Am 17. Mai fand am Amtsgericht Stuttgart einer von zahlreichen Prozessen wegen der Besetzung des Nordflügels des Stuttgarter Hauptbahnhofs statt.
Für Staatsanwaltschaft und Gericht war das ein Prozess unter vielen. Sie interessierten sich für die Personen der Angeklagten nur in Bezug auf ihre materiellen Verhältnisse – von denen die Höhe der Tagessätze bei einer Verurteilung abhängt. Daher zerfiel der Prozess merklich in drei Teile, die wenig mit einander zu tun hatten: 1. die politischen Stellungnahmen der Angeklagten, 2. die Zeugenbefragung zu Fragen, die in früheren Verfahren aufgekommen waren und 3. das Schlussplädoyer von Oberstaatsanwalt Häußler und die Urteilsbegründung der Richterin.
von Wolfram Klein
Die Besetzung des Nordflügels hatte am 26. Juli 2010 stattgefunden. Mitte Juli war bekannt gegeben worden, dass der Abriss des Nordflügels bereits im August stattfinden sollte. Diese Ankündigung hatte die Bewegung gegen Stuttgart 21 noch mehr anschwellen lassen. Die Teilnahme an den Montagsdemos nahm deutlich zu. Seit dem 17. Juli gibt es eine rund um die Uhr besetzte Mahnwache am Nordausgang des Hauptbahnhofs. Während der Montagsdemonstration vom 26. Juli besetzten einige AktivistInnen den Nordflügel des Hauptbahnhofs. Dutzende weitere DemonstrantInnen schlossen sich spontan an. Die Besetzung war friedlich, wie auch ein im Prozess als Zeuge befragter Polizeikommissar bestätigte. Auch die Richterin stellte in ihrer Urteilsbegründung nicht in Frage, dass die Besetzung gewaltlos und friedlich war. Die Zeugenbefragung eines Bahnvertreters ergab, dass die besetzten Räume, die bis Dezember 2009 Eigentum der Post waren und dann von ihr weiter genutzt wurden, am selben Tag der Bahn "beseinrein" übergeben worden waren, aber erst am 29. Juli "formal" der Bahn übergeben werden sollten.
Am 30. Juli wurde dann ein Zaun um den Nordflügel errichtet (durch ein Großaufgebot der Polizei, das wegen einem Bundeswehrgelöbnis am selben Tag "sowieso" in Stuttgart war), am 25. August begann der Abriss.
Einer der Angeklagten sagte, was viele GegnerInnen von Stuttgart 21 denken: dass der Abriss eine Machtdemonstration war, mit dem Ziel, die "Unumkehrbarkeit" von Stuttgart 21 zu "zeigen" und die Bewegung dagegen so zu demoralisieren (eine Machtdemonstration, die genau das Gegenteil erreichte). Auf jeden Fall haben auf dem Gelände des abgerissenen Nordflügels seither keine weiteren Baumaßnahmen stattgefunden. Wenn Stuttgart 21 gebaut würde, müssten die Bahnsteige verlegt werden, weil zwischen Bahnhofsgebäude und Gleisen eine riesige Baugrube entstünde. Dann soll es dort, wo der Nordflügel war, einen Zugang zu den Bahnsteigen geben. Aber die dafür erforderlichen Verlängerungen der Bahnsteige sind bis heute nicht abgeschlossen. Genutzt wurde die frei gewordene Fläche bisher nur für großflächige verlogene und provozierende Stuttgart-21-Propaganda.
Die Angeklagten
Nach der Befragung der Angeklagten zu ihren materiellen Verhältnissen begründeten sie ihre Ablehnung von Stuttgart 21 und rechtfertigten zivilen Ungehorsam. Die Ausführungen des Genossen René Kiesel sind im Anhang wiedergegeben
Einer weiterer Angeklagter verwies auf das Gerichtsurteil von 2009, das den Bürgerentscheid (für den 2007 in Stuttgart über 70.000 Unterschriften gesammelt worden waren) für unzulässig erklärte, weil sich die Beteiligten bereits durch die "Rahmenvereinbarung" von 1995 zu Stuttgart 21 verpflichtet hätten.
