Wem nutzt es?

Eine kurze Erwiderung auf das Papier „Stay out unprogressive ideologies! Stay out antisemitism!“ des Beauftragtenrates (BR) der Linksjugend ["solid] Sachsen


 

Im Januar diesen Jahres veröffentlichte der Beauftragtenrat der Linksjugend ["solid] Sachsen ein Papier mit dem Titel „Stay out unprogressive ideologies! Stay out antisemitism!“. Diese Ausrufe, nicht unähnlich einer versuchten Teufelsaustreibung, galten der SAV. Das Papier unterstellt der SAV Antisemitismus und versucht sie ideologisch in die Nähe des Antikapitalismus der Nazis zu rücken. Eigentlich hatten wir nicht vor, auf diese platte Provokation zu reagieren. In der letzten Zeit kamen allerdings einige Leute auf uns zu und meinten, wir sollten das nicht so stehen lassen.

Wir wollen daher auf dieses Papier in aller Kürze Folgendes erwidern:

1. In diesem Papier geht es nicht um eine Auseinandersetzung mit den Positionen der SAV, sondern einzig und allein um die Verleumdung der SAV. Dazu nutzen die Autoren die bewährte Methode des aus dem Zusammenhang herausgerissenen Zitierens. Fetzen aus unserem Grundsatzprogramm über Wertgesetz und Warenproduktion dienen den Autoren als Beweis, dass die SAV nur einen besseren Kapitalismus erreichen will. Dass wir an dieser Stelle über eine Arbeiterdemokratie als Übergangsgesellschaft zwischen Kapitalismus und Sozialismus sprechen ist dem Beauftragtenrat anscheinend entgangen.

Ein anderes Beispiel: es wird uns vorgeworfen, wir würden nur den „arbeitenden Menschen“ eine Mitbestimmung der Gesellschaft zugestehen. Allerdings kann man in unserem Grundsatzprogramm klar nachlesen: „In einer Arbeiterdemokratie müssen auf allen Ebenen in der Gesellschaft demokratisch gewählte Gremien oder Räte aufgebaut werden (…) Durch die demokratische Mitwirkung jedes Mitglieds der Gesellschaft kann die schöpferische Energie des menschlichen Individuums erstmals voll zum Zug kommen.“ Von einer solchen Demokratie können wir in der bürgerlichen Gesellschaft nur träumen. Ein letztes Beispiel: aus einem herausgerissenen Zitat, dass die „PalästinenserInnen allein mit militärischen Mitteln gegen Israel nicht siegreich sein können“, wird vom Beauftragtenrat der Linksjugend ["solid] Sachsen mal flott die Schlussfolgerung gezogen, dass die SAV Israel das Existenzrecht abspricht. Das stimmt zwar nicht und lässt sich in genügend Texten nachlesen, aber das interessiert den Beauftragtenrat nicht. Im Verlauf des zitierten Texten (siehe Link unten) über Israel/Palästina machen wir nämlich sehr klar, dass es um einen gemeinsamen Kampf der palästinensischen und israelischen Massen geht. Aber für den Nahen Osten interessiert sich der verleumderische Text sowieso nicht. Es geht einzig darum, die SAV in die vorgefertigte Schublade hereinzudrücken.

2. Die Behauptung, dass die Programmatik der SAV antisemitische Züge zeigt, ist an den Haaren herbeigezogen. Dies läuft in der bekannten Vorgehensweise der Antideutschen, mit denen sich ein kürzlich erschienener Text von uns befasst (siehe Link unten). Ja, wir sprechen tatsächlich vom Kapitalismus und von Kapitalisten. Wir nennen sie sogar beim Namen. Denn jede Gesellschaft ist eine menschliche. Nur beschränken wir uns halt nicht auf die Schelte einzelner Kapitalisten, sondern legen die Systematik frei. Aber wir sind nicht so naiv zu glauben, dass die Kapitalisten aus lauter Einsicht in die Systematik des Kapitalismus auf ihre privilegierte Stellung von selbst verzichten werden. Daraus Antisemitismus abzuleiten, kann nur böswillig genannt werden. Denn das Papier suggeriert zwar die Nähe unserer Kapitalismuskritik zu der der Nazis, kann sie nur dummerweise nirgendwo belegen. Da müssen dann schon ein paar Kurzschlüsse her. Wir sind vielmehr stolz in der Tradition sozialistischer Revolutionäre zu stehen, die den Antisemitismus auf das Schärfste bekämpft haben. In erster Linie den der Faschisten und der Rechten, aber auch den Antisemitismus unter Stalin (siehe Trotzkis Schrift „Thermidor und Antisemitismus“).

