„Der Staat ist verpflichtet zu verhindern, dass Familienväter und Frauen arbeitslos werden, weil Fremdarbeiter ihnen zu Billiglöhnen die Arbeitsplätze wegnehmen.“ Dieser Satz, gesprochen von Oskar Lafontaine auf einer Kundgebung in Chemnitz am 14. Juni diesen Jahres, hat eine heftige Debatte in den Medien sowie in WASG und PDS ausgelöst.
Bürgerliche Medien und Politiker der etablierten Parteien haben Lafontaine aufgrund der Verwendung des Begriffs „Fremdarbeiter“ die Benutzung von „Nazi-Jargon“ vorgeworfen. Solche Vorwürfe von Kräften, die selber für ausländerfeindliche Schlagzeilen und diskriminierende Politik verantwortlich sind, ist reine Heuchelei. Ziel ist die Diskreditierung von Lafontaine und dem Wahlbündnis aus WASG und PDS.
Das bedeutet nicht, dass Lafontaines Wortwahl ignoriert werden sollte. In seinem neuen Buch hat Lafontaine viele Seiten über die Rolle der Sprache in der Politik geschrieben. Er ist zweifelsfrei ein Mann, der seine Worte sorgfältig auswählt. Jetzt wirft er seinen KritikerInnen „Begriffsakrobatik“ vor. Das ist ein reichlich unsensibler Umgang für einen Politiker, der doch so viel Wert auf die Sprache legt. Der Begriff „Fremdarbeiter“ weckt Erinnerungen an Nazi-Deutschland. Deshalb sollte er nicht benutzt werden. Lafontaine hätte sich öffentlich korrigieren sollen. Auf der anderen Seite ist nicht jeder, der ihn benutzt, ein Nazi oder versucht sich an solche anzulehnen.
Ein türkischer IG Metall-Kollege wies darauf hin, dass der Begriff in Betrieben häufig benutzt wird und damit KollegInnen aus sogenannten Fremdfirmen gemeint sind.
Seit der Kundgebung in Chemnitz wird versucht, der WASG eine Nähe zu rechtsextremistischen Organisationen und Inhalten zu unterstellen. Auch die NPD hat reagiert und behauptet, sie wolle die WASG unterwandern, weil sie an ihrer Basis Sympathie für ihre nationalistischen Ideen vermutet. Thomas Händel und andere Vorstandsmitglieder der WASG haben richtigerweise darauf hingewiesen, dass diese Unterstellungen Unfug sind. Die WASG hat sich auf einem antifaschistischen und antirassistischen Grundkonsens gebildet. Beim Dortmunder Bundesparteitag im Mai rief Joachim Bischoff vom WASG-Bundesvorstand unter großem Applaus aus, die Partei sei nach links offen und nach rechts geschlossen. Programm und Satzung sind in dieser Frage eindeutig.
Ausländerfeindlicher Inhalt
Die wirklich interessante und notwendige Diskussion wird aber leider kaum geführt. Dringend geboten ist eine Debatte über den Inhalt von Oskar Lafontaines Aussage und die sich daraus ergebende Ausländer- und Migrationspolitik. Hätte er gesagt, „der Staat ist verpflichtet zu verhindern, dass Familienväter und Frauen arbeitslos werden, weil Arbeitskräfte aus Osteuropa ihnen zu Billiglöhnen die Arbeitsplätze wegnehmen“, hätte kein Politiker der neoliberalen Allparteienkoalition sich beschwert und der BILD-Zeitung wäre dieser Satz keine Schlagzeile wert gewesen.
In der WASG hätte diese, inhaltlich identische, Aussage aber genauso für Diskussion und Widerspruch sorgen müssen, wie Lafontaines Fremdarbeiter-Zitat. Denn der Inhalt dieser Aussage ist ausländerfeindlich und schürt Ressentiments gegen ImmigrantInnen und er ist falsch!
