Bündnisaufruf und Veranstaltungsbericht
Der Bremer Bündnisaufruf zur Demo am 28.3.:
Die „Jahrhundertkrise“ des Kapitalismus macht auch vor Bremen und Bremerhaven nicht halt. Leih- und Zeitarbeiter sind nur ihre ersten Opfer. Nach Kurzarbeit bei Daimler und Arcelor/Mittal drohen jetzt Entlassungen, Insolvenzen und Werkschließungen.
Die Regierungen haben den Banken und Konzernen bereits Milliarden spendiert – wir sollen die Zeche dafür bezahlen. Dagegen wehren wir uns: Demokratische Kontrolle der Wirtschaft, Vergesellschaftung der Banken und Großkonzerne, soziale Sicherheit für alle müssen an die Stelle einer Verstaatlichung der Verluste treten.
Die „Rettungspakete“ für das private Großkapital treiben nicht nur ganze Staaten in Nord- und Osteuropa, sondern auch arme Bundesländer wie Bremen in den Bankrott. Anstatt diejenigen zur Kasse zu bitten, die sich an den schnellen Profiten der letzten Jahre bereichert haben, werden Steuern gesenkt und die öffentlichen Haushalte durch „Schuldenbremsen“ zum Personal- und Sozialabbau verpflichtet. 1000 Stellen sollen allein an den kommunalen Krankenhäusern eingespart werden. 27% der Bevölkerung sind nach dem offiziellen Senatsbericht von Armut betroffen. Arbeitslose, Geringverdiener, alleinerziehende Frauen und Familien mit Migrationshintergrund leiden am stärksten unter der unsozialen Sparpolitik.
In dieser Situation hat ein Bündnis von sozialen Initiativen, Gewerkschaftsgliederungen, globalisierungskritischen Organisationen wie Attac und die Partei DIE LINKE für den 28.3. zu bundesweiten Massendemonstrationen in Berlin und Frankfurt unter dem Titel „Wir zahlen nicht für eure Krise“ aufgerufen.
Die unterzeichnenden Organisationen und Einzelpersonen rufen zur Demonstration in Berlin auf:
Für 10 Euro Mindestlohn
Für 30 Stundenwoche bei vollem Lohn- und Personalausgleich
Für 500 Euro Eckregelsatz, repressions- und sanktionsfrei
Für einen ökologischen Umbau der Gesellschaft.
Gerade Bremen ist sowohl von der Krise, als auch von den Folgen einer falschen „Krisenbekämpfung“, massiv betroffen. Wir halten es deshalb für wichtig, dass auch in Bremen die Demonstration unterstützt und für sie mobilisiert wird.
Dazu diente auch die Veranstaltung mit Bernd Riexinger am 12.3., 19 Uhr im Konsul-Hackfeld-Haus, der als ver.di-Vorsitzender von Stuttgart zusammen mit anderen Gewerkschaftern und Vertretern der LINKEN die Initiative für diese Demonstration ergriffen hat.
Am 17.3., um 19 Uhr im „Kurzschluss“, Lahnstr. 16 findet das nächste Treffen des Vorbereitungsbündnisses statt. Dort wollen wir über Transparente sowie Organisierung der Anfahrt aus Bremen und Bremerhaven sprechen und weitere Infoaktionen vorbereiten. Wir hoffen, damit auch zur überparteilichen Vernetzung von Linken in den Gewerkschaften und in sozialen Initiativen in Bremen beitragen zu können.
ErstunterzeichnerInnen: Harald Gatermann (Die LINKE, AKL) – Wolfgang Meyer (Die LINKE, BAL) – Heino Berg (Die LINKE, SAV) – Klemens Alff (isl) – Manfred Steglich (Die LINKE) – Roman Fabian (BR LdW) – Wilfried Schartenberg (AG Arbeitsmarkt und prekäre Beschäftigung) – Christoph Spehr (Landessprecher DIE LIINKE) – Cornelia Barth (Landessprecherin DIE LINKE)
Bericht von der Veranstaltung mit Bernd Riexinger
Etwa 40 TeilnehmerInnen waren der Einladung der AG Betrieb und Gewerkschaft in der LINKEn zu der Veranstaltung mit Bernd Riexinger im Konsul-Hackfeld-Haus gefolgt, zu der auch das Bremer Bündnis für die Demonstration am 28.3. aufgerufen hatte. Der ver.di-Sekretär von Stuttgart und Landessprecher der baden-württembergischen LINKEN hatte mit anderen im Januar die Initiative für diese erste bundesweite Protestdemonstration gegen die Krise ergriffen.
von Heino Berg
In seinem frei gehaltenen Einleitungsreferat betonte Riexinger zunächst die historische Dimension der Krise, die weit über die bisher bekannten Konjunktureinbrüche oder eine bloße „Finanzmarktkrise“ hinausgehe und das kapitalistische System insgesamt in Frage stelle. Selbst das „Handelsblatt“ vergleiche sie inzwischen mit der Weltwirtschaftskrise der dreißiger Jahre. Gerade die Partei DIE LINKE müsse in dieser Situation für sozialistische Systemalternativen und die Vergesellschaftung der Schlüsselindustrien eintreten, gleichzeitig aber auch aktiv an den Abwehrkämpfen teilnehmen, in denen es um Hunderttausende von Arbeitsplätzen und von elementaren, sozialen Errungenschaften gehe..