3. Allerdings enthüllt das Papier dann doch einige tatsächliche Gräben zwischen den Positionen der SAV und denen des Beauftragtenrates der Linksjugend ["solid] Sachsen. Denn die SAV ist der Meinung, dass wir in einer Klassengesellschaft leben und dass wir eine Revolution brauchen, um dieses zu ändern. Beides erfüllt den Beauftragtenrat offenbar mit tiefem Abscheu. Ihr großartiger Einwand gegen die Arbeiterklasse als revolutionäres Subjekt ist der, dass doch „alle Menschen vom Sachzwang des Kapitalismus betroffen sind“. Das ist so wahr wie nichts sagend. Denn der Sachzwang für eine Kassiererin bei ALDI und der für die Gebrüder Albrecht, denen ALDI gehört, ist dann wohl doch ein sehr verschiedener. Schließlich verteilt der Beauftragtenrat dann noch Noten in Emanzipation, die für die breiten Massen ganz schlecht ausfallen. Die SAV ist weit davon entfernt, die Massen zu idealisieren. Wir haben in der Geschichte gute und schlechte Seiten der Massen gesehen. Aber um diesen dialektischen Rhythmus der Geschichte scheren sich die AutorInnen nicht weiter. Die Pogrome von Rostock-Lichtenhagen (bei denen unsere GenossInnen übrigens die ImmigrantInnen verteidigten) sind ihnen Beweis auf alle Zeit. Aber so läuft die Geschichte eben nicht ab. Dieselben Massen, die im Ersten Weltkrieg in den Schützengräben verrohten, erhoben sich ein paar Jahre später in der Revolution 1918/19. Und so offenbart sich dann auch am Ende, dass das viele Gerede um

Emanzipation im Text des Beauftragtenrates nicht viel wert ist. Es bleibt abstrakt. Es klingt wichtig. Aber es steckt nichts dahinter. So wird dann schließlich der große Philosoph Immanuel Kant bemüht, um das Misstrauen gegen die Revolution auf Papier zu bringen. Es ist nicht so überraschend, dass der Idealist Kant der Meinung war, dass erst die Denkungsart revolutioniert werden muss. Der Ansatz von Marx und Engels war das aber nicht. Sie waren in erster Linie immer Revolutionäre. Wir sind mit ihnen der Meinung, dass wir im gemeinsamen Kampf erst auf revolutionäre Weise Verhältnisse herbeiführen müssen, in denen der Mensch dem Menschen ein Helfer ist. Im Kampf um diese neuen Verhältnisse wird sich auch die Denkensart ändern, vielleicht sogar die des Beauftragtenrates der Linksjugend ["solid] Sachsen.

Das Papier „Stay out unprogressive ideologies! Stay out antisemitism!“ ist eine recht billig gemachte Schrift gegen die Marxisten in der Partei „Die Linke“ und in Linksjugend ["solid]. Es wird am Anfang auch offen gesagt, dass dies nicht nur uns, der SAV, sondern vielen anderen Linken gilt. Dabei heiligt der Zweck offenbar die Mittel.

Eine politische Auseinandersetzung findet nicht im luftleeren Raum statt. Und so ist auch dieses Papier ein kleiner Mosaikstein in dem Versuch, die Partei und die Jugendorganisation weiter nach rechts zu schieben. Wir kämpfen und stehen für etwas Anderes: für eine Partei und eine Jugendorganisation, die versucht, aktiv ArbeiterInnen, Angestellte, Arbeitslose und Jugendliche zu organisieren, und einen Kampf für eine sozialistische Gesellschaft mit dem Kampf um Veränderungen hier und jetzt verbindet.

Steve Kühne, Mitglied von Die Linke, LJ ["solid] und der SAV Dresden

Ingmar Meinecke, Mitglied von Die Linke und der SAV Leipzig

Link zum Artikel über die Antideutschen

Links zum Thema Israel/Palästina:

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Link zum Papier des Beauftragtenrates der Linksjugend ["solid] Sachsen