Es ist nicht zu bestreiten, dass in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigte ArbeitnehmerInnen (egal ob sie deutscher oder nichtdeutscher Abstammung sind) in den letzten Jahren vermehrt ihren Arbeitsplatz verloren haben, weil entweder ihre Betriebe nach Osteuropa verlagert wurden oder osteuropäische Arbeitskräfte zu deutlich niedrigeren Löhnen beschäftigt wurden. Nach Angaben der Gewerkschaft NGG sind in der Fleischindustrie seit 2001 auf diesem Weg 26.000 ArbeiterInnen arbeitslos geworden. Die Verantwortung für diese Arbeitsplatzvernichtung liegt jedoch nicht bei den osteuropäischen Kolleginnen und Kollegen, die die Stellen für Billiglöhne besetzt haben.
Sie liegt offensichtlich einerseits bei einer Europäischen Union, deren Ziel es ist, mittels Deregulierung, Abbau von Arbeitnehmerrechten und Durchsetzung von Freihandel den kapitalistischen Unternehmen bestmögliche Bedingungen zur Profitmaximierung zu ermöglichen. Durch die Schaffung eines deregulierten Arbeitsmarktes wird die Konkurrenz zwischen den Beschäftigten angeheizt. Die sogenannte Niederlassungsfreiheit ermöglicht es Scheinselbständigen überall tätig zu werden.
Andererseits sind die Unternehmen verantwortlich, die entscheiden deutsche, türkische, italienische, serbische ArbeiterInnen zu entlassen und polnische oder tschechische Lohnarbeiter zu Niedrigstlöhnen einzustellen oder Scheinselbständige als Subunternehmer zu engagieren und auszubeuten. Diese Bosse nehmen den „Familienvätern und Frauen“ die Arbeitsplätze weg, nicht der Kollege aus Krakau oder Prag.
Ablenkung
Jürgen Elsässer hat in einem Artikel in der jungen Welt vom 18./19. Juni darauf hingewiesen, dass die deutschen Kapitalisten an dieser Situation doppelt verdienen: indem sie auf den osteuropäischen Markt vordringen und gleichzeitig osteuropäische Arbeitskräfte als Lohndrücker missbrauchen können: „Es gibt Schlimmeres als Anklänge an die Naziterminologie, und das sind Anklänge an die Nazipraxis: Osteuropa wird heute geplündert, und seine Bewohner als billige Arbeitstiere vernutzt, als hätte es niemals einen 8. Mai 1945 gegeben. So stieg in Polen nach dem EU-Beitritt im Mai 2004 die Arbeitslosigkeit auf die EU-Rekordmarke von 19,2 Prozent. Kein Wunder: Die deutschen Supermarktketten ruinieren mit billigen Agrarimporten aus der Alt-EU die polnische Landwirtschaft, die Westmultis kaufen die Staatskombinate zum Schnäppchenpreis und filetieren die Belegschaft. Was bleibt den armen Teufeln anders übrig, als westlich der Oder nach Jobs zu suchen, die sie zu Hause nimmer mehr bekommen werden?“
Lafontaines Aussage hat leider dieselbe Wirkung, wie die ausländerfeindlichen Parolen der Neofaschisten – sie lenkt ab von den wahren Verantwortlichen für Massenarbeitslosigkeit und Niedriglöhne. Auf dem Landesparteitag der WASG in Nordrhein-Westfahlen nahm Oskar Lafontaine allerdings eine wichtige Klarstellung vor: „Lohndrücker sind nicht die Leute, die hier rein kommen, sondern die Leute hier, die davon profitieren.“ Diese Haltung könnte man als notwendige Klarstellung positiv zur Kenntnis nehmen – wenn da nicht seine sonstigen Positionen zu Fragen des Asylrechts und der Einwanderung wären.
Er hat am 4. August 2004 in der BILD-Zeitung die Vorschläge Otto Schilys zur Einrichtung von Internierungslagern für Flüchtlinge in Nordafrika zugejubelt. Diese Lager sollen verhindern, dass Flüchtlinge nach Europa kommen.