Der dritte Angeklagte verwies auf die Gefährdung der Mineralquellen, den höheren Energieverbrauch (während die Bahn ihre Abhängigkeit vom Atomstrom aus Neckarwestheim zementiert), die Unmöglichkeit eines integrierten Taktfahrplans bei Stuttgart 21, den Filz und die Entdemokratisierung bei Stuttgart 21. Deshalb sei ziviler Ungehorsam legitim. Er forderte eine Generalamnestie für Stuttgart-21-Gegner.
Die Zeugenbefragung
Für die Anklage waren ein Polizeikommissar und der ehemalige Leiter des Bahnhofs als Zeugen erschienen. Bei der Befragung des Polizeikommissars fiel vor allem seine fixe Idee auf, die BesetzerInnen seien zuerst über Leitern in das Gebäude gekommen, bevor welche das Gebäude durch die Tür betraten. Bei der Befragung des Bahnvertreters ging es (abgesehen von der Frage, ob sein Stellvertreter berechtigt war, Strafanzeigen wegen Hausfriedensbruchs zu stellen, während er im Urlaub war), vor allem um die Frage, die in früheren Prozessen aufgekommen war, ob die Bahn zum Zeitpunkt der Besetzung überhaupt Eigentümer und zu einer Anzeige berechtigt war.
Plädoyer von Oberstaatsanwalt Häußler und Urteil
Oberstaatsanwalt Häußler führte in seinem Plädoyer langatmig aus, was für Überzeugungen man in Deutschland ungestraft haben darf – solange man nicht gemäß den eigenen Überzeugungen handelt. Die Richterin verwies auf die vielen legalen Formen des Protests, z.B. auf die vielen kreativen Zettel und Plakate am Bauzaun, der sogar ins Haus der Geschichte komme. Abgesehen davon, dass es etwas viel verlangt ist, am 26. Juli statt den Nordflügel zu besetzen Zettel an einem Bauzaun anzubringen, der erst am 30. Juli errichtet wurde – hat die Frau Richterin wirklich nicht mitgekriegt, dass Stuttgart-21-Befürworter seit Monaten an den Zetteln am Bauzaun herumvandalisiert haben? Und ihr Verweis auf das Demonstrationsrecht wirkt angesichts dessen, wie wenig Wirkung 75 Montagsdemos und Demos mit über 100.000 TeilnehmerInnen hatten, eher wie Hohn.
Oberstaatsanwalt Häußler bestritt den Vorwurf der Kriminalisierung, begründete den Strafantrag aber zugleich mit der "Außenwirkung", sprich der abschreckenden Wirkung auf andere GegnerInnen von Stuttgart 21. René Kiesel wies in seinen Schlussworten darauf hin, dass genau in dieser "Außenwirkung" die Kriminalisierung bestehe: in der Erweckung des Eindrucks, die GegnerInnen von Stuttgart 21 seien Kriminelle, während z.B. Verfahren wegen Polizeigewalt am 30.9. reihenweise eingestellt werden.
Auf die Frage der Besetzung eines zum Abriss bestimmten Gebäudes ging die Richterin nicht inhaltlich ein, sondern verwies auf die Rechtssprechung zu Hausbesetzungen Anfang der 1980er Jahre. Abgesehen davon, dass wir Besetzungen als ein völlig legitimes Mittel betrachten, wenn bei Wohnungsnot aus Spekulationsgründen Wohnraum zerstört wird, ist die Situation nicht vergleichbar. Nicht nur, dass auch private Spekulanten Anfang der 80er Jahre wohl keine Abrissgenehmigung für denkmalgeschützte Häuser erhalten hätten, während hier mit behördlicher Genehmigung der denkmalgeschützte Bonatzbau verstümmelt wurde und zahlreiche weitere denkmalgeschützte Gebäude durch Stuttgart 21 beseitigt werden sollen, der Abriss des Nordflügels war auch keine isolierte Maßnahme, sondern ein Teil eines hochgradig zerstörerischen Projekts. All das hat die Richterin in ihrem Urteil nicht thematisiert.
