LINKE-Politiker im Spagat zwischen DDR- und BRD-Akzeptanz
Auffällig ist das schon: Wenn es um den Osten Deutschlands im Allgemeinen und die Partei DIE LINKE im Besonderen geht, wird die Stasi-Keule von Medien und Konservativen schnell geschwungen. Geht es jedoch um die Vergangenheit der Ost-CDU, die Parteispenden des Ex-Kanzlers Helmut Kohl oder die Verwicklungen heutiger Geheimdienste, dann wird geschwiegen und die Akten bleiben zu.
von René Henze, Rostock
Ein gefundenes Fressen für die Rechten: Nach der Bildung der Koalitionsregierung von SPD und Linkspartei in Brandenburg wurde die frühere Verbindung zum DDR-Geheimdienst von bislang sieben LINKEN-Landtagsabgeordneten in der Presse ausgeschlachtet. Doch während fünf von ihnen, unter anderem die Fraktionsvorsitzende Kerstin Kaiser, ihre frühere Zusammenarbeit mit der Stasi seit Jahren in der Partei öffentlich machten, haben andere dazu geschwiegen. Diese sind inzwischen von ihren Ämtern zurückgetreten. Nun sind neue Vorwürfe gegen LINKE-Kandidaten zu den Landratswahlen in Brandenburg im Umlauf.
„Unzureichende Auseinandersetzung“
Zwar haben Mitglieder und Mandatsträger der LINKEN die Pflicht, eine etwaige Zusammenarbeit mit der Staatssicherheit offenzulegen, doch eine kritische Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit – und damit auch die Frage des Umgangs mit der Staatssicherheit – ist in der Partei bislang leider ausgeblieben. Das rächt sich. „Die neuerliche Krise um die inoffizielle Mitarbeit von MandatsträgerInnen der PDS beim ehemaligen Ministerium für Staatssicherheit verdeutlicht, dass die PDS sich bis heute völlig unzureichend mit diesem Problemkomplex auseinandergesetzt hat“ (Beschluss der 2. Tagung des 2. PDS-Parteitages). Dieser aus dem Jahre 1991 stammende Satz trifft auch auf die Linkspartei 2010 zu.
Haltung zur DDR
Kernproblem der Partei ist nicht, dass Mitglieder und Mandatsträger früher mit der Stasi zusammengearbeitet haben, sondern wie diese heute dazu stehen und wie die DDR eingeschätzt wird. In den 2007 beschlossenen „Programmatischen Eckpunkten“ wird offen gelassen, ob das staatliche Eigentum an den Produktionsmitteln oder die Herrschaft der Bürokratie für den Zusammenbruch der DDR verantwortlich war. Immer wieder wird von führenden Funktionären davon gesprochen, dass die DDR ein „Versuch“ des Sozialismus war. Bei dieser Einschätzung ist es natürlich logisch, dass man auch die Staatsorgane zur Aufrechterhaltung des vermeintlichen Sozialismus als Alternative zum (BRD-)Kapitalismus letzten Endes verteidigt. Das gilt für relevante Teile der Linkspartei – vor allem in Ostdeutschland, und auch an der Basis.
Zur unkritischen Auffassung von der DDR gesellt sich gerade bei vielen früheren PDS-Mitgliedern eine Akzeptanz des heute real existierenden Kapitalismus. „In der BRD angekommen“ (Parteichef Lothar Bisky) wird den „Sachzwängen“ nachgegeben und auf Beteiligungen an SPD-Regierungen gesetzt.
Aus der Geschichte lernen
In der DDR gab es keinen Kapitalismus, die Betriebe und der Boden waren in staatlichem Eigentum. Es gab keine Arbeitslosigkeit und keine Konzernchefs, Bildung und Gesundheitsversorgung waren für alle zugänglich. DIE LINKE sollte diese Errungenschaften verteidigen. Das heißt aber nicht, dass die diktatorischen Seiten verschwiegen oder gar schön geredet werden. Vielmehr sollten Linke erklären, dass Sozialismus nichts mit der bürokratischen Kommandowirtschaft einer einzigen Partei – gestützt auf einen starken Geheimdienst – zu tun hat. Fakt ist, dass gerade auch Linke und SozialistInnen Opfer der Stasi waren – bis es im Herbst 1989 gelang, das Regime durch eine Massenbewegung zu kippen.
So wie die Stasi einer kleinen Minderheit diente, so gilt das auch für die heutigen Geheimdienste. DIE LINKE muss unzweideutig und entschieden beide repressiven Apparate und Gesellschaftsordnungen ablehnen.