Widerstand und sozialistische Perspektive müssen Bestandteil der Antikrisenpolitik der LINKEN sein
Im Jahr der Krise und der Wahlen verhält sich DIE LINKE bisher auffällig unauffällig. In Talkshows wird oft rumgedruckst und seitens der Bundestagsfraktion jetzt Hartz IV light gefordert. Dabei ist es Zeit für die S-Wörter: S wie Solidarität mit kämpfenden Belegschaften, S wie Streiks gegen die Krisenfolgen, S wie Sozialismus als Alternative zum Kapitalismus.
von Doreen Ullrich, Aachen
DIE LINKE muss sich nach den Demos am 28. März daran machen, den begonnenen Protest gegen die Krisenfolgen zusammen mit anderen Kräften weiter aufzubauen. Dafür könnte DIE LINKE vor Ort gemeinsam mit anderen Konferenzen organisieren, wo der 28. März ausgewertet und überlegt wird, wie – vor der DGB-Demo am 16. Mai – der Druck auf die Gewerkschaften für Massenproteste verstärkt werden kann.
Gegenwehr
Dort, wo es betriebliche Auseinandersetzungen gibt, muss DIE LINKE solidarisch an der Seite der KollegInnen stehen und mit ihnen über Kampfvorschläge diskutieren. So geschieht das gerade in der Aachener LINKEN. Nachdem die Firma Gates die Mehrzahl der 500 KollegInnen rausschmeißen wollte, wehrte sich die Belegschaft. DIE LINKE Aachen gab sofort aktive Unterstützung vor dem Betrieb. Weil es nicht nur bei Gates, sondern auch in umliegenden Metallbetrieben kriselt, schlugen LINKE-Mitglieder eine regionale Vernetzung vor. Hier sollen auch Ideen zu Arbeitskämpfen ausgetauscht werden.
Auf Bundesebene muss ebenfalls deutlich gesagt werden, welche Kampfmaßnahmen möglich sind. Vor mehr als einem Jahr trat Oskar Lafontaine noch für politische Streiks ein. Die Frage von Streiks bis hin zu einem eintägigen Generalstreik muss von der LINKEN auf die Tagesordnung gesetzt werden, die Diskussion darüber mit den DGB-Gewerkschaften gesucht werden.
Eigentumsfrage
Zu Recht hat DIE LINKE die Verstaatlichung der Banken gefordert. Warum aber tritt sie nicht auch offensiv für die Verstaatlichung der Konzerne ein? Mitte März hat sich Gregor Gysi in der SUPERillu im Fall von Opel sogar explizit dagegen ausgesprochen. „Wir sind gegen ein VEB Opel“, so Gysi. „Gegen das Staatseigentum bei der Industrie oder bei Dienstleistern sprechen nicht nur die Erfahrungen aus der DDR, sondern auch in der BRD.“ Stattdessen argumentierte er für eine schrittweise Belegschaftsbeteiligung bis zu 49 Prozent. Auch die Bundestagsfraktion stellt (siehe Seite 11) Belegschaftsbeteiligungen und Mitbestimmung in den Vordergrund.
Das kann aber kein Programm sein, um Arbeitsplätze dauerhaft zu sichern. Nötig sind Forderungen nach Öffnung der Geschäftsbücher und nach Verstaatlichung – demokratisch verwaltet und kontrolliert von VertreterInnen der Belegschaft, der Gewerkschaft und des Staates.
Systemfrage
Im Wahlkampf soll laut Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch „konsequenter Realismus“ herrschen. Einen solchen „Realismus“ hatte wohl auch die Bundestagsfraktion im Sinn, als sie die Forderung nach Hartz IV light von 435 Euro mehrheitlich beschloss. Doch „real“ kann davon keine Sau leben. Das sahen auch viele an der Parteibasis so, es rumorte ordentlich und der Parteivorstand fordert nun wenigstens 500 Euro – und einen Mindestlohn von zehn Euro. Wobei weiterhin klar gesagt werden muss: Hartz IV gehört abgeschafft, nicht erst übermorgen, sondern möglichst heute schon.
Neben aktiver Teilnahme an Protesten und Streiks ist eine politische Alternative zum Kapitalismus zentral. DIE LINKE muss deutlich machen, dass nur, wenn die Wirtschaft demokratisch geplant wird, wenn nach den Bedürfnissen der Menschen und nicht nach Profitinteressen produziert wird, Krisen dauerhaft Geschichte sein werden.
Die Parteispitze darf nicht auf die Beteiligung an Regierungen mit der Sozialabbau-Partei SPD schielen. Vielmehr ist der Austritt aus dem arbeiterfeindlichen Berliner Senat überfällig. Wenn die Partei stattdessen den Widerstand praktisch und inhaltlich mit aller Kraft unterstützt, wird sie nicht nur die Protestbewegung stärken, sondern auch Zehntausende neuer Mitglieder gewinnen und bei den Wahlen – als Alternative zu dem bürgerlichen Einheitsbrei – klar zulegen können. n