200 ArbeiterInnen des Belfaster Autozulieferers Visteon blockieren zur Zeit die Produktionsstätte, nachdem das Unternehmen heute unter die Obhut eines Insolvenzverwalters gestellt worden ist. Am 1. April haben auch die ArbeiterInnen in anderen ehemaligen Ford-Fabriken in Enfield und Basildon in England die Anlagen besetzt.
Gemeinsames Flugblatt der Socialist Party in Nordirland und in England und Wales (Schwesterorganisationen der SAV)
Alle Visteon-Niederlassungen in Basildon, Belfast und Enfield, die einem Insolvenzverwalter unterstellt worden sind, wurden von den ArbeiterInnen besetzt (Mittwoch, 1. April 2009).
Die vorher bei Ford angestellten ArbeiterInnen protestieren gegen mögliche Entlassungen und dagegen, nur noch die gesetzlich festgelegte Arbeitslosenunterstützung vom Staat einfordern zu können. Selbst ArbeiterInnen, die schon über 30 Jahre dort beschäftigt sind, stehen dann nur rund 9.000 britische Pfund (etwa 9.800 Euro; Anm. d. Übers.) zu. Die meisten Beschäftigten würden noch weit weniger bekommen. Zudem werden ihre Renten wie die der ehemaligen Visteon-ArbeiterInnen in Swansea und der jetzigen RentnerInnen in den Pension Protection Fund (Rentensicherungsfonds; Anm. d. Übers.) fließen, was Kürzung bedeutet. Das ist die brutale Seite des Kapitalismus: keine Rettungspakete und Bonuszahlungen wie im Falle der bankrotten Bonzen, sondern die bloße Mindestleistung und den dole [Arbeitslosengeld]. Die Geschäftsführung von Visteon UK hat unterdessen das Pferd gewechselt und ist nun bei ihrem eigenen Subunternehmen "Visteon Engineering Services" beschäftigt: Eine Rettungsweste für die Ratten, die das sinkende Schiff verlassen!
Seit Dienstag haben 200 ArbeiterInnen nun ihre Fabrik in Belfast besetzt. Seit Mittwoch, dem 1. April, haben sie die alleinige Kontrolle über die Produktionsanlagen, da Insolvenzverwalter wie Sicherheitskräfte gezwungen wurden, das Gelände zu verlassen.
Die ArbeiterInnen in Enfield sind seit Mittwochmorgen auf dem Dach ihrer Fabrik und erhalten Unterstützung durch andere ArbeiterInnen und SympathisantInnen, die ihnen von unten zurufen. Sie skandieren: „Ford – jobs for life“. Das war ihnen immer versprochen worden. Stattdessen wurden sie rausgeschmissen. Die ArbeiterInnen der Dienstagsfrühschicht arbeiteten nur, um am Ende der Schicht gesagt zu bekommen, dass die Fabrik Insolvenz anmelden wird!
Den ArbeiterInnen in Basildon wurden lediglich sechs Minuten zugestanden, in denen ihnen die Nachricht der Fabrikschließung übermittelt wurde!
ArbeiterInnen besetzten daraufhin die Produktionsstätte Basildon und wurden dabei von außen von mehr als 70 weiteren unterstützt. Viele von ihnen haben mehr als 20 Jahre dort gearbeitet, haben hohe Hypotheken abzubezahlen und Familien, die sie ernähren müssen. Am nächsten Tag protestierten die ArbeiterInnen vor dem Visteon Kundenzentrum, das weitergeführt wird und wohin einige Aufträge von Basildon gegangen sind.
Visteon wurde im Jahr 2000 aus der Ford Motor Company ausgegliedert, um auf Kosten der Beschäftigten die Kosten zu senken. Es folgten erst Zwei-, dann Drei-Stufen-Verträge sowie Ausgliederungen sogenannter indirekter Arbeitsplätze. Aber das alles war aus Sicht der Visteon-Vorstände nicht genug. Sie verbrachten die letzten dreieinhalb Jahre damit zu fordern, dass die Visteon-ArbeiterInnen ihre „an Ford angelehnten“ Verträge brechen. Zweifellos wird es in den Gewerkschaften einige geben, die mit der Geschäftsführung übereinstimmen, dass eine Insolvenz hätte vermieden werden können, wenn die Belegschaft nur der Kürzung von Löhnen und Renten sowie der Verschlechterung von Bedingungen und Konditionen zugestimmt hätte. Realität ist aber dennoch, dass Visteon – genau wie das Subunternehmen von General Motors mit dem Namen Delphi – nie überlebensfähig war. Die ArbeiterInnen bei Visteon haben es richtig gemacht, als sie Widerstand organisierten und somit zumindest mehr Einkünfte hatten. Es war dieser erfolgreiche Kampf, der den ArbeiterInnen in Belfast die Zuversicht gibt, auch jetzt Widerstand zu leisten.
Diese ArbeiterInnen wollen Druck auf Ford ausüben, um einzugreifen und die Entlassungen zu stoppen. Sie rufen die Gewerkschaften bei Ford auf, sie zu unterstützen, indem sie keine Autoteile benutzen, die importiert werden und somit die Produkte aus Belfast ersetzen. Wenn das gelingt, dann kann die Besetzung dabei helfen, die Gewerkschaftsbewegung und die Gemeinschaft der Arbeiterklasse mit einzubeziehen und die Regierung dazu zu zwingen einzugreifen, um Visteon zu verstaatlichen und die Arbeitsplätze zu retten.
Wir fordern:
Ford muss unter Druck gesetzt werden, um Maßnahmen zu ergreifen: Arbeitsplätze erhalten oder Abmachung über Abfindungen anerkennen.
Ford muss die Renten der ArbeiterInnen garantieren.
Nötigenfalls muss die Regierung im selben Maße eingreifen wie im Falle der Rettungspakete für die Bankiers!
Autofabriken müssen verstaatlicht und – wenn nötig – für eine alternative Produktion ausgerüstet werden.