Dritte Vollversammlung an der Freien Universität Berlin
Am Donnerstag den 26. November fand die nun schon dritte Vollversammlung der Studierenden der Freien Universität Berlin in diesem Semester statt. Seit drei Wochen ist der Hörsaal 1a im Zuge der internationalen Studentenbewegung besetzt, ein Ende scheint noch lange nicht in Sicht. Höhepunkt der Proteste bisher war vor allem die berlinweite Demonstration als Teil der bundesweiten Bildungsstreikwoche am 17.11., an der sich weit über 10.000 StudentInnen und SchülerInnen, sowie auch Beschäftigte beteiligten.
von Frederic, Berlin
Die heutige Vollversammlung stellt einen neuen Schritt in der Bewegung dar, da sie zusammenfällt mit dem ersten Warnstreik der Beschäftigten des Studentenwerks, welche nach Monaten der Tarifverhandlungen nun so ihren Forderungen Nachdruck verleihen. Seit 2003 wurde auf acht bis zwölf Prozent des Einkommens verzichtet, das Arbeitsvolumen erhöht und mehr und mehr Leiharbeitskräfte gerade in den Mensen eingesetzt. Diese müssen die anstehende Arbeit meist zu noch schlechteren Bedingungen bewältigen. Von Seite der Geschäftsleitung wurde ein Kompromiss vorgelegt, der vorsieht, die Gehälter der „ungelernten“ KollegInnen noch weiter abzusenken. Dagegen wehren sich die Angestellten des Studentenwerks nun, auch in den Universitäten. Gefordert werden dringend nötige Tariferhöhungen und eine Absenkung des Arbeitsvolumens, zum Beispiel durch Einstellung neuer Arbeitskräfte.
Ihr Kampf fällt zusammen mit den nun seit Wochen stattfindenden Protesten an den Universitäten und Schulen. Ausgehend von Österreich, wo schon vor vielen Wochen die ersten Unibesetzungen stattgefunden haben, zeigten sich auch hierzulande mehr und mehr StudentInnen solidarisch mit den Forderungen ihrer KommilitonInnen und besetzten Hörsäle. Forderungen wie die Rückgängigmachung der Bologna-Reform, dem Verbot von Studiengebühren und besserer finanzieller Ausstattung der Hochschulen und des Bildungssystems im Allgemeinen wurde so nachdruck verleiht. Bundesweit sind mittlerweile mehr an mehr als 40 Universitäten Hörsäle besetzt, andere Quellen sprechen sogar von über 70. Die Bewegung verbreitet sich aber nicht nur innerhalb Deutschland. Auch international besetzen immer mehr Studierende ihre Universitäten, so zum Beispiel in Polen, den USA oder in England.
Schon in den ersten Wochen der Bildungsproteste fanden Solidarisierungsaktionen von StudentInnen mit Beschäftigten statt. Die GebäudereinigerInnen in Berlin, welche sich in einem Streik für Lohnerhöhung befanden, wurden von Studierenden besucht, man beteiligte sich an Protesten und Demonstrationen oder stand Streikposten vor den Unis. Auch mit Hilfe der Studierenden, vor allem aber durch eine enorme Beteiligung und Kampfeswillen konnten die KollegInnen einen Erfolg von insgesamt 6,3 Prozent im Osten und 4,9 Prozent im Westen bei einer Laufzeit von zwei Jahren erkämpfen. An der Großdemonstration am 17. November nahmen dann auch, trotz bereits erzieltem Erfolg, viele GebäudereinigerInnen teil.
Die Vollversammlung der Freien Universität am 26. November wurde bewusst vom besetzten Hörsaal 1a in die Mensa verlegt – dem Ort an dem die meisten der an der FU Beschäftigten des Studentenwerks arbeiten – um sich mit ihren Forderungen solidarisch zu zeigen. Da der normale Betrieb in der Mensa aufgrund des Warnstreik still stand und es somit auch kein Essen gab, organisierte der Asta alternativ eine Volxküche, welche sowohl den StudentInnen als auch den streikenden Beschäftigten ermöglichte billig zu essen.
Auf der Vollversammlung wurde der Zusammenhang vom Kampf für bessere Bildung und dem Kampf um bessere Arbeitsbedingungen immer wieder betont. Ein Vertreter von ver.di Mainz sprach über die Bedingungen der Beschäftigten des dortigen Studentenwerks und ihrem Kampf um eine angemessene Bezahlung und menschenwürdige Arbeitsbedingungen und solidarisierte sich mit den Forderungen des Bildungsstreiks. Als gegen Ende der Vollversammlung die streikenden KollegInnen ver.di-Fahnen schwenkend nach vorne kamen um noch einmal gemeinsam ein Grußwort zu halten, wurden sie mit einem überwältigenden Applaus empfangen.
Der Zusammenhang zwischen Kürzungen in Bildungsbereich und öffentlichem Dienst ist offensichtlich. Es wird versucht, die Kosten der kapitalistischen Krise auf unserem Rücken abzuwälzen. Das Land, welches eigentlich zu einem großen Teil für die Finanzierung des Studentenwerks zuständig sein sollte, zieht sich immer mehr aus seiner Verantwortung zurück. Dies hat zur Folge, dass zum Beispiel auch das Essen in den Mensen oder die Wohnungen teurer werden, um so Geld herein zu bekommen. Doch die Kassen der Länder sind nicht leer, sondern systematisch geplündert worden! Geplündert von Politikern, die, statt Geld in die Bildung oder in bessere Löhne zu stecken, lieber Steuergeschenke in Milliardenhöhe für die Reichen beschließen! Das Argument, man müsse eben kürzen um den Haushalt zu sanieren, darf nicht akzeptiert werden!
Von daher ist eine Vernetzung von Studierenden, SchülerInnen und Beschäftigten umso wichtiger. Nur gemeinsam kann es uns gelingen, die Kürzungen zurück zu schlagen und wirkliche Erfolge zu erzielen, was schon der Streik der GebäudereinigerInnen gezeigt hat. Das liegt vor allem daran, dass ArbeitnehmerInnen im Gegensatz zu Studierenden auch ökonomischen Schaden anrichten und so einen höheren Druck aufbauen können. Ein Vertreter der streikenden KollegInnen des Studentenwerks schätzte den Schaden alleine des heutigen Warnstreiks auf ungefähr 20.000 Euro ein! Ein gemeinsamer Kampf von StudentInnen, SchülerInnen und Beschäftigten gegen die Bildungsmisere, Arbeitsplatzabbau und Ausgabenkürzungen ist nötiger denn je!