In seinem neuen Buch „Politik für Alle“ spricht er sich gegen weitere Zuwanderung aus und verteidigt implizit die faktische Abschaffung des Asylrechts durch eine Grundgesetzänderung im Jahr 1993. „Im Präsidentschaftswahlkampf 2004 sprachen Bush und Kerry ihre Wähler auch schon auf Spanisch an. Da fragt man sich, wann Spitzenpolitiker in Europa bei Wahlkämpfen die Zuwanderer in ihrer Heimatsprache umwerben.“ und „Die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit, Armut und gesellschaftlicher Ausgrenzung ist eine Voraussetzung, um das friedliche Zusammenleben von Menschen zu ermöglichen, die aus unterschiedlichen Kulturkreisen stammen. In einem Land hoher Arbeitslosigkeit ist es deshalb fahrlässig und töricht, eine weitere Zuwanderung zu fordern.“ Das sind Sätze, mit denen Lafontaine denselben Eindruck erweckt, den bürgerliche Politiker der etablierten Parteien und die Faschisten erwecken wollen: Die ausländische Bevölkerung in der Bundesrepublik ist eine Ursache für soziale Probleme. Dies dient in letzter Konsequenz dazu von den wahren Verantwortlichen für diese sozialen Probleme abzulenken: Regierungen, Banken, Konzernen und dem kapitalistischen System, das sie vertreten. Folge ist auch die Spaltung der Arbeiterklasse (egal ob mit oder ohne Job) entlang nationaler Linien.
Nationale Politik
Lafontaines Position zur Flüchtlings- und Migrationspolitik steht in einem direkten Zusammenhang zu seinen wirtschaftspolitischen Vorstellungen. Seine anti-neoliberalen Positionen setzen der kapitalistischen Globalisierung weniger einen „Internationalismus von unten“ entgegen als nationalstaatliche bzw. regionalistische Positionen, zum Beispiel die Forderungen gegen Zuwanderung bzw. seine Aussagen für einen deutsch-französischen Staatenbund. Damit verbreitet er die Illusion, dass Protektionismus und Abschottung zur Lösung der sozialen Probleme beitragen könnten.
Das bedeutet nicht, dass es falsch wäre, mit Lafontaine gemeinsam gegen die Agenda 2010, Hartz IV, Lohnkürzungen und den Abbau von Arbeitnehmerrechten zu kämpfen. Aber eine WASG mit Lafontaine braucht einen starke innerparteilichen linken Flügel, der entschlossen einfordert, dass Lafontaine und die WASG-Führung Aussagen unterlassen, die zur Spaltung der Arbeiterklasse entlang nationaler Linien genutzt werden können und der einen Kampf gegen nationalistische Ideen führen kann.
Es ist eine Tatsache, dass viele Menschen in der Bundesrepublik ähnlich denken wie Lafontaine. Dies trifft übrigens nicht nur auf Deutsche zu. Auch türkische oder griechische BürgerInnen, oftmals in der zweiten oder dritten Generation und mit deutscher Staatsangehörigkeit hier lebend, haben Vorurteile gegen Flüchtlinge aus Afrika oder ArbeitsmigrantInnen aus Osteuropa. Deshalb hilft es nicht, wenn man auf solche ängste und Vorurteile mit moralischer Empörung reagiert und schnell den Rassismus-Vorwurf erhebt. Nötig sind Aufklärung über die wahren Verhältnisse, Argumente und ein Programm gegen Arbeitslosigkeit, Billiglöhne und Armut.
Mindestlöhne reichen nicht
Für die in Deutschland lebenden AusländerInnen vertritt die WASG eine klare und gute Position: gleiche Rechte für Alle! Doch wie geht man mit Flüchtlingen, osteuropäischen Schwarzarbeitern und Scheinselbständigen und anderen Einwanderern um?
Eine Antwort ist die Forderung nach gesetzlichen Mindestlöhnen. Diese ist richtig und muss durchgesetzt werden. Gesetzliche Mindestlöhne sind aber kein Ersatz für den Kampf für hohe Tariflöhne und für die Verteidigung des Flächentarifs. Das Zurückweichen der Gewerkschaftsführungen vor den Unternehmern in dieser Frage muss ein Ende haben!
