Opel enteignen

Arbeiterkontrolle und -verwaltung nötig


 

„Dem Schaf geht es ums Leben, dem Metzger ums Fleisch“, lautet ein Sprichwort. Opels Gesamtbetriebsratsvorsitzender Klaus Franz will aber den Beschäftigten weismachen, sie hätten die gleichen Interessen wie ihre Chefs.

von Nihat Boyraz, Bremen

Während die 29.000 Opelaner Angst um ihren Arbeitsplatz haben, sorgen sich die bürgerlichen Parteien um die bevorstehenden Wahlen. Darüber hinaus fürchten sie eine soziale Explosion.

Von den etablierten Politikern ist nichts zu erwarten. Aber auch die Lösungsvorschläge von Franz und der IG-Metall-Spitze um Berthold Huber sind durch die Bank Scheinlösungen.

Verzicht bringt nichts

Klaus Franz will die Belegschaft auf massive Einkommenskürzungen einschwören. „Denkbar“ sei die Verschiebung der im Flächentarif vereinbarten Lohnerhöhung. „Auch über die Streichung von Zusatzleistungen wie Weihnachtsgeld wird zu reden sein“, so Franz am 20. März auf SPIEGEL Online. Auf diese Weise will Franz, der „heimliche Boss von Opel“ (Handelsblatt) oder besser der Möchtegern-Boss, Opel fit für den Konkurrenzkampf in der Krise machen – eine Fortsetzung der Co-Management-Politik der letzten Jahre.

Seit Beginn der neunziger Jahre wurde jede zweite Stelle im Konzern vernichtet – trotz regelmäßiger Zugeständnisse. Und die Einkommen der KollegInnen, die einst etwa 30 Prozent über dem Flächentarif lagen, sind inzwischen erheblich abgesenkt. Mit dem letztes Jahr abgeschlossenen „Zukunftsvertrag“ sollen die noch verbleibenden übertariflichen Leistungen vollends gestrichen werden. Damit bedeutet jede neuerliche Konzession eine Untergrabung des Tarifvertrags. Zudem wird das nur die Unternehmer der Konkurrenz ermuntern und die Spirale sinkender Löhne und steigender Arbeitsverdichtung weiterdrehen lassen.

Nochmal Franz: „Im Gegenzug verlange ich, dass die Mitarbeiter wenigstens mitreden dürfen.“ Bei Lohn- und Stellenreduzierungen? Auch Oskar Lafontaine und DIE LINKE reden Belegschaftsbeteiligungen bei Opel das Wort. Selbst wenn die Beschäftigten bis zu 49 Prozent der Aktien erhalten, wie die Bundestagsfraktion der LINKEN fordert – dauerhaften Wert haben diese Anteile nicht. Arbeitsplätze und Betriebe sind damit auch nicht gesichert (siehe Seite 11). Denn unter den Bedingungen von Konkurrenz und Produktion für den Profit bleibt der Zwang zu Lohnsenkungen, schlechteren Arbeitsbedingungen und Stellenabbau bestehen.

Loslösung?

Regierung und Gewerkschaftsobere denken derzeit laut über eine Loslösung Opels vom Mutterkonzern General Motors und die Gründung einer europäischen oder deutschen Opel-Gesellschaft nach. Ob mit Beteiligung eines privaten Investors oder mittels staatlicher Bürgschaften oder einer Teilverstaatlichung, eines haben alle Optionen gemeinsam: Die Beschäftigten werden die Kosten tragen.

Und keine der „Lösungen“ garantiert den Erhalt der Betriebe. Bei allem wird ein entscheidender Punkt ausgeblendet. Und zwar, dass die Opel-Krise Teil der Krise in der gesamten Autoindustrie ist, beziehungsweise Teil der Krise des globalen Kapitalismus. Die Autoindustrie hat enorme Überkapazitäten: „Die Fa-briken der Branche wären in der Lage, in diesem Jahr fast 100 Millionen Fahrzeuge zu produzieren. Verkauft werden 2009 aber voraussichtlich nur 50 Millionen Autos“ (FAZ vom 11. März).

Kampf aufnehmen

Die Beschäftigten müssen ihren eigenen Standpunkt einnehmen. Die Bosse tun das auch. „Kollegen“ wie Franz agieren als Co-Manager und werden auch im Arbeitskampf auf der anderen Seite stehen.

Nötig sind jetzt Sondersitzungen der Vertrauensleute, Betriebsversammlungen und Zusammenkünfte aller Gliederungen der IG Metall, um den Kampf für jeden Arbeitsplatz und jedes Werk vorzubereiten. Dabei sollte an die Erfahrungen des siebentägigen Streiks in Bochum angeknüpft werden, wo die Initiative von den KollegInnen im Werk ausging und der Streik gegen den Willen der IG-Metall-Führung begonnen wurde.

Anstatt Stellenstreichungen abzunicken, sollte eine deutliche Arbeitzeitreduzierung bei vollem Lohn- und Personalausgleich eingefordert werden. Außerdem ist es geboten, die Offenlegung der Geschäftbücher zu verlangen.

Franz macht viele Vorschläge, um vom eigentlichen Ausweg abzulenken – der Enteignung Opels. Nicht die Beschäftigten, sondern die privaten Eigentümer sind schuld an der Krise. Die Beschäftigten haben den Betrieb aufgebaut, auf ihre Kosten haben die Konzernchefs jahrelang Profite gemacht und Reichtum angesammelt.

Die Produktion gehört unter demokratische Kontrolle und Verwaltung durch die Belegschaft und die gesamte arbeitende Bevölkerung. Dann können die ArbeiterInnen selber entscheiden, was, wie hergestellt werden soll. Nicht nur ein Autokonzern, sondern alle Konzerne müssen letztlich verstaatlicht werden – um dahin zu kommen, dass nicht länger die Profitlogik, sondern der Bedarf der Menschen und der Umwelt ausschlaggebend ist.