WASG tritt auf Listen der „Linkspartei“ zur Bundestagswahl an

Ausblick auf den Wahlkampf nach dem Bundesparteitag der Wahlalternative – Arbeit und soziale Gerechtigkeit am 3. Juli in Kassel
 
„Wir sind die einzige Partei, die beim Sozialabbau Widerstand leistet“, hielt Oskar Lafontaine, in Nordrhein-Wesfalen nominierter Spitzenkandidat der WASG zur vorgezogenen Bundestagswahl, auf dem Bundesparteitag der WASG am 3. Juli in Kassel fest. Die über 300 Delegierten folgten – mit unterschiedlicher Kritik – dem Vorschlag des Bundesvorstandes, auf den offenen Listen der in „Linkspartei“ umbenannten PDS zu kandidieren. Nach der WASG-internen Urabstimmung in der kommenden Woche wird feststehen, dass bei den Bundestagswahlen im September eine linke Kraft zur Wahl steht, geführt von Lafontaine und Gysi. Millionen � aktuell wird die Linkspartei bei elf Prozent der Wahlberechtigten taxiert � hoffen mit ihr auf eine linke Alternative zum Einheitsbrei der neoliberalen Parteien, gegen jede Form von Sozialkahlschlag.
Auch die Reaktionen der etablierten Parteien zeigen: Diese Kraft verändert die politische Landschaft. Der niedersächsische Ministerpräsident, Christian Wulff, sprach von einer �Radikalisierung der politischen Auseinandersetzung� durch die neue Linkspartei. CDU-Generalsekretär Volker Kauder warf dem SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering vor, die Zerfaserung der SPD am linken Rand nicht im Griff zu haben (Handelsblatt.com, 4. Juli). SPD und Grüne zetern über �alte Konzepte� und �Populismus�. Sie gehen sogar so weit, die neue Linkspartei auf der Grundlage von Lafontaines �Fremdarbeiter�-Äußerungen in die Ecke der Neonazis zu rücken.
Diese Angriffe werden sicherlich noch zunehmen. Denn eine Linkspartei, die den Kampf gegen Kahlschlag und Kürzungen aufnimmt, ist so ziemlich das Ätzendste, was sich die Konzerne und ihre politischen Vertreter aktuell vorstellen können.
Mit Schröders letzter Tat für sie � den vorgezogenen Neuwahlen � sollten zwei �Lager� zur Wahl stehen, die beide für Agenda-Politik werben. Denn: �Die Reformen dulden keinen Aufschub�, so Schröder zur �Vertrauensfrage� am 1. Juli (Spiegel online).
SPD und Grüne standen als Verlierer bereits fest. Schröder und Co brüsten sich auch noch damit, mit ihrem Sozialkahlschlag �den Mut� gehabt zu haben und zu haben, �etwas zu tun, vor dem Kohl und Merkel sich in den 90er Jahren gedrückt haben� (Franz Müntefering am 1. Juli im Bundestag, FR, 2. Juli).
CDU/CSU und FDP sollen als Wahlsieger den Beschäftigten, Erwerbslosen, Jugendlichen und RentnerInnen mittels Mehrwertsteuererhöhung, Kopfpauschale, weiteren Kürzungen bei Arbeitslosen und so weiter noch schärfer ans Leder. Nach Schröders Imitation der �eisernen Lady� zur Verarmung ganzer Gesellschaftsschichten soll Angela Merkel gegenüber den Gewerkschaften die wirkliche deutsche Thatcher werden: Mit Angriffen auf den Kündigungsschutz, den Flächentarif (durch gesetzliche Öffnungsklauseln) und die Mitbestimmung will sie in Bundestag und Bundesrat �durchregieren� (Merkel am 1. Juli bei der Debatte über die Vertrauensfrage laut Spiegel online). So wird der Großkonflikt mit den Gewerkschaften richtiggehend gesucht. Ein heißer Herbst steht bevor � und das Kalkül der Konzerne, daraus als Sieger hervorzugehen, muss längst nicht aufgehen. Sie unterschätzen, wieviel