Mindestlöhne sind aber nur ein Teil der Antwort. Die schon erwähnte Niederlassungsfreiheit in der EU führt dazu, dass viele osteuropäische Arbeitskräfte formal nicht als Lohnarbeiter, sondern als Selbständige von den Unternehmern in Deutschland eingesetzt werden. Gesetzliche Mindestlöhne würden in diesem Fall nicht greifen. Deshalb ist es nötig erstens durch gewerkschaftlichen Kampf durchzusetzen, dass sogenannte Subunternehmer nach den existierenden Tarifvertragen genauso entlohnt und sozialversichert werden müssen, wie lohnabhängig Beschäftigte. Zweitens sollte gefordert werden, dass öffentliche Aufträge nur an Firmen vergeben werden, die nach Tarif bezahlen. Drittens muss gegen Scheinselbständigkeit auch bei nichtdeutschen „Subunternehmern“ vorgegangen werden. Liegt Scheinselbständigkeit vor, dann muss der Arbeitnehmer automatisch eine feste und tarifvertraglich abgesicherte Anstellung erhalten, wenn er überwiegend für ein und dasselbe Unternehmen tätig ist.
Angesichts der zu erwartenden Politik der nächsten Bundesregierung – unabhängig von ihrer Zusammensetzung – sollte jedoch nicht auf Gesetzesänderungen gewartet werden. Nötig ist es, den gemeinsamen Kampf für menschenwürdige und hohe Löhne zu führen – und zwar in Deutschland und in Osteuropa. Die Gewerkschaften sollten sowohl hier die ausländischen KollegInnen nicht als Gegner behandeln, sondern sie versuchen, zu organisieren und gleichzeitig Verbindungen zu Gewerkschaften in Polen, Tschechien und anderen Ländern intensivieren und diese beim Kampf für höhere Löhne unterstützen. Denn je schneller sich die Löhne in diesen Ländern angleichen, desto weniger können Verlagerungen bzw. Beschäftigung osteuropäischer ArbeiterInnen zur „Kostensenkung“ von Unternehmern genutzt werden.
Kämpfen ist möglich
Dies ist sehr wohl möglich, wie zwei Beispiele der jüngeren Vergangenheit zeigen.
Die Beschäftigten beim österreichischen Multi Mondi/Neusiedler im slowakischen Ruzomberok gründeten eine unabhängige Gewerkschaft und kämpften für höhere Löhne. Einige der Arbeiter wurden daraufhin entlassen. Die neue Gewerkschaft ZOO Papier organisierte eine Solidaritätskampagne, an der sich auch verschiedene Sektionen des Komitees für eine Arbeiterinternationale (vor allem in Tschechien und österreich) beteiligten. Der Druck der internationalen Protestkampagne führte zumindest dazu, dass die entlassenen Arbeiter nun per Gerichtsbeschluss wieder eingestellt werden müssen.
Einen enormen materiellen Erfolg konnten die in Irland beschäftigten türkischen Gastarbeiter der türkischen Baufirma GAMA erzielen. Diese wurden zu Niedrigstlöhnen auf Baustellen in Irland beschäftigt. Statt der zugesagten acht Euro pro Stunde erhielten sie 2,20 Euro. Die Socialist Party und ihr Parlamentsabgeordneter Joe Higgins deckte den Fall auf und organisierte eine Protestkampagne, die zum Streik der GAMA-Arbeiter führte. Diese erreichten die Auszahlung der ausstehenden Löhne und von ebenfalls nicht gezahlten Überstundenzuschlägen. 40 Millionen Euro erkämpften sich die Arbeiter durch entschlossenes Handeln und zeigten, dass es sich lohnt zu kämpfen. An solchen Kämpfen sollten sich die Gewerkschaften des Europäischen Gewerkschaftsbundes ein Beispiel nehmen und ihre Millionen Mitglieder in West- und Osteuropa in gemeinsamen Kämpfen für einheitliche Mindestlöhne zusammen bringen.
Arbeiterkontrolle
Gleichzeitig wird deutlich, dass sich auch die Frage stellt, wer in den Betrieben und auf den Baustellen die Kontrolle über Einstellungen, Auftragsvergabe, Einhaltung von Tarifverträgen, Lohnauszahlungen, Sicherheitsstandards und ähnlichem ausübt. Unter der Kontrolle der privaten Eigentümer werden diese Fragen immer nach dem Gesichtspunkt der Profitmaximierung entschieden. Die Gewerkschaften sollten die Forderung nach Gewerkschafts- und Belegschaftskontrolle über die Produktion, die über die begrenzten Mitbestimmungsrechte hinausgeht, aufstellen.