Sowohl Oberstaatsanwalt Häußler als auch die Richterin setzten sich mit der Frage auseinander, ob die Bahn zu den Anzeigen berechtigt war – aber wie! Herr Häußler betonte, dass die Bahn bereits am Wochenende vorher die Bewachung des Gebäudes übernommen hatte. Wenn sich diese Rechtsauffassung durchsetzt, dürften viele Unternehmen die Frage überdenken, ob sie die Bewachung ihrer Gebäude weiterhin privaten Sicherheitsdiensten anvertrauen. Ebenso sollten wir alle uns überlegen, ob wir weiterhin Zweitschlüssel unserer Wohnung Nachbarn oder Bekannten anvertrauen, wenn sich die Rechtsauffassung der Richterin durchsetzt, dass die Tatsache, dass die Bahn einen Schlüssel zum Gebäude hatte, Beleg für Eigentumsrechte der Bahn ist. Wo wird so auf die Einhaltung von Formen gepocht, wie vor Gericht? Wir werden ermahnt, nicht zu klatschen, wenn unsere angeklagten MitstreiterInnen ihre Beweggründe schildern, müssen aufstehen, wenn die Richterin den Raum betritt oder das Urteil verkündet … aber dass die formale Übergabe der Räume an die Bahn erst drei Tage nach der Besetzung war, ist dann völlig unerheblich???
Wie fließbandmäßig diese Prozesse inzwischen ablaufen, wurde bei der Frage des Strafmaßes besonders deutlich. Oberstaatsanwalt Häußler plädierte für je 20 Tagessätze (deren Höhe ja nach Geldverhältnissen der Angeklagten zwischen 10 und 30 Euro liegen sollte) und fügte hinzu, dass nach der Praxis des Amtsgerichts die Richterin wohl je 10 Tagessätze in der selben Höhe verhängen werde. Die machte dann genau das.
Einlassung von René Kiesel
Dass die Besetzung des Nordflügels des Stuttgarter Hauptbahnhofs hier vor Gericht als Hausfriedensbruch und damit als Straftat behandelt wird, ist eine politische Entscheidung.
Es ist eine politische Entscheidung derjenigen, die ein Interesse daran haben, den legitimen und gewaltlosen Widerstand gegen das Milliardengrab Stuttgart 21 zu kriminalisieren.
Hinter dieser Entscheidung steht das Bestreben der Profiteure dieses Projekts, es unter allen Umständen durchzuziehen – entgegen dem Willen der Stuttgarter Bevölkerung. Das wären dann Bahnchef Grube, die Chefetagen der am Projekt beteiligten Bauunternehmer und Immobilienfirmen und ihre politischen Vertretung.
Dass diese sogar bereit war, den friedfertigen Protest mit gewalttätigen Methoden zurückzuschlagen, hat der 30. September 2010 eindeutig bewiesen.
Doch die Gewalt ging in keiner Weise von den Gegnerinnen und Gegnern des Milliardengrabes Stuttgart 21 aus, sondern allein von der Polizei, die den Park mit Knüppeln, Wasserwerfern und Pfefferspray von Schülerinnen und Schülern räumen wollte.
Auch hier lässt sich feststellen, dass nach mehr als einem halben Jahr die Ermittlungen gegen Polizeibeamte, gegen die auf Grund des Einsatzes Anzeige erstattet wurde, weiterhin auf sich warten lassen. Und das, während im Wochentakt S-21-Gegnerinnen und -gegner abgeurteilt werden.
Und auch das ist eine politische Entscheidung.
Hinter Stuttgart 21 steht das Interesse einer reichen Minderheit gegen das Interesse der Mehrheit der Bevölkerung. Dass die Stuttgarter Bevölkerung sich das nicht bieten lässt und durchaus in der Lage ist, von einem lebendigen Demokratiebegriff Gebrauch zu machen, haben die Massendemonstrationen in den letzten Wochen und Monaten gezeigt.
Bei allen Aktionen ist der Widerstand gegen das Bahnhofsprojekt immer friedlich geblieben und kannte die vielfältigsten Aktionsformen des zivilen Ungehorsams. Im Gegensatz zu den Polizeikräften, die den Befehl bekamen die Räumung des Parks unter allen Umständen durchzusetzen.
Die Justiz soll dies nun absegnen und Wasserdicht machen, indem sie Aktivistinnen und Aktivisten verurteilt – aber wir lassen uns nicht kriminalisieren.
