Kampf zur Rettung der Kliniken aufnehmen

Die Frage der Refinanzierung der Lohnerhöhung im Öffentlichen Dienst hat in aller Schärfe die Frage der Krankenhausfinanzierung aufgeworfen. „Der Deckel muss weg“ fordert ver.di richtigerweise. Die entscheidende Frage ist aber: Wie kann dieser Kampf erfolgreich geführt werden?


 

Für den 25. September ist eine bundesweite Demonstration geplant. Alle Fachbereiche in ver.di müssen dafür mobilisiert werden. Darüber hinaus sollte der DGB insgesamt, der Marburger Bund, Patientenselbsthilfeorganisationen, der Sozialverband VdK und DIE LINKE für diese Demonstration mobilisieren.

Doch wenn ver.di den Kampf auf eine gemeinsame Propaganda-Kampagne mit den Krankenhausträgern reduziert und sich den Gesundheitsbürgermeistern und Politikern unterordnet, wird sich nichts verbessern. Denn die Krankenhausmanager und ihre Freunde in der Politik schieben die Interessen von Krankenhaus-Beschäftigten und PatientInnen vor, um einzig und allein Spielräume für ihre eigenen Privilegien und Pfründe zu sichern.

Es geht aber vielmehr darum, wie viel Geld nötig ist, wofür es eingesetzt werden soll und wo man es holt. Und hier gibt es einen fundamentalen Interessensgegensatz zwischen den abhängig Beschäftigten und dem Kapital, das die Krankenhausmanager und Politiker der etablierten Parteien vertreten beziehungsweise dessen Teil sie sind.

Wie soll ver.di die Kampagne führen?

Daher muss ver.di eine unabhängige Kampagne mit klaren Zielen führen. Die Forderung nach sofortiger Neueinstellung von mindestens 100.000 Beschäftigten und einer tariflich abgesicherten Mindestbesetzung auf allen Stationen sowie allen Bereichen der Krankenhäuser ist dafür zentral. Nur mit einem bundesweitem Arbeitskampf der Krankenhaus-Beschäftigten, mit Unterstützung der arbeitenden Bevölkerung, ist ein solches Ziel durchsetzbar.

Eine tarifliche Mindestbesetzung oder Personalbemessung und ein Tarifvertrag, der dies regelt, ist ein wichtiger Schlüssel, um diesen Kampf zu führen. Damit würde ver.di in die Offensive gelangen. Mit einer Mobilisierung der Beschäftigten bis hin zu einem bundesweiten Streik könnte der nötige Druck aufgebaut werden. In allen ver.di-Gliederungen und in Krankenhäusern sollte die Forderung nach einem Tarifvertrag Personalbemessung daher unmittelbar aufgeworfen und entsprechende Anträge in der Gewerkschaft gestellt werden.

Dass ein landesweiter Streik in Kliniken möglich ist, haben erst am 24. Juni die Beschäftigten in Tschechien bewiesen. Dort streikten 30.000 Krankenhaus-Beschäftigte für einen Tag gegen die Privatisierung von Krankenhäusern und Krankenkassen (mit der Unterstützung von 40.000 ÄrztInnen und weiteren KrankenpflegerInnen).

Jeder Angriff vor Ort, wie der Abbau von Stellen in Krankenhäusern – was für die städtischen Kliniken Bremen angekündigt wurde –, muss mit Widerstand beantwortet und mit der bundesweiten Kampagne verbunden werden. Die anstehenden Verhandlungen für eine neue Entgeltordnung müssen damit verknüpft und genutzt werden, um das Lohnniveau der Krankenhaus-Beschäftigten deutlich anzuheben.

Örtliche und regionale Krankenhauskonferenzen könnten organisiert werden, in denen über inhaltliche Positionen, Forderungen und Protestaktionen diskutiert und entschieden wird. Personal- und Betriebsversammlungen könnten genutzt werden, um die Kampagne in den Krankenhäusern und darüber hinaus aufzubauen.

Bei der Demonstration im September muss ver.di deshalb weitere Kampfschritte bis hin zur Vorbereitung eines Krankenhausstreiks ankündigen und dafür die Unterstützung aller Gewerkschaften einfordern. In Massenflugblättern gilt es, die unmenschlichen Zustände in den Krankenhäusern anzuprangern und so die Forderungen nach dem Erhalt aller Kliniken, nach mehr Personal und besserer Bezahlung populär zu machen.

DIE LINKE

Um einen solchen Kampf zu gewinnen, ist auch die Partei DIE LINKE gefordert, das Thema Pflegenotstand aufzugreifen und eine offensive Kampagne gegen das kapitalistische Gesundheitswesen insgesamt zu führen. Die Linkspartei kann ins öffentliche Bewusstsein rufen, dass das Geld für Investitionen in Krankenhäuser, für die Schaffung von mindestens 100.000 Stellen und für eine bessere Bezahlung im Überfluss vorhanden ist.

Laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung betrug das private Geldvermögen in Deutschland im Jahr 2006 insgesamt 5,4 Billionen Euro. Wenn mit einer Reichensteuer das obere Drittel dieses Vermögens abgeschöpft würde, wären Bund, Länder und Kommunen auf einen Schlag schuldenfrei. Darüber hinaus wären 300 Milliarden Euro übrig. Zusätzlich würden 65 Milliarden Euro Zinsen, die die Banken jährlich für die Staatsverschuldung einsacken, eingespart.

