Siemens, Ackermann & Co: Kein Kapitalismus ohne Korruption

Es ist etwas faul in dieser Gesellschaft: Siemens schafft Bestechungsgelder in dreistelliger Millionenhöhe beiseite und entlässt gleichzeitig weiter Beschäftigte. Höchstrichterlich wurde festgestellt, dass der Mensch von 345 Euro im Monat leben können muss und ebenso höchstrichterlich wird das Verfahren gegen Ackermann gegen die Zahlung von drei Monatsgehältern – 3,2 Millionen Euro – eingestellt.
 

Das Motto kapitalistischer Justiz: Die Kleinen hängt man und die Großen lässt man laufen. Allzu wörtlich hat das der wegen Betrug im Berliner Bankenskandal angeklagte frühere Aubis-Manager Christian Neuling genommen. Er schaffte kürzlich einen Marathon in viereinhalb Stunden – war aber aus gesundheitlichen Gründen ein halbes Jahr zuvor für prozessunfähig erklärt worden.

von Sascha Stanicic, Berlin

Kein Wunder, dass 51 Prozent in einer Meinungsumfrage ihre Unzufriedenheit mit der Demokratie äußerten (ARD-Deutschlandtrend). Doch die wachsende Skepsis gegenüber dem bestehenden politischen System hat weniger mit einer Ablehnung von demokratischen Rechten zu tun, als mit der Tatsache, dass die kapitalistische Demokratie wenig demokratisch ist. Denn von Volksherrschaft kann keine Rede sein in einer Gesellschaft, die durch Kapitalmacht, Korruption, Ausgrenzung, Bildungsnotstand und Armut gekennzeichnet ist.

Kapitalisten beherrschen den Staat

Politiker sind abgehoben, verdienen ein Vielfaches des Durchschnittslohns und sind in der Regel durch Aufsichtsratsmandate und andere Funktionen eng mit der Kapitalistenklasse verbunden. Diese Klasse besetzt durch ein ausgeklügeltes System von Bildungsprivilegien, Seilschaften und Korruption die entscheidenden Positionen in Staat und Justiz mit ihren Leuten. Und in der Wirtschaft hört Demokratie ohnehin am Betriebstor auf. Mitbestimmungsrechte der Betriebs- und Personalräte sind begrenzt und sollen diese verpflichten, die Profitlogik anzuerkennen.

Für sozialistische Demokratie

Wirkliche Demokratie kann es in einer Gesellschaft, in der eine kleine Minderheit Eigentümerin von Fabriken und Konzernen ist, nicht geben. Denn wenn die Mehrheit tatsächlich das Sagen hätte, würden keine Entscheidungen mehr im Interesse einer Minderheit getroffen. Die aus ihrem Eigentum an Kapital erwachsende Macht nutzen die Unternehmer und Großaktionäre, um demokratische Entscheidungsprozesse in der Gesellschaft zu verhindern. Korruption ist dabei ein zentrales Mittel. Deshalb müssen die Geschäftsbücher in allen Unternehmen offen gelegt werden und demokratisch gewählte BelegschaftsvertreterInnen die Möglichkeit haben, die Finanzströme jederzeit zu kontrollieren. Im Justizwesen sollten Richter wähl- und abwählbar sein.

Letztlich bedarf es aber einer Veränderung der Eigentumsverhältnisse in der Wirtschaft. Nur wenn die Kapitalkonzentration in wenigen Händen beendet wird, kann auch die Konzentration von politischer Macht in wenigen Händen beendet werden. Deshalb brauchen wir die Überführung von Banken, Konzernen und Versicherungen in öffentliches Eigentum und eine demokratische Kontrolle und Verwaltung durch die Beschäftigten und gewählte VertreterInnen der arbeitenden Bevölkerung. Das wäre der erste Schritt zu einer sozialistischen Demokratie, in der nicht Profitinteressen im Mittelpunkt stehen, sondern Mensch und Natur. l

Sascha Stanicic ist Bundessprecher der SAV