Der ehemalige Chef der Deutschen Post, Klaus Zumwinkel wurde wegen Steuerhinterziehung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.
von Torsten Sting, Rostock
Anfang des vergangenen Jahres sorgte der Fall für großes Aufsehen. Zumwinkel wurde unter Begleitung von Fernsehkameras verhaftet. Der „Fall Zumwinkel“ zog weite Kreise. Dem BND wurden die Daten von hunderten Steuerflüchtlingen zugespielt. Dies entfachte eine öffentliche Debatte und steigerte die Wut in der Arbeiterklasse über die Unverschämtheiten der Reichen.
„Fehler“
Der Prozess gegen einen der Vorzeigebosse ging schnell innerhalb einer Woche über die Bühne. Zumwinkel präsentierte sich als reuiger Sünder, der einen „Fehler“ begangen hatte.
Systematik
Zum Hintergrund: Der gute Mann hatte vor 21 Jahren die nette Idee in Liechtenstein eine Stiftung zu gründen. Am deutschen Fiskus vorbei, um damit Steuern zu sparen. Ist ja auch naheliegend. Bei einem Gehalt von zig Millionen Euro pro Jahr bei der Deutsche Post, muss Manager mit jedem Cent rechnen.
Zumwinkel bewies konspiratives Talent: Berater durften ihn nur anrufen, wenn sie seinen Namen nicht nannten. Besuche im Steuerparadies endeten damit, dass der Chaffeur den Vorstandsvorsitzenden an der Grenze, auf deutscher Seite wieder abholte.
Klassenjustiz
Teile der Kapitalmedien, so die FAZ, beeilten sich darzulegen, dass Zumwinkel eigentlich ein Opfer ist. Es habe eine mediale Vorverurteilung gegeben. Deals mit der Staatsanwaltschaft seien eben normal. Zudem gebe es Steuertricks bei allen Gesellschaftsschichten, schließlich würde auch bei der Pendlerpauschale gemogelt! Kurzum: Von „Klassenjustiz“ zu reden sei nicht angebracht. Es ist klar, dass hoch dotierte Journalisten ihre Freunde in den Konzernetagen verteidigen. Dafür werden sie schließlich fürstlich entlohnt. Es ändert aber nichts an der Tatsache, dass sich bewahrheitet, was der Volksmund sagt: „Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen.“
Während Zumwinkel sich mit Hilfe von Spitzenanwälten rauspauken ließ, haben Menschen mit wenig Geld auch weniger „Glück“. Eine Obdachlose in Rostock beging das Kapitalverbrechen schwarz mit der Straßenbahn zu fahren. Da sie mittellos war, konnte sie das Bußgeld von 40 Euro nicht zahlen. Ein Mahnbescheid nach dem anderen kam, so steigerte sich die Summe auf über 200 Euro. Das Ende der Geschichte: Die Frau konnte nicht zahlen und wurde zu einem Monat Gefängnis verurteilt!
Dass im Kapitalismus Privateigentum wichtiger ist, als Menschenleben wird auch an einem anderen Beispiel deutlich, auf das sogar die konservative Berliner Boulevardzeitung BZ hinwies: Für Hinweise zur Ergreifung der Einbrecher im Berliner Luxus-Kaufhaus KaDeWe gibt es 100.000 Euro Belohnung, für Hinweise zur Ergreifung der Mörder einer Spielhallenmitarbeiterin gerade mal 5.000 Euro.
„Verwandelt Hass in Energie“ (Che)
Die Wut und der Hass auf die Arroganz der herrschenden Klasse nimmt überall zu. Was sich zu „Aufschwungzeiten“ schon anbahnte bekommt mit der Krise eine neue Dynamik. Die isländische Regierung bekam einen kleinen Vorgeschmack: Der Ministerpräsident wurde mit Eiern beworfen und Neuwahlen angesetzt. Höchste Zeit für „isländische Verhältnisse“!