Für die sozialistische Vereinigung Europas
Auf der anderen Seite wird deutlich, dass diese Probleme nicht auf der gewerkschaftlichen Ebene alleine gelöst werden können, sondern politische Lösungen her müssen. Der Kampf gegen eine neoliberale Europäische Union, die von den Kapitalisten der europäischen Staaten vor allem dazu genutzt wird Deregulierungsmaßnahmen durchzusetzen, muss dabei eine zentrale Rolle spielen. Aber der Kampf gegen diese EU darf nicht unter dem Banner der Nationalstaaten und des Protektionismus geführt werden. Er muss geführt werden auf einer antikapitalistischen Grundlage – gemeinsam von den ArbeiterInnen, Erwerbslosen und der Jugend der Länder der EU. Dazu bedarf es einer sozialistischen Perspektive, also der Perspektive auf eine Vereinigung Europas auf neuer Grundlage: Kooperation statt Konkurrenz, öffentliches Eigentum statt Privatisierungen, sinnvolle Planung statt Anarchie des Marktes. Dies wäre ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Lösung der globalen Probleme und zu einer sozialistischen Welt.
Frage der Zuwanderung
Der Gedanke, die Schließung der Grenzen könne Arbeitsplätze in der Bundesrepublik sichern ist falsch und töricht. Die Ursache für Entlassungen und Massenarbeitslosigkeit sind sowohl die Profitgier als auch die Krise des kapitalistischen Systems. Obwohl die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten ImmigrantInnen heute nicht größer ist als zu Beginn der 70er Jahre, gibt es heute über fünf Millionen Arbeitslose – eine für die Kapitalisten willkommene industrielle Reservearmee, die zur Lohndrückerei genauso eingesetzt wird, wie illegale Einwanderer oder legale Scheinselbständige aus Osteuropa.
Das Motto des Kapitalismus ist: Grenzen dicht für Menschen in Not – Grenzen auf für freien Kapitalverkehr, Verlagerung von Betrieben und Ausbeutung. Auch deshalb wird eine Schließung der Grenzen keine Arbeitsplätze sichern, denn die Ausnutzung der billigeren Arbeitskräfte in Osteuropa oder Asien wird von den Konzernen durch Verlagerungen weiter betrieben. Auch hier kann nur ein massenhafter Widerstand der Beschäftigten den Erhalt aller Betriebe und aller Arbeitsplätze erreichen wenn es nicht anders geht durch die Überführung in Gemeineigentum solcher Betriebe, die Entlassungen und/oder Verlagerungen durchführen.
Zuwanderung und Flüchtlingsströme sind ohnehin nicht zu verhindern. Solange es Kriege, Umweltkatastrophen, Armut und Hunger auf der Welt gibt, werden immer wieder Menschen sich gezwungen sehen, ihre Heimat zu verlassen und ihr Glück bzw. ihr Überleben in anderen Ländern zu suchen.
Die stereotype Frage des rechten Establishments „wollt Ihr denn, dass die Armen der ganzen Welt hierhin kommen?“ ist dreifach zu verneinen. Erstens wollen die Armen der Welt nicht hierhin, sie würden es vorziehen in ihrer Heimat zu bleiben. Zweitens schaffen es die wenigsten der Armen der Welt bis nach Europa, die übergroße Anzahl der Flüchtlinge bleibt in Afrika und Asien. Drittens ist es nötig dafür zu sorgen, dass sie nicht ihre Heimat, sondern ihre Armut verlieren. Es müssen also die Fluchtursachen statt der Flüchtlinge bekämpft werden.
Die Fluchtursachen bestehen auch in Ausbeutung der südlichen Länder und Osteuropas durch die imperialistischen Staaten, in Unterdrückung durch vom Westen gestützte Regime und in Naturkatastrophen, gegen deren Folgen zu wenig unternommen wird.
