zahl der Teilnehmer auf nur noch Wenige zurückgegangen, Anm. d. Übers.) Bei den Konflikten der vorangegangenen Woche erklärte „Xekinima“, dass die Ansicht eines Teils der „Versammlung“ am Weißen Turm falsch sei, die vorhatten, die Internationale Messe von drei Punkten ausgehend einzuschließen, weit weg von der Mobilisierung der Gewerkschaften und der Parteien der Linken – doch die Mehrheit der „Versammlung“ bestand auf der Einschließung. Diese war ein vollkommenes Desaster! Es ist Zeit, dass die Verantwortlichen für diese Beschlüsse ernsthaft werden und Schlussfolgerungen ziehen, anstatt verbal die Demonstrationen anzugreifen (wie sie es gegenüber den Blöcken der Arbeitnehmer und der linken Organisationen auf der gestrigen Demonstration getan haben). Diese unsere Kritik betrifft nicht nur die Anarchisten, die bei diesen Aktivitäten die Hauptrolle spielen, sondern auch die Kommunistische Organisation Griechenlands (KOE) (eine maoistische Organisation, Anm. d. Übers.) und die Organisation der Kommunisten-Internationalisten Griechenlands (OKDE) – „Ergatiki Pali“ (eine sich trotzkistisch verstehende, nach ihrer Zeitschrift „Arbeiterkampf“ benannte Organisation, die nicht mit der gleichnamigen der IV. Internationale angehörenden Organisation OKDE – „Spartakos“ verwechselt werden darf, die dem Bündnis ANTARSYA angehört, Anm. d. Übers.).

Die Unterdrückung war wie erwartet hart, doch dies hat die 10.000e von Demonstranten nicht eingeschüchtert. Die Haltung der polizeilichen Spezialkräfte MAT war in sehr vielen Phasen außerordentlich provokativ, wenn sie auf den Gehsteigen einen Atemzug von den Demonstranten entfernt marschierten. Oder als sie etwas bevor die Demonstration vom Venizelos-Platz her auf die Uferstraße gelangte, diese mit brutalem provokativem Verhalten in der Mitte teilte.

Der gewaltige Erfolg der Mobilisierung zur Internationalen Messe von Thessaloniki hat noch einmal gezeigt, dass diese Regierung die erdrückende Mehrheit der Gesellschaft gegen sich hat. Sie wird jedoch sicher keinen Rückzieher machen von der Politik, die sie umsetzt. Denn die Botschaft Papandreous in Thessaloniki war „… das Memorandum und vorwärts“. (Das „Memorandum“ ist das von der Troika, der EU, der EZB und dem IWF festgelegte Programm für die Sparpolitik der griechischen Regierung, Anm. d. Übers.) Für die Bewegung gibt es nur einen Weg: Eskalation der Streiks parallel mit einer massenhaften Besetzungsbewegung, wobei in dieser Phase die Bewegung im Bildungswesen die Speerspitze darstellt. Und dies mit einem zentralen Ziel: Diese Regierung muss fallen.

Übersetzung aus dem Neugriechischen von Hubert Schönthaler