Wichtige Rolle der Socialist Party in der Nein-Kampagne
In Irland machten die Regierung, ein Großteil der parlamentarischen Opposition, Unternehmer- und Bauernverbände, Medien, Kirchen und viele Gewerkschaftsführer Propaganda für den Lissabon-Vertrag. Trotzdem stimmten 53,4 Prozent mit „Nein“. Jetzt rätseln Politiker und Medien, welche irischen Besonderheiten für das Ergebnis verantwortlich sind. Die banale Antwort: Die Iren durften abstimmen.
Wenn europaweit abgestimmt würde, gäbe es noch mehr Niederlagen für die EU-Politiker.
von Wolfram Klein, Plochingen bei Stuttgart
Die neoliberalen Lakaien der Konzernbosse in Politik und Medien schieben jetzt den irischen Lissabon-Gegnern reaktionäre Motive unter, um sie zu diskreditieren, indem die Rolle von Abtreibungsgegnern und einem Milliardär aufgebauscht werden. Tatsächlich vertrat die Kampagne gegen die EU-Verfassung (Campaign Against the EU-Constitution, CAEUC) eine linke und fortschrittliche Opposition, bei der die Ablehnung von Militarisierung und Privatisierung, die durch den Lissabon-Vertrag vorangetrieben werden, und die undemokratischen EU-Strukturen im Vordergrund standen.
Joe Higgins und die Socialist Party
Die Socialist Party (SP), die irische Schwesterorganisation der SAV, war ein wichtiger Teil der CAEUC und organisierte zugleich eigenständige Aktivitäten.
Joe Higgins, der für die SP 1997-2007 im irischen Parlament war, spielte eine solch große Rolle in der Nein-Kampagne, dass die Medienanalystin und Beraterin Terry Prone ihn als einen der zehn Gründe aufführte, warum die Nein-Seite gewann. In Podiumsdiskussionen (zum Beispiel im Mai im National Forum on Europe, wo sonst Promis wie Ex-Regierungschef Bertie Ahern reden) zerpflückte Joe Higgins die Argumente des Ja-Lagers.
Als einen Monat vorher bei einer Veranstaltung des selben Forums Angela Merkel sprach, konfrontierte er in der anschließenden Diskussion ihr Gefasel über Demokratie übrigens damit, dass sie gegen den Willen der großen Mehrheit der deutschen Bevölkerung Mindestlöhne, einen Abzug aus Afghanistan und ein Referendum über den Lissabon-Vertrag ablehnt und die Bahnprivatisierung vorantreibt.
Votum gegen Neoliberalismus
Die SP hat in ihrer Kampagne betont, dass der Vertrag die Privatisierung von Bereichen wie Bildung und Gesundheitswesen erleichtert und die Abwärtsspirale bei Löhnen und Arbeitsbedingungen verstärkt.
Regierung und Medien warfen dem Nein-Lager Panikmache vor. Da so Aussage gegen Aussage stand und auch in Irland die meisten Menschen den komplizierten Vertrag nicht durcharbeiten konnten, war das Nein auch eine Misstrauenserklärung der Bevölkerung an das politische Establishment.
Das „Nein“ ist ein schwerer Rückschlag für die neoliberale Politik im Dienste der Konzernprofite. Aber gerade weil es für sie um so viel geht, werden sie sich mit dieser demokratischen Entscheidung nicht einfach abfinden, sondern Wege suchen, sie zu unterlaufen. Der Kampf gegen die EU der Konzerne muss daher weiter gehen.