Geschlossene Grenzen und entsprechend scharfe Kontrollen führen nur zu einem Boom für Schlepperbanden und zu Todesfällen bei riskanten Versuchen die Grenze zu überqueren. Auch in den USA konnte die Mauer zwischen Kalifornien und Mexiko die fortgsetzte Zuwanderung aus Lateinamerika nicht stoppen. Illegale Einwanderer sind aufgrund ihrer Rechtlosigkeit besonders leicht zu erpressen und als Lohndrücker einzusetzen. Deshalb ist es im Interesse aller ArbeitnehmerInnen, dass alle hier lebenden Kolleginnen und Kollegen gleiche Rechte bekommen. Denn gleiche Rechte sind eine wichtige Voraussetzung gegen Spaltung und für gemeinsamen Widerstand.
Ein Programm gegen Rassismus und für Arbeitereinheit:
Rücknahme der Agenda 2010, Hartz I bis IV und aller Sozialkürzungen
Schluss mit Stellenstreichungen und Betriebsschließungen
öffentliche Investitionen und Neueinstellungen in den Bereichen Umwelt, Bildung und Soziales; Finanzierung mit den Milliardengewinnen der Banken und Konzerne und mit den Geldern, die sich in den Taschen der Superreichen befinden
Für eine drastische progressive Besteuerung von Gewinnen und Vermögen
Verteilung der Arbeit auf alle: Für die Einführung der 30-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich als ersten Schritt
Mindestsicherung/Mindeseinkommen von 750 Euro netto plus Warmmiete; Mindestlohn von Brutto 2.000 Euro im Monat für eineN VollzeitbeschäftigteN beziehungsweise 12 Euro brutto pro Arbeitsstunde
Gleicher Lohn in Ost und West; Anpassung der Ost-Löhne an die West-Löhne
Nein zu Privatisierungen – Rückverstaatlichung privatisierter Betriebe
Bekämpfung der Fluchtursachen statt der Flüchtlinge: Stopp von Aufrüstung und Waffenexporten – Überführung der Rüstungsindustrie in öffentliches Eigentum und Umstellung auf zivile Produktion; sofortige Streichung der Schulden der armen Länder, Kampf gegen WTO, IWF und Weltbank
Einführung eines uneingeschränkten Asylrechts
Keine Abschiebungen, Auflösung der Abschiebeknäste, Bleiberecht für alle hier lebenden Menschen
Weg mit allen speziellen Ausländergesetzen
Für Reisefreiheit und Wohnrecht für alle Menschen
Weg mit den Anti-Terror-Gesetzen, die nach dem 1.. September 2001 eingeführt wurden
Bezahlbare Wohungen für alle, Auflösung von Sammelunterkünften, stattdessen menschenwürdige Unterbringung aller Flüchtlinge
Kostenlose Sprachkurse für Nichtdeutsche
Volles Wahlrecht und gleiche Rechte für alle hier lebenden Menschen
Keine Plattform für Faschisten in den Medien
Keine Vermietung öffentlicher Räume an faschistische Organisationen
Verhinderung von faschistischen Aktivitäten durch Massenmobilisierungen von Gewerkschaften, der WASG und anderen linken Organisationen, von ImmigrantInnen-Organisationen und der antifaschistischen Bewegung
Aufbau von gut organisierten und ausgerüsteten Ordnerdiensten, um antifaschistische
Mobilisierungen zu schützen und um ein Eingreifen von Faschisten bei sozialen Protesten zu verhindern
Für kämpferische und demokratische Gewerkschaften, gegen Standortlogik und Co-Management; durchschnittlicher Facharbeiterlohn für FunktionärInnen
Überführung der Banken, Konzerne und Versicherungen in Gemeineigentum, demokratische, Kontrolle und Verwaltung durch die arbeitende Bevölkerung
Statt überbezahlter und korrupter Manager und Bürokraten in Wirtschaft und Verwaltung: durchschnittlicher Facharbeiterlohn und jederzeitige Wähl- und Abwählbarkeit aller Personen in Leitungsfunktionen
Statt Produktion für den Profit – Planung der Produktion nach den Bedürfnissen von Mensch und Natur
Sascha Stanicic, SAV-Bundessprecher (Berlin)