Italien: Allmählich vollzieht sich die Rechtsabspaltung aus der Rifondazione comunista

Linke Strömung Controcorrente drängt die Partei, mit der Koalition und kapitalistischer Politik zu brechen


 

von Christine Thomas, Lotta (Schwesterorganisation von SAV und SLP und Sektion des CWI in Italien), 30. Januar 2009

Sechs Monate nach seiner unerwarteten Niederlage beim Landeskongress in Chianciano hat sich der rechte Flügel der italienischen PRC (Partei der kommunistischen Neugründung) schließlich abgespalten. Zumindest ein Teil von ihm. Die Mehrheit der Mitglieder, die Nichi Vendola und den ehemaligen Parteivorsitzenden Fausto Bertinotti unterstützen (und sich beim nationalen Kongress hinter den Antragsentwurf Nummer 2 stellten), scheinen noch in der PRC zu verharren – wenigstens für den Moment.

Als Vorwand für die Abspaltung dient die Absetzung des leitenden Redakteurs der täglich erscheinenden und mit der PRC verbundenen Zeitung Liberazione. Doch schon unmittelbar nach dem Kongress hatten die UnterstützerInnen von Antrag Nr. 2 ihre eigene Organisation gegründet, die „Rifondazione per la Sinistra“ (Linke Neugründung). Das war ganz eindeutig das Vorspiel für ihren letztendlichen Austritt aus der Partei. Kurz vor dem Kongress sah es noch so aus, als ob die UnterstützerInnen von Antrag 2 gewinnen würden. Das hätte dazu geführt, dass die PRC als kommunistische Partei aufgelöst und zu einer unförmigen „linken“ Formation verkommen wäre, deren wichtigstes Ziel es geworden wäre, Koalitionspartner für die kapitalistische Demokratische Partei (PD) zu sein. Diese Taktik ist allerdings nach erbittertem Kampf durchkreuzt worden, in dem die UnterstützerInnen der anderen Anträge (1,3, 4 und 5) sich zusammen taten und dafür stimmten, dass die kommunistische Identität der PRC erhalten blieb. Es kam zu einem neuerlichen „Linksruck“.

Die UnterstützerInnen von Antrag 2, die den Saal verließen, machten sich nicht sofort an die Gründung einer neuen politischen Partei. Dies behält man sich bis nach den Kommunal- und Europawahlen im Juni vor. Man hofft, dass man in einem Bündnis mit der unbedeutenden SD (Linksdemokraten) – einer Abspaltung von der PD, die zu einer neuen Partei werden wollte – und den Grünen, die in den Wahlen kaum eine Rolle spielen werden, aber ihre eigene Identität bewahren wollen, antreten wird! Es besteht die Gefahr, dass es bei diesen Wahlen zum politischen Selbstmord kommt. Aus diesem Grund wollte Bertinotti den ganzen Prozess, die Partei zu verlassen, bis nach den Wahlen verzögern. Es erklärte auch, warum so viele seiner AnhängerInnen sich vorerst dafür entschieden haben, in der PRC zu bleiben.

Einige setzen auf eine große Abspaltung von der prokapitalistischen PD, wozu auch die ehemaligen Mitglieder der PCI (der ehemaligen Kommunistischen Partei Italiens, die sich 1991 gewissermaßen selbst aufgelöst hat) um Massimo D’Alema zählen mögen. Die PD selbst befindet sich in einer Krise, ist von Korruptionsskandalen und inneren Spaltungen gebeutelt. Nur 15 Prozent der Menschen betrachten sie mit Wohlwollen als eine Oppositionspartei. Die wichtigste Handelszeitung Il Sole 24 Ore, das Sprachrohr der Arbeitgebervereinigung Confindustria, schreibt fortwährend Leitartikel, in denen die Partei dazu angehalten wird, die Kurve zu kriegen; man verlangt nach einer zuverlässigen kapitalistischen Partei, die auf ihren großen Auftritt als die Alternative für den Fall wartet, dass die Unterstützung für Berlusconis Regierungskoalition zusammenbricht, wozu es aufgrund der wirtschaftlichen und sozialen Krise zwangsläufig kommen wird.

In den Meinungsumfragen bei nur 26 Prozent schmachtend, gehen viele von einem Desaster für die PD bei den Wahlen im Juni aus. Viele UnterstützerInnen von Antrag 2 hoffen, dass das der Anlass für den D’Alema-Flügel wäre, um auszutreten und die Grundlage für das Entstehen einer Formation zu schaffen, die „sozial fortschrittlicher“ als die jetzige PD wäre und in der sie ein neues Zuhause hätten sowie darüber auch verhindern könnten, bei Wahlen in der Bedeutungslosigkeit zu versinken.

Kampf um eine wirkliche Arbeiterpartei

Es handelt sich hierbei um eine verworrene und konfuse Abspaltung, die auf dem weiteren Weg der PRC beim Einschlagen eines wirklichen Linksschwenks viele Hindernisse hinterlassen wird. Die Mehrheit der Mitglieder der „Rifondazione per la Sinistra”, die sich dafür entschieden haben, in der Partei zu bleiben, verfolgt im Gegensatz zu denen, die ausgetreten sind, eine andere Taktik. Das letztendliche Ziel bleibt jedoch dasselbe: Die Zerstörung der PRC und zu verhindern, dass sie eine kämpferische, unabhängige, antikapitalistische und kommunistische Partei wird.

