Kolummne von Lucy Redler
Manchmal ertappt man sich dann doch dabei, sich über politische Begebenheiten, die nicht wirklich etwas ändern, zu freuen. So ging es mir zumindest (als gebürtige Hessin), als ich vor ein paar Tagen las, dass Roland Koch zurück tritt. Die Schlagzeile der jungen Welt „Koch geht: Wie schön“ sprach mir aus dem Herzen. Koch als verhasster Ministerpräsident mit rassistischen Äußerungen, ein Scharfmacher in Sachen Sozial- und Bildungsabbau ist endlich weg.
Aber warum eigentlich? Dass Koch in die „freie Wirtschaft“ wechselt, um erst mal dort weiter Karriere zu machen, erscheint als gang und gäbe im Kapitalismus.
Koch vertritt den wirtschaftsnahen, rechts-nationalen Flügel in der CDU. Mit seinen provokativen Vorschlägen – wie kürzlich den massiven Kürzungen im Bildungsbereich – kann er sich derzeit nicht gegen Kanzlerin Merkel durchsetzen. Zu früh freuen sollte sich aber keiner:
Erstens vertritt Merkel keine andere Politik, sondern lediglich eine andere Taktik. Ihre Kürzungsvorschläge werden nicht weniger umfangreich ausfallen; sie versucht aber, die SPD dabei einzubinden und sorgt sich stärker vor sozialen Unruhen, die eine Agenda 2020 auslösen kann.
Zweitens: Ein politisches Comeback von Koch ist möglich. Es könnte aus seiner Sicht sogar klug sein, zunächst die Regierung machen zu lassen und zurück zu kehren, wenn er zu einem späteren Zeitpunkt in der Union oder in einer möglicherweise neu gegründeten rechtspopulistischen Partei den politischen Scharfmacher geben kann.
Drittens: Von Nachfolger Volker Bouffier sind nicht weniger Angriffe in Hessen zu erwarten.
Schöner leben werden wir also nicht ohne Koch. Ein schöneres Leben können wir uns nur dann erkämpfen, wenn wir uns gegen staatlichen Rassismus und die kommenden Angriffe zur Wehr setzen – egal ob von Bouffier, Koch oder Merkel.