Die Besetzung des Nordflügels am 26. Juli 2010 hat gezeigt, dass die Gegnerinnen und Gegner des Projekts nicht nur aus Stuttgart es als Übel ansehen, wenn Milliarden für ein Prestigeprojekt ausgegeben werden. Vor allem, wenn während dessen die Schulen in baufälligem Zustand sind, es an Jugendclubs fehlt, die öffentlichen Einrichtungen immer mehr profitorientierten Unternehmungen weichen müssen.
Ein Teil der Stuttgarter Jugendkultur, der Schlossgarten und ein funktionsfähiger Bahnhof sollen hier weichen, damit die Fläche und die Umsetzung des Projekts zum Objekt der Profitmacherei und auf das freiwerdende Bauland spekuliert werden kann.
Stuttgart 21 ist nicht das erste Beispiel für Profitlogik entgegen der Interessen der Bevölkerung und wird nicht das letzte Beispiel sein. Es gibt nur einen großen qualitativen Unterschied: in Stuttgart formierte sich ein entschlossener und gewaltfreier Widerstand dagegen.
Als sich ca. 50 Menschen in das Gebäude des Nordflügels begaben, um den geplanten Abriss zu verhindern, durch den vollendete Tatsachen geschaffen werden sollten, war dieser Akt des friedvollen Widerstandes ein Teil davon.
Doch das war keine Aktion Einzelner, sondern während der ganzen Zeit bis zur Räumung des Nordflügels harrten vor dem Gebäude hunderte von Menschen aus und bekundeten lautstark ihre Solidarität mit der Besetzung.
Allen Versuche der Medien und der Politik, die Bewegung zu spalten und zu beenden, wurde immer wieder durch gemeinsame Aktionen und Solidarität zwischen den Aktiven ein Strich durch die Rechnung gemacht.
Bei der Besetzung am 26. Juli waren es Menschen verschiedener Geschlechter, jedes Alters, verschiedener Berufe und aus verschiedenen Orten, die dort ein Ende des Wahnsinns forderten.
Statt dessen die politischen Verantwortlichen hier zur Rechenschaft gezogen werden, stellt man zu dutzenden Menschen vor Gericht, die von ihrem Recht auf Demonstration, freie Meinungsäußerung und dem Gedanken demokratischer Mitbestimmung Gebrauch gemacht haben. Von denen, die immensen Profit mit diesem Milliardenprojekt machen, wurde bislang niemand zur Rechenschaft gezogen.
Zum Tatbestand selbst muss gesagt werden, dass es eine Farce ist, dass die Bahn Anzeige wegen Hausfriedensbruchs in einem Gebäude erstattet, das zu diesem Zeitpunkt bereits abgerissen werden sollte! Wenig später nur begannen bereits die ersten Entkernungsarbeiten.
Dass der Nordflügel besetzt wurde, steht außer Frage.
Die Gründe, warum er besetzt wurde, stehen auch außer Frage. Ein sofortiger Baustopp, die sofortige Absage an das Wahnsinnsprojekt Stuttgart 21 und dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.
Kann dies Bestand einer Straftat sein?
Aus der Sicht der Deutschen Bahn und einer politischen Justiz ist das mit Sicherheit eine Straftat.
Aus Sicht der GegnerInnen und Gegner von Stuttgart 21 und weiten Teilen der Bevölkerung ist das mit Sicherheit ein Mittel, um Widerstand zu leisten. Wir lassen uns nicht kriminalisieren!
Schlussplädoyer
Die heutige Verurteilung von 3 weiteren Aktivisten, die am 26. Juli als Zeichen des Protests gegen den geplanten Abriss des Nordflügels das Gebäude besetzten, zeigt ganz deutlich, dass immer noch ein Interesse daran besteht, Gegnerinnen und Gegner von Stuttgart 21 zu kriminalisieren.
Und wenn ich von Kriminalisierung spreche, meine ich nicht die juristische Definition von dem, was ein Bagatellfall ist, sondern von der Außenwirkung, die Herr Häußler angesprochen hat. Durch diese sollen nämlich die politischen AktivistInnen in den Augen der Öffentlichkeit diskreditiert und verunglimpft werden.
