Interview mit Mustafa Efe, Sprecher der „Alternative“
Im März 2010 finden Betriebsratswahlen statt. In einigen Daimler-Werken kandidieren oppositionelle, klassenkämpferische Listen. So auch am Berliner Standort Marienfelde. Dort kündigten die „Alternativen Metaller“ ihre Kandidatur an. Mit IG-Metall-Betriebsratsmitglied* Mustafa Efe sprach Johannes Burczyk.
Seit zwei Jahren gibt es bei Euch im Werk die „Alternativen Metaller“. Ihr kritisiert die sozialpartnerschaftliche Politik der Betriebsratsmehrheit und fordert von Eurer Gewerkschaft, der IG Metall, endlich entschlossen gegen die Angriffe des Daimler-Vorstandes zu mobilisieren. Warum tretet ihr bei den nächsten Betriebsratswahlen eigenständig an?
Wir erlebten immer wieder, wie der jetzige Betriebsrat fast allen Forderungen des Managements nachgab. Errungenschaften, die die Kollegen in vielen Jahren erkämpft hatten, wurden kampflos preisgegeben. Allein in diesem Jahr einigten sich Vorstand und der Gesamtbetriebsrat darauf, bei den Beschäftigten zwei Milliarden Euro einzusparen. Diesen Verzicht setzten sie hinter dem Rücken der Kollegen durch.
Mit dieser Geheimpolitik muss Schluss sein. Wir brauchen Betriebsräte, die die Mitarbeiter aktiv in die Auseinandersetzung miteinbeziehen und konsequent gegen die Verzichtspolitik der Bosse mobilisieren. Als „Alternative“ stehen wir für eine Belegschaft, die sich einmischt – die aktiv für ihre Interessen kämpft. Der derzeitige Betriebsrat blockt das ab. Opposition wird ausgegrenzt. Deshalb treten wir eigenständig an. So kann jeder Kollege entscheiden, für welche Linie er stimmt.
Wie reagiert die IG Metall?
Wir sind Mitglieder der IG Metall. In einem Brief forderten wir von unserer Gewerkschaft, unsere Liste als zweite IGM-Liste im Werk zu akzeptieren. Dieses Verfahren wurde in anderen Werken schon praktiziert. Leider lehnte die Gewerkschaft ab. Schlimmer noch: In ihrer Antwort drohte sie uns mit Ausschlussverfahren. Auch die Vertrauenskörperleitung reagierte gereizt. In einem Flugblatt wiederholte sie die Ausschlussdrohung und behauptete tatsächlich: „Eine Alternative zur IG-Metall-Politik ist zwangsläufig gegen die Interessen der Beschäftigten gerichtet.“
Und wie ist die Reaktion der Belegschaft auf Euren Antritt?
Großartig. Der Zuspruch hat mich selbst überrascht. Viele Kollegen kamen seitdem auf uns zu, wollen in der Gruppe mitarbeiten und unsere Liste unterstützen. Unsere Kandidatur hat schon heute bewirkt, dass die Kollegen mehr darüber diskutieren, wie unsere Arbeitsplätze erfolgreich verteidigt werden können. Das ist der erste Schritt zu einer Belegschaft, die mehr und mehr ihre Geschicke selbst in die Hand nimmt.
*Angabe zur Funktion dient nur zur Kenntlichmachung der Person