Eigenständige Kandidatur in Rostock
Seit die SAV mit Christine Lehnert bei den Kommunalwahlen 2004 den ersten Ratssitz gewann, hat sich eins im Rostocker Rathaus verändert: Es gibt nun eine Kraft in der Bürgerschaft, die sich konsequent gegen Kürzungen, Privatisierungen und jegliche Verschlechterung bei der Jugend, den Arbeitslosen und Beschäftigten einsetzt.
von Marén Wiese, Rostock
So brachte unsere Abgeordnete Ende 2004 einen Antrag für ein Sozialticket für Hartz-IV-EmpfängerInnen ein, sowie einen weiteren gegen Zwangsumzüge und Zwangsdienste. Am Tag der Abstimmung mobilisierten wir 150 Protestierende vor dem Rathaus und setzten so SPD und Bündnis 90 unter Druck, dass sie den Anträgen – wenn auch abgeschwächt – zustimmen mussten. Damit war Rostock die erste Stadt in Deutschland, die gewisse Verbesserungen für die ALG-II-EmpfängerInnen beschloss.
Verbesserungen durchgesetzt
Anderes Beispiel: Als 2005 die Stadtoberen versuchten, das städtische Klinikum in der Südstadt zu privatisieren, gab es unter den Beschäftigten, Personalrat und Bevölkerung eine klare Stimmung dagegen. Unsere Abgeordnete brachte dies in die Bürgerschaft ein und erreichte, dass die Mehrheit der Stadtvertreter sich für einen zweijährigen Privatisierungsstopp des Klinikums aussprach. Bis heute ist das Klinikum in öffentlicher Hand.
Darüber hinaus ist Christine Lehnert bei jedem Protest der Beschäftigten vorm Rathaus zu finden, was ihr auch großen Respekt bei KollegInnen eingebracht hat.
Rostocker LINKE
Was ist der Unterschied zwischen unserer Abgeordneten und der 13-köpfigen Fraktion der LINKEN? Nun, die Linkspartei setzt auf einen Ausgleich im Parlament – vor allem mit der SPD. Sie mobilisiert weder ihre eigenen Anhänger noch Betroffene und wundert sich, wenn ihre Anträge „vertagt“ werden.
2007 hob der von der Linkspartei gestellte Senator für Soziales, Jugend und Sport sogar das erkämpfte Sozialticket auf und verteidigte Ende letzten Jahres die Kürzung von 50.000 Euro bei der Hilfe für Obdachlose. Bei Letzterem zwang ihn unsere Abgeordnete dazu, öffentlich zuzugeben, dass diese Kürzung nicht umsetzbar ist, ohne die Gesamtarbeit zu gefährden. Aber weder er noch seine Fraktion DIE LINKE zogen daraufhin die Beschlussvorlage zurück.
Fast ein Jahr mussten wir für die Wiedereinführung des Sozialtickets kämpfen. Und auch die Kürzung bei der Obdachlosenhilfe konnten wir schließlich rückgängig machen, nachdem unsere Abgeordnete unermüdlich mit den Beschäftigten der Obdachlosenhilfe Anträge schrieb, in allen Ausschüssen das Thema vorbrachte und auch die Presse dafür sensibilisierte.
Trotzdem haben wir für die anstehende Kommunalwahl versucht, mit der LINKEN über eine mögliche gemeinsame Kandidatur gegen Privatisierung, Stellenabbau und Kürzungen zu reden. Leider war DIE LINKE zu keinem der angebotenen Gespräche bereit. Dadurch ist die SAV – zusammen mit unseren UnterstützerInnen – zur erneuten eigenständigen Kandidatur gezwungen, um sicherzustellen, dass mit Hilfe von Christine Lehnerts Position der Widerstand – besonders jetzt in der Krise – gestärkt werden kann. Natürlich werden wir weiterhin bei jeder sich bietenden Möglichkeit versuchen, auch mit der LINKEN gemeinsam den Kampf gegen Sozialabbau, gegen Kriegspolitik oder gegen Nazis zu führen.
Wahlkampf unterstützen!
Rosa Luxemburg sprach einmal davon, dass sozialistische Abgeordnete „durchs Fenster“ zur Bevölkerung draußen auf der Straße sprechen müssen. Es ist manchmal sehr einsam für unsere Abgeordnete in diesem Parlament. Doch wenn dann städtische Beschäftigte auf sie zukommen und ihre Hoffnung ausdrücken, dass wir bei der kommenden Wahl mit mehr Abgeordneten ins Rathaus einziehen, dann ist das Gefühl der Einsamkeit schnell verflogen.
Wir rufen dazu auf, uns im Wahlkampf zu unterstützen, damit nach der Wahl am 7. Juni 2009 in Rostock wieder eine sozialistische Stimme „durchs Fenster“ des Rathauses zu hören ist. n
Maren Wiese ist SAV-Ortsbeirätin im Rostocker Stadtteil Dierkow (Neu)
Christine Lehnert zum Plan, 400.000 Euro bei der Jugendarbeit in Rostock zu kürzen
„Angesichts einer Zeit, in welcher der Staat Milliarden für Banken und Wirtschaft aufbringt, macht es umso wütender, dass 400.000 Euro im Jugendhilfebereich gestrichen werden sollen. Dies sind Peanuts im Vergleich zu dem Geld, welches die Banken durch Spekulationen verbrannt haben. Aber diese Peanuts ermöglichen gesellschaftlich sinnvolle Arbeit und diese muss verteidigt werden.
Ich rufe alle dazu auf, gemeinsam zu demonstrieren und diesen Protest erst als Auftakt zu sehen, deutlich zu machen, dass wir nicht bereit sind, für die kapitalistische Krise zu zahlen – egal ob lokal oder global!“