Flugblatt von Jugendoffensive gegen Stuttgart 21 (30.09.2010) zum Schülerstreik heute und dem Polizeieinsatz gegen Stuttgart 21-GegnerInnen
Gestern haben 2.000 Schülerinnen und Schüler am Schulstreik gegen Stuttgart 21 teilgenommen. Viele mehr wären gerne dabei gewesen, wurden aber von Schulleitungen oder sogar Polizeipräsenz an ihrer Schule davon abgehalten. Wir haben deutlich gemacht, dass auch viele Jugendliche gegen das Milliardengrab Stuttgart 21 sind. Wir haben deutlich gemacht, dass wir Geld für das Bildungswesen brauchen, nicht für Prestigeprojekte! Wir haben gezeigt, dass wir nicht desinteressiert sind, sondern uns einmischen wollen.
Ausgerechnet am Tag unseres Schulstreiks hat die Landesregierung mit massivem Polizeieinsatz begonnen, den Park zu besetzen, um die Bäume zu fällen. Schon in der Nacht sollen die ersten der fast 300 Bäume gefällt werden. Das war eine bewusste Entscheidung der Verantwortlichen. Alle, die nun behaupten, die Organisatoren des Schulstreiks hätten Kinder und Jugendliche unnötigen Gefahren ausgesetzt sollten sich klar machen, dass die Entscheidung über Einsätze von Wasserwerfern, Pfefferspray und Knüppeln durch die Einsatzleitungen der Polizei und den hinter diesen stehenden politischen Verantwortlichen gefällt werden. Die Entscheidung, ausgerechnet den Tag des Schulstreiks zu wählen, kann nur so interpretiert werden, dass die Verantwortlichen bewusst in Kauf genommen haben Kinder und Jugendliche zu gefährden. Uns als Aufrufer der Schülerdemonstration wurde nicht mitgeteilt, dass der Polizeieinsatz im Park geplant ist, so dass wir keine Vorkehrungen treffen konnten – obwohl unsere Kundgebung bis 17 Uhr für den Park genehmigt war!
Mitglieder der Jugendoffensive haben während der Proteste im Park immer wieder dazu aufgerufen, dass sich niemand an den Blockaden beteiligen soll, der das nicht wirklich selber will. Jugendliche unter 16 Jahren wurden aufgefordert, sich aus den Blockaden zurück zu ziehen. Während wir verantwortlich und deeskalierend handelten, wurden Kinder von Polizeibeamten mit Knüppeln geschlagen und aus nächster Nähe mit Pfefferspray angegriffen. Kindern, die den Park verlassen wollten, wurde dabei von der Polizei nicht geholfen.
Die Gewalt wurde durch Regierung und Polizei ausgeübt und provoziert. Dadurch wollen sie eine Bewegung von Zehntausenden schlecht machen und spalten, die ihnen die demokratische Maske vom Gesicht gerissen hat. Denn jeder der Augen im Kopf hat, sieht dass hier gegen den Willen der Mehrheit der Bevölkerung Macht- und Profitinteressen durchgesetzt werden sollen. Wenn wir, die einfachen Menschen in der Stadt, uns nicht zur Wehr setzen, zerstören die da oben unsere Stadt und unsere Zukunft. Milliarden werden für ein wirtschaftlich und ökologisch unsinniges Prestigeprojekt zum Fenster rausgeworfen, statt sie sinnvoll für Bildung und Soziales einzusetzen. Das wollen und dürfen wir nicht tatenlos mit ansehen! Es geht um unsere Stadt, um unser Leben, um unsere Zukunft!
Politiker beschweren sich immer über die Politikverdrossenheit der Jugend – wir haben gestern gezeigt, dass wir nicht politikverdrossen sind. Wir haben nur die Nase voll von einer Politik, die undemokratisch entschieden wird und in der Profite für Baufirmen und Konzerne wichtiger sind, als die Interessen der Menschen und der Umwelt. Dagegen haben wir uns zur Wehr gesetzt und werden das auch weiterhin machen! Wir rufen Euch auf, an Euren Schulen aktive Gruppen gegen Stuttgart 21 zu bilden und bei der Jugendoffensive mitzumachen.
Wir erwarten, dass in vielen Schulen nun Diskussionen über die Ereignisse des gestrigen Tages stattfinden. Viele Schülerinnen und Schüler haben im Park schlimme Erfahrungen mit Polizeigewalt gemacht. Wir befürchten, dass von Seiten der Politik und Schulleitungen versucht wird, unseren Streik zu diskreditieren. Wir befürchten auch, dass es zu Maßregelungen gegen Schüler kommen kann, die am Streik teilgenommen haben. Wir sind zur Debatte bereit und fordern Euch auf, Vertreter der Jugendoffensive, der Parkschützer oder andere aus der Bewegung gegen Stuttgart 21 zu Diskussionen in die Schulen einzuladen. Wenn Ihr Opfer von Maßregelungen werdet, meldet Euch bei uns oder kommt zu unserem Treffen.
Und am wichtigsten: Kommt zur Demo am Freitag, 1. Oktober um 19 Uhr im Schlossgarten und zur Montagsdemo um 18 Uhr am Nordflügel des Hauptbahnhofs