Die Glaubhaftigkeit der PRC hat wegen der Beteiligung an der Regierung im Bündnis mit den kapitalistischen Parteien schwer gelitten. Auf der Wahlebene schafft sie es kaum, sich von der vernichtenden Niederlage bei den letzten Parlamentswahlen zu erholen, als sämtliche ihrer Abgeordneten ihr Mandat verloren. In den letzten Meinungsumfragen kommt die Partei auf unter drei Prozent. Das ist ungefähr so viel wie bei den Parlamentswahlen im April 2007, als man zusammen mit drei anderen Organisationen kandidierte, aber noch weniger als die 5 Prozent Plus, die man vor dem Beitritt zur Regierung Prodi vor drei Jahren erhielt.

Die wirkliche Herausforderung für die PRC besteht nun darin, sich selbst als Partei aufzubauen, die – vor dem Hintergrund der schweren wirtschaftlichen Krise – unerbittlich für die Interessen der ArbeiterInnen und jungen Menschen kämpft. Dafür ist die Übernahme eines Programms mit Kampfforderungen und Handlungsanweisungen für Aktionen zur Verteidigung von Arbeitsplätzen, Löhnen und der Versorgung als Teil einer breiteren antikapitalistischen / kommunistischen Plattform erforderlich. Die Verstaatlichung der Banken, der Finanzinstitutionen und Schlüsselindustrien auf Grundlage der demokratischen Kontrolle und Übernahme der Geschäftsführung durch die Menschen der Arbeiterklasse muss ebenfalls dazu gehören. Das bedeutet auch, das abgelehnt wird, in Koalitionen einzutreten, die Kürzungen, Privatisierungen und eine arbeitnehmerfeindliche Politik betreiben – sowohl auf kommunaler wie auch auf nationaler Ebene.

Zu diesen Punkten wird in der Partei bereits ein Kampf ausgefochten. Die größte Gruppe in der Führungsebene der Partei um Paolo Ferrero, dem Generalsekretär, vertritt zur Frage, ob man auf kommunaler Ebene Koalitionen eingehen soll, eine ziemlich unklare Position. In verschiedenen Städten und Regionen regiert die Partei weiterhin zusammen mit der PD. Und das trotz der Tatsache, dass diese eine neoliberale Politik betreibt und im Falle von Abruzzo zum Beispiel wegen des Verdachts auf Korruption Untersuchungen gegen sie angestellt werden.

Beim Dezember-Treffen des Landesrats der PRC reichte Marco Veruggio von der linken Strömung Controcorrente allerdings einen Änderungsantrag ein, der vorsah, dass die Partei auf kommunaler Ebene aus Koalitionen austreten soll, die eine gegen die Arbeiterklasse gerichtete Politik betreiben. Der Antrag erhielt 31 Stimmen (15 Prozent), darunter auch Stimmen von der Gruppe um Ferrero.

Überdies trat die PRC Ende letzten Jahres in Genua, wo Controcorrente vor allem aktiv ist, aus der kommunalen Koalition mit der PD aus. Das ist die wichtigste italienische Stadt, in der es zu einem solchen Bruch gekommen ist.

Unter dem Eindruck der Wirtschaftskrise und der Rolle von Gruppen wie Controcorrente auf dem linken Flügel der Partei (an dem auch die italienische Sektion des CWI sich beteiligt), findet eine Neuordnung statt, die die Möglichkeit bietet, die Führung weiter nach links zu drängen. Trotzdem wird dies von vergleichbaren Neuformierungen auf dem rechten Flügel der Partei begleitet werden; darunter auch Bündnisse, die sich zwischen dem rechten Flügel der Gruppe um Ferrero und jenen von der „Rifondazione per la Sinistra“ bilden werden.

Die Rezession und die Angriffe der Regierung führen bereits zu Massen-Kämpfen der ArbeiterInnen und Studierenden. Ende letzten Jahres kam es zur „Welle“ von Auseinandersetzungen in den Schulen und Universitäten, die ganz Italien überzog und zu einem Generalstreik am 12. Dezember führte, zu dem der wichtigste Gewerkschaftsverband, die CGIL, aufgerufen hatte. Jetzt, am 13. Februar, wird die Metallgewerkschaft FIOM zusammen mit der CGIL einen landesweiten Generalstreik im öffentlichen Sektor organisieren. Indem man sich auf solche und zukünftige Bewegungen hin orientiert und nicht als Außenstehender sondern mit einem klaren, kämpferischen und antikapitalistischen Programm agiert, kann der Aufbau einer kommunistischen Massenpartei der ArbeiterInnen in Italien gelingen. Es steht noch nicht fest, welche Rolle die PRC dabei spielen kann. Allerdings gibt es immer noch etliche wirkliche AktivistInnen innerhalb der Partei, die darauf vorbereitet sind, sich in dieser Richtung zu bewegen. Es wäre daher verfrüht, diesen Kampf abzubrechen, wie es andere linke Gruppen leider getan haben, obwohl man sich noch mitten im Prozess um die Ausfechtung dieses Kampfes befindet.

Homepage von Lotta per il Socialismo: www.lottacwi.net

Homepage von Contro corrente (links-progressive Strömung innerhalb der PRC): www.controcorrentesinistraprc.org