Union und SPD unter Druck

Die Angriffe der Kohl-Regierung auf das Gesundheitswesen haben im Juni 1996 zu einer Massendemonstration von 500.000 und zwei Jahre später zur Abwahl der Regierung geführt.

Auch die Merkel-Regierung steht heute unter enormem Druck – aufgrund der öffentlichen Debatte über den Pflegenotstand, aufgrund der Kampagne gegen den Deckel, aufgrund der Existenz der LINKEN und aufgrund der Bundestagswahl 2009. Das widerspiegelt sich im Ruf nach mehr Geld für Krankenhäuser von Politikern der etablierten Parteien, in der Bundesratsinitiative von CDU-regierten Ländern gegen den Krankenhausdeckel, im Gezerre um den Risikostrukturausgleich des Gesundheitsfonds und in der Ankündigung von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD), die Krankenkassen zu einem Sonderprogramm von „einigen Hundert Millionen Euro“ für 21.000 zusätzliche Pflegekräfte zu verpflichten. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Herrschenden ihre Absicht, das Gesundheitssystem auf Profitproduktion umzustellen, weiterverfolgen. Eine entschlossene Kampagne zur Rettung der Krankenhäuser würde auch in Konflikt mit den aktuellen Plänen der Bundesregierung geraten. Dieser Konflikt muss ausgetragen werden.

Die geplanten Gesetzesänderungen und der Gesundheitsfonds müssen unmittelbar gekippt werden. Das kann aber nur der Anfang sein für einen erfolgreichen Kampf für ein Gesundheitswesen, in dem der Mensch und nicht der Profit zählt. n

Ursel Beck ist gewerkschaftspolitische Sprecherin der SAV

Forderungen der SAV

Weg mit dem Budgetdeckel – für eine bedarfsgerechte Finanzierung

Deckung des unmittelbaren Milliardendefizits

Keine Erhöhung der Krankenkassenbeiträge für abhängig Beschäftigte

Finanzierung durch massive Besteuerung von Vermögen der Reichen und von Profiten der Konzerne und Banken

Zur Behebung des Investitionsstaus von 50 Milliarden Euro muss ein Fünf-Jahresprogramm von je zehn Milliarden aufgelegt werden. Dieses Programm muss durch die Länder finanziert und kann über eine Vermögenssteuer von ein Prozent auf Vermögen über 500.000 Euro aufgebracht werden

Weg mit Fallpauschalen – Finanzierung nach Bedarf

Nein zur Einführung des Gesundheitsfonds

Mehr Personal, höhere Löhne, kürzere Arbeitszeiten

Für ein von der Bundesregierung finanziertes Sofortprogramm von vier Millliarden Euro zur Neueinstellung von 100.000 Krankenhaus-Beschäftigten als erster Schritt für eine optimale Patientenversorgung und gesunde Arbeitsbedingungen für alle Berufsgruppen

Demos können nur ein Anfang sein. Kampf für mehr Stellen über die Organisierung von bundesweiten Streiks durch ver.di. Dies kann durch die Forderung nach einer tarifvertraglich geregelten Personalbemessung ermöglicht werden

Statt Arbeitszeitverlängerung: 35-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich als erster Schritt zu weiterer Arbeitszeitverkürzung

Eine Ausbildungsquote von zehn Prozent und garantierte Übernahme aller Azubis

Für einen Mindestlohn von zehn Euro pro Stunde als erster Schritt zu zwölf Euro pro Stunde

Keine weitere Absenkung des Lohnniveaus durch die neue Entgeltordnung. Stattdessen Kampf für eine Anhebung und Korrekturen am TVÖD

Nein zu Leiharbeit und Outsourcing

Öffentliches Eigentum statt Profitwirtschaft

Keine weiteren Privatisierungen. Rücküberführung aller privatisierten Krankenhäuser und medizinischen Einrichtungen in öffentliches Eigentum

Profithaie stoppen: Überführung der Pharma-, Bio- und Gentechnik-Konzerne sowie der Medizingeräteindustrie, Krankenhauskonzerne und privaten Krankenversicherungen in öffentliches Eigentum

Demokratische Kontrolle und Verwaltung durch gewählte VertreterInnen der Beschäftigten und der arbeitenden Bevölkerung

Nein zur Zweiklassenmedizin – Gesundheit für alle

Optimale und ganzheitliche Behandlung aller PatientInnen entsprechend den medizinischen Möglichkeiten

Schaffung von integrierten staatlichen Gesundheitszentren (Polikliniken) für eine bessere medizinische Versorgung und die Zusammenarbeit von Ärzten und Therapeuten

Präventive Gesundheitsversorgung in allen Bereichen der Gesellschaft

Schluss mit der Konkurrenz unter den Krankenkassen. Zusammenführung aller Krankenkassen zu einer einzigen öffentlichen Krankenkasse bei Arbeitsplatzgarantie für alle Beschäftigten und unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung durch Belegschaftskomitees und von VertreterInnen der arbeitenden Bevölkerung

Keine überbezahlten und korrupten Manager in Krankenhäusern, Gesundheitsämtern, Krankenkassen und sonstigen Gesundheitseinrichtungen. Demokratische Wahl aller Personen mit Leitungsfunktionen durch Beschäftigte und PatientInnen. Kontrollrecht und Recht zur jederzeitigen Abwahl

Für eine sozialistische Gesellschaft, in der nach den Bedürfnissen von Mensch und Umwelt produziert wird, Krankheiten vermieden beziehungsweise optimal geheilt werden