Es ist notwendig, weiterhin massenhaft wie in den letzten Monaten Widerstand gegen das Projekt zu leisten und sich nicht von Schlichtersprüchen oder Pseudo-Baustopps Sand in die Augen streuen zu lassen.
Was die Bewegung stark gemacht hat waren, die Solidarität und der Zusammenhalt, die gemeinsame Organisation und die unglaubliche Ausdauer der Bewegung. Dies wird auch in Zukunft weiterhin wichtig sein – wir brauchen einen langen Atem!
Die Grünen und mit ihnen die SPD als Koalitionspartner wurden hier in Baden-Württemberg durch die Massenproteste auf Grund ihrer Absage an das Bahnhofsprojekt an die Landesregierung gebracht.
Nun ist es an ihnen, den Worten Tagen folgen zu lassen und den Baustopp innerhalb kürzester Zeit real durchzusetzen und die Menschen nicht auf einen Volksentscheid im Herbst zu vertrösten, bei dem das Ergebnis ungewiss ist.
Man darf sich nicht durch leere Versprechungen besänftigen lassen, sondern muss bei jeder politischen Entscheidung der neuen Landesregierung genau hinsehen und prüfen, ob dies dem Willen der Menschen entspricht, die sie gewählt haben.
Es ist eine Unverschämtheit, dass trotz der Abwahl Mappus" und seines Wasserwerfer-Ministers Rech weiterhin Strafbefehle ergehen und Urteile gesprochen werden.
Ein positives Beispiel ist die Freisprechung eines Aktivisten, der einen Tanklastwagen blockierte. Es gibt abgemilderte Urteile. Doch dies alles ist nicht genug, es darf keine weiteren Verurteilung von S-21-GegnerInnen und -gegnern geben, im Gegenteil, die bereits gefällten Urteile müssen überdacht und zurückgenommen werden. Im Gegenzug dafür muss nun aufgeklärt werden, was sich polizeiintern und beim Einsatz am 30.9. im Schlossgarten wirklich abgespielt hat. Die Verantwortlichen dafür müssen die Rechnung tragen.
Die realen Machtverhältnisse haben sich in der Vergangenheit auch hier in Stuttgart nicht in den Parlamenten oder auf dem Papier gezeigt, sondern auf der Straße. Zum Beispiel am Samstag nach dem Schwarzen Donnerstag, als über 100.000 Leute auf der Straße waren und massenhaft klar stellten: Wir lassen uns nicht einschüchtern, wir machen weiter!
Die Besetzung des Nordflügels fand zu einem Zeitpunkt statt, als die Bewegung zu einer Massenbewegung anschwoll, die bereits jetzt länger durchhält, als die meisten S-21-Befürworter glauben wollten.
Damit darf jetzt nicht Schluss sein und auch nach der Landtagswahl gehen die Proteste gegen das Profitobjekt Stuttgart 21 weiter.
Angesichts sich immer weiter verschlechternder Arbeits- und Lebensbedingungen, massiven Privatisierungen öffentlichen Eigentums, Agenda 2010 und Gesundheitsreformen war Stuttgart 21 ein Punkt, der das Fass zum Überlaufen brachte und an dem die Menschen dieser Region ihrer Wut Ausdruck verliehen.
Denn in diesem Punkt war es für jeden offensichtlich, dass dahinter die Profitinteressen einer Minderheit und ihrer politischen Vertretung standen.
Es sich nicht mehr länger gefallen zu lassen, war die logische Konsequenz. Eine ganze Stadt stand auf gegen eine Kaste von abgehobenen Politikern, die ohne Verständnis und Einsicht in die Bedürfnisse der Mehrheit regierten. Und das ist auch der entscheidende Punkt: bei allem, was geschieht hat sich die Bewegung nie auf die Phrasen der Politik verlassen, sondern hat den Baustopp selbst umsetzen wollen.
Die Aussage am 26. Juli war eindeutig: Baustopp sofort. Und bei Abriss Aufstand? Das nächste mal sollte die Politik die Aussagen der breiten Bevölkerung ernster nehmen. Doch das würde den Interessen jener widersprechen, die sie vertreten.
In diesem Sinne: Oben bleiben!