Die Gewerkschaften, so Riexinger, hätten bisher mehr oder weniger „sprachlos“ auf die Krise reagiert oder diese sogar zu ignorieren versucht, obwohl es letztlich auch um ihre Existenz gehe. Der Aufruf zu Aktionen im Mai komme acht Monate nach Beginn der Krise reichlich spät. Es gehe ein „Riss“ durch die Gewerkschaften: Einige Gewerkschaftsvertreter und Betriebsräte würden weitere Zugeständnisse der Belegschaften befürworten, um die Produktionskosten in den jeweiligen Betrieben zu verringern und der deutschen Industrie insgesamt Exportvorteile zu verschaffen, andere würden diese „Standortpolitik“ ablehnen und stattdessen auf die Organisierung des Widerstands und internationale Solidarität setzen. Darüber sei eine offene Diskussion in den Gewerkschaften notwendig. Man dürfe die Gewerkschaftsführung nicht denunzieren, allerdings auch nicht untätig auf Signale von ihr warten.
Die betrieblichen Abwehrkämpfe gegen Lohnsenkungen oder Werkschließungen seien zwar von zentraler Bedeutung, würden in der aktuellen Systemkrise allein aber nicht ausreichen, weil man dann die jeweiligen Belegschaften gegeneinander ausspielen könne. Deshalb habe er im Januar mit anderen die Initiative für die Demonstrationen am 28.3. ergriffen und sich für eine breites Bündnis gegen die Abwälzung der Krisenlasten auf die Lohnabhängigen eingesetzt. Selbst wenn am 28.3. nur einige Zehntausend in Berlin und Frankfurt demonstrieren würden, weil bisher nur Teile der Gewerkschaften dazu aufrufen und die Presse das systematisch verschweigt, könnten sie wie ein ins Wasser geworfener Stein wirken und Wellen auslösen. Der Generalstreik in Frankreich zeige ja, wie stark das Bedürfnis nach gemeinsamen Protesten sei. Ohne Handlungsperspektiven würden sich die Betroffenen ohnmächtig fühlen. Dies könne langfristig zu einer Stärkung von rechten und nationalistischen Tendenzen führen.
Einen Generalstreik hält Riexinger zwar für notwendig, aber zur Zeit noch nicht für möglich. Selbst der Kampf für drastische Arbeitszeitverkürzungen stoße in vielen Betrieben auf große Widerstände. Der Forderung nach der 30-Stunden-Woche bei vollem Lohn und Personalausgleich im bundesweiten (und im Bremer) Demonstrationsaufruf stehe er deshalb skeptisch gegenüber.
Nach einer sehr konstruktiven Diskussion mit den TeilnehmerInnen, von denen etliche am Eingang eine Buskarte nach Berlin kauften, erklärte die Versammlungsleitung (darunter der NGG-Sekretär Dieter Nickel, der auch Mitglied im Landesvorstand der LINKEN ist) die Veranstaltung für beendet.
Dieser plötzliche Schluss kam ziemlich unerwartet und sorgte für ordentlichen Ärger, hatte doch die Bündnisrunde auf ihrem Treffen am 4. März verabredet, auf dem Treffen der AG Betrieb & Gewerkschaft ihren "Bremer Aufruf" hier zur Diskussion zu stellen und abzustimmen. Es sollte doch gerade um ein breites Bündnis und um die praktischen Konsequenzen vor Ort, um die inhaltlichen Forderungen und vor allem um die praktischen Vorbereitungen (Flyer, Plakate, Verteilung, Info-Stände, Werbung, Organisation der Busfahrt, Verkauf der Fahrkarten usw. usf.) gehen. Dazu kam es nun leider nicht. Die AG Betrieb & Gewerkschaft und ihre Gesprächsleitung waren offenbar der Meinung, dass das "ihre" Versammlung sei und sie auch den Schluss zu bestimmen hätte. Wer weiter über den Aufruf diskutieren wolle, könne das ja mit den Vertretern des Landesvorstands tun. über die Gründe für dieses Vorgehen konnten die Zuhörer und Zuhörerinnen nur rätseln.
Nachdem das Präsidium mit einem Teil der Gäste (darunter Axel Troost) den Saal verlassen hatte, übernahm der Landessprecher Christoph Spehr die Gesprächsleitung. Die Diskussion führte zu einer raschen Einigung über einen Bremer Bündnisaufruf, für den Christoph Spehr einige Änderungen vorgeschlagen hatte. Er soll jetzt an einen breiten Verteiler von sozialen Initiativen und Gewerkschaftern verschickt werden. Er wird am Samstag, dem 14. März. bei einem Infostand in der Neustadt verteilt. Außerdem ist schon am kommenden Freitag eine Verteilungsaktion vor den Werkstoren des Mercedes-Benz-Werks in Sebaldsbrück geplant.
Ansonsten gehen die Vorbereitungen, wie schon im Aufruf aufgeführt, am 17. März, 19 Uhr im "Kurzschluss" in der Neustadt weiter.