Nein zur Betriebsschließung von Kolbenschmidt in Hamburg-Ottensen

Als die KollegInnen vom Kolbenschmidt Standort Hamburg-Ottensen am Montag zur Arbeit kamen, trauten sie ihren Augen kaum. Das Tor war versperrt, Zäune aufgestellt und im Werk waren die wichtigsten Maschinen schon abgebaut. Seit dem kämpfen die knapp 150 Kolleginnen und Kollegen.


 

von David Schultz und Michael Koschitzki, Hamburg

Am Wochenende ging es ganz schnell. Die Maschinen des Autozulieferers und Großkolbenherstellers Kolbenschmidt wurden zum 1. November abgebaut. Die Produktion soll in Neckarsulm und Tschechien weitergeführt werden. Doch nicht nur in Hamburg sind die Arbeitsplätze gefährdet, auch in der Mutterfabrik werden Arbeitsplätze abgebaut und ein Teil in eine Leiharbeitsfirma ausgegründet.

„Der Hammer kam am Sonntag und Montag“ meint der IG-Metall Vertrauenskörperleiter Horst Pittroff. „Am Sonntag hätte man das Werk besetzen müssen. Jetzt ist es zu spät, jetzt gibt es nichts mehr, was man noch besetzen kann.“ Bislang treffen sich die KollegInnen täglich zu zweistündigen Mahnwachen vor dem Werk. Für Mittwoch den 11. November ist eine Betriebsversammlung geplant. Aber „Die Kollegen sind frustriert, viele sind heute schon nicht mehr gekommen.“

„Die Welt ist schlecht und scheiße“, meint Jugendauszubildendenvertreter Jan H. aus dem Werk. „Hallo, wir dachten wir hätten unsere Ausbildung sicher und jetzt? Wir werden uns auf jeden Fall an Aktionen beteiligen.“ Die Azubis können zur Zeit noch ihre Ausbildung fortsetzen und im Moment wird mit anderen Betrieben verhandelt, dass sie ihre Ausbildung dort beenden können. Doch es scheint klar zu sein, dass eine Übernahme dort nicht möglich ist.

Die Schließung schwang wie ein Damokles-Schwert seit Jahren über dem Werk. In den letzten 30 Jahren wurde sehr oft mit Betriebsschließung gedroht. Dieses Jahr war es jedoch schon klar, dass der Abbau kommen sollte. Im Mai kündigten die Arbeitgeber den Standortsicherungsvertrag, der mit Lohnverzicht die Arbeitsplätze bis 2012 sichern sollte. Die Lohnkürzung hat jedoch keinen gerettet. Im Gegenteil versuchte der Arbeitgeber nach der Kündigung noch mit Tricks und Kurzarbeit weitere Kosten einzusparen.

„Die IG-Metall hätte viel früher etwas unternehmen müssen.“ meint ein Kollege aus dem Werk. „Das war eine politische Entscheidung das Werk dicht zu machen. Aber die IG-Metall Küste und die IG-Metall Heilbronn gucken nur auf ihre eigenen Sachen.“ Nötig wäre ein gemeinsamer Kampf der Beschäftigten aus allen Standorten zum Erhalt aller Arbeitsplätze. „Die tschechischen Kollegen bekommen auch nur Druck, die haben einen deutschen Chef, denen geht’s genauso wie uns.“

Der Betriebsrat und die IG-Metall kämpfen im Moment darum, selbst mit der Unternehmensleitung über einen Sozialplan zu verhandeln. Der bisherige Vorschlag sei eine Farce, bei der die Beschäftigten für ihre eigene Transfergesellschaft bezahlen müssten. Die Kolleginnen und Kollegen sind frustriert. Einen Erhalt der Arbeitsplätze halten die meisten nicht für möglich.

Um den Kampf zu stärken, ist die Solidarität jetzt die wichtigste Waffe. Zur Mahnwache am Donnerstag kamen Delegationen von verschiedenen Betrieben, Betriebsräte und Stadtverordnete vorbei. Der Kampf aller Beschäftigten in der Industrie zum Erhalt der Arbeitsplätze wäre der nächste Schritt. Am Mittwoch den 11. November haben die KollegInnen von E.C.H Will bereits eine Demonstration angemeldet. Die IG-Metall sollte für diesen Tag zur Teilnahme aller Beschäftigten und zu Streiks aufrufen. „Heute wir, morgen ihr“ steht auf einem Schild der Kolbenschmidt-Beschäftigten geschrieben. Quelle und Opel ist auch unter den KollegInnen ein Thema. Der Kampf zum Erhalt aller Arbeitsplätze muss jetzt begonnen werden, in dem alle gemeinsam für die Verteidigung der bedrohten Werke und Arbeitsplätze kämpfen.