USA: Wird Obama gewinnen?

Auf der „Linken“ werben aber darauf vorbereitet sein, im Sinne der Rechten zu regieren.


 

Übersetzung des Leitartikels aus The Socialist (Ausgabe 537, 11. Juni 2008), Wochenzeitung der Socialist Party (Schwesterorganisation der SAV und Sektion des CWI in England und Wales).vom 11. Juni 2008

Nach den letzten Vorwahlen hat sich Barack Obama endgültig die Nominierung der Demokratischen Partei für die Präsidentschaftswahl im November gesichert. Die Tatsache, dass dieser Wettbewerb zwischen einem Afroamerikaner und einer Frau stattgefunden hat, steht symbolisch für die tiefen sozialen Veränderungen in den Vereinigten Staaten.

Dennoch sind die beiden Wahlkämpfe durchaus unterschiedlich geführt worden. Hillary Clinton präsentierte sich auf überhebliche Art und Weise als die rechtmäßige Erbin in der Dynastie der demokratischen Präsidentschaft und sie vertraute dabei ganz auf eine althergebrachte, kopflastige Wahlmaschinerie. Obgleich Obama Senator ist, gab er sich als rebellischer Außenseiter. Gewaltige Kundgebungen (wie z.B. mit 75.000 TeilnehmerInnen in Portland, Oregon) zeigten, dass er eine „Bewegung“ in Gang gebracht hat und mehr dunkelhäutige und junge Menschen mobilisieren konnte als je zuvor (sie machten 35 Prozent der WählerInnen bei den Vorwahlen im Vergleich zu 29 Prozent im Jahre 2004 aus). Viele seiner UnterstützerInnen wählten zum ersten Mal.

Obamas vornehmliche Themen waren Optimismus und Veränderung. Er versprach „eine neue Art von Politik“ betreiben zu wollen, „dieses Land zu verändern“ und ein „Himmelreich auf Erden“ zu schaffen. Wird Obama den großen Erwartungen, die er geweckt hat, gerecht werden können? Für Millionen trat er auf, als ob er bessere Lebensbedingungen und eine glänzende Zukunft bringen würde.

Es ist nicht witzig, die Träume der Menschen mit Füßen zu treten. Aber Obamas eigene Aussagen zeigen, dass er dem Programm der Großkonzerne verbunden ist. Wie schon Präsidentschafskandidaten vor ihm (einschließlich Bill Clinton) führt er eine Kampagne auf der Linken, bereitet sich aber auf eine Herrschaft im Sinne der Rechten vor. Die Vorschläge Obamas zur Krise auf dem Wohnungsmarkt zum Beispiel – mit bis zu zwei Millionen Familien, die von Zwangsräumung betroffen sind,- sind sogar noch bescheidener als die von Clinton.

Er plädiert dafür, dass Hausbesitzer Steuerkredite (von rund 500,- US-Dollar) erhalten sollen. Ein Moratorium der Zwangsvollstreckungen, das Einfrieren der Hypothekenzinsen und eine massive Unterstützung der Regierung für verzweifelte Eigenheimkäufer lehnt er hingegen ab. Unter dem Druck einer sich verschlimmernden Situation ist es möglich, dass er als Präsident dennoch dazu gezwungen sein wird, effektivere Notmaßnahmen zu ergreifen, um die Auswirkungen der Kreditkrise abzumildern.

Zu Beginn seines Wahlkampfes betonte Obama seine Haltung zum Irakkrieg (was ihn vor Clinton, die für den Krieg gestimmt hatte, in Führung brachte). In jüngster Zeit hat er nun unterstrichen, dass er die Interessen des US-Imperialismus verteidigen wird. Er verspricht, einen harten Kurs gegenüber dem Iran zu fahren. Er plädiert für weitere 30 Mrd. US-Dollar Staatshilfe für Israel und befürwortet die Annektierung des arabischen Ost-Jerusalem. Die blockade Kubas, so sagt er, soll weitergehen und er unterstützt die US-Militärhilfe für das repressive Regime Uribe in Kolumbien.

Obama rühmt sich damit, dass ein Großteil seines Wahlkampffonds durch kleine Einzelspenden (mit jeweils unter 200,- US-Dollar) zustande kam. Er hat aber auch Millionen von Dollar von Führungskräften der Wall Street und den Köpfen der Großkonzerne erhalten. Vertreter dieser einflussreichen Börsianer waren auf wöchentlicher Basis in Obamas Kampagneplanung einbezogen. Während die Basis für die Stimmen sorgte, lenkten die Vertreter der herrschenden Elite Obamas Politik.

Kandidaten der Großkonzerne

In Wahrheit wird die Präsidentschaftswahl im November wieder einmal ein Wettbewerb zwischen zwei Kandidaten der Großkonzerne sein: Rivalisierende Vertreter der zwei Pole aus Demokratischer bzw. Republikanischer Partei, die die US-Politik dominieren. Die Höhe der gespendeten Gelder für diesen Wahlkampf wird phänomenal sein. Während McCain bis Ende April 78,6 Mio. US-Dollar ausgegeben hat, legte Obama 225,5 Mio. US-Dollar auf den Tisch und Clinton 192 Mio. US-Dollar – und bis zum November werden noch viele Millionen Dollar mehr ausgegeben.

Kann Obama John McCain im November schlagen? Im Vorwahlkampf hat Hillary Clinton angedeutet, dass Obama ein Problem mit „männlichen weißen Arbeitnehmern“ hat – eine hemmungslos unterschwellige Reminiszenz an den „race factor“ (latent rassistische Anspielung auf Obamas Hautfarbe; Anm. d. Übers.). Bisher hat Obama nicht nur neun der zehn Bundesstaaten mit dem höchsten Anteil dunkelhäutiger Bevölkerung für sich entscheiden können, er gewann auch in sieben der zehn Bundestaaten mit dem höchsten Anteil hellhäutiger Bevölkerung. Die „Rasse“ mag auch im November eine Rolle spielen. Aber wenn Obama ökonomische und soziale Aspekte aufgreift – die für ArbeitnehmerInnen von entscheidender Bedeutung sind – kann er seine Unterstützung unter hellhäutigen Beschäftigten in besseren Arbeitsverhältnissen ausbauen.

Für einen Republikaner sollte es nach acht desaströsen Jahren unter Bush unmöglich sein, die Präsidentschaft zu gewinnen. Bisher wurde McCain als Rrivale Bushs betrachtet, als ein „Außenseiter“ unter den Republikanern mit liberalen Ansichten. Seit er aber die Wahlkmapfbühne betreten hat, ist McCain dennoch nach rechts gerückt und umwirbt seither schamlos die extreme Rechte der Republikaner.

Den Ansatz, gegen das Finanzkapital aufzutreten hat er fallen lassen (so z.B. die Begrenzung der Managergehälter). Er steht für die dauerhafte Einführung von Bushs Steuerkürzungen für Superreiche. Er unterstützt mit Begeisterung Bushs Vorstoß im Irak und befürwortet den „Kampf bis zum Sieg“. Er hat sich rigoros gegen sämtliche Gesetzesvorschläge zur Unterstützung der Hausbesitzer gestemmt, die als Ergebnis der Kreditkrise und des Hypotheken-Betrugs von Räumung bedroht sind.

Kurzum: McCain steht ziemlich genau für dieselben Dinge wie Obama und allem Anschein nach wird letzterer gewinnen.

Gibt es eine Alternative? Ralph Nader wird (mit Unterstützung vieler linker Grünen) wie 2000 und 2004 als unabhängiger Kandidat antreten. Nader ist eher ein radikaler Populist als ein Sozialist, der eine Kampagne gegen den Krieg, die Großunternehmen und für ArbeitnehmerInnen fährt. Seine große Stärke liegt darin, dass er unerbittlich die Dominanz des Zweigestirns aus Demokratischer und Republikanischer Partei angreift und das für die Demokraten ins Feld geführte Argument des „kleineren Übels“ ablehnt. Er spricht eine beträchtliche Schicht sich radikalisierender junger Menschen und ArbeiterInnen an, die eine echte Alternative suchen.

Die Schwäche Naders besteht jedoch darin, dass er nicht gewillt ist, seine Kampagnen (2000 erzielte er 2,8 Millionen Stimmen und 2,7 Prozent) als Startschuss zum Aufbau einer politischen Alternative zu nutzen. Diesmal kann Naders Stimmergebnis aufgrund der Begeisterung für Obama noch niedriger ausfallen.

Linke Massenpartei

Dennoch geht seine Kampagne in die Richtung, die auch dringend erforderlich ist: Eine linke Massenpartei gegründet auf Gewerkschaften, Bürgerinitiativen, Kampagnen der gesellschaftlichen Minderheiten etc., die der entrechteten Arbeiterklasse eine politische Stimme verleihen kann. Aus diesem Grund ruft unsere Schwesterorganisation in den USA, die Socialist Alternative, zur Wahl Naders auf.

Die November-Wahlen für die Präsidentschaft, den Kongress und die Parlamente der Bundesstaaten werden sehr wahrscheinlich vor einer allgemeinen Bewegung der US-Arbeiterklasse stattfinden. Dem 44. Präsidenten stehen aber stürmische Zeiten bevor. Die organische Krise des US-amerikanischen wie internationalen Kapitalismus wird starke Arbeiterbewegungen hervorrufen, die das demokratisch-republikanische Zweigestirn erschüttern und die US-Politik verändern werden. Auf welchem Weg auch immer: Die US-Arbeiterklasse wird eine politische Hauptrolle einnehmen.

In den letzten Jahren gab es schon einige wichtige Vorläufer der bevorstehenden Kämpfe: die organisierten Streiks der Hausangestellten und anderer Beschäftigter des Niedriglohnsektors; der New Yorker Verkehrs-Streik (2005); die explosive Bewegung für Migranten-Rechte (Mai 2006); oder die gewaltige antirassistische Kundgebung im September 2007 in Jena, Louisiana. Darüber hinaus wurden beim diesjährigen 1. Mai alle der 29 Häfen der Westküste durch einen Streik der International Longshore Workers’ Union (internationale Hafenarbeiter-Gewerkschaft; Anm. d. Übers.) aus Protest gegen den Irakkrieg komplett dicht gemacht – ein Vorgeschmack auf zukünftige Entwicklungen.

Homepage der Socialist Party: www.socialistparty.org.uk

Homepage von Socialist Alternative: www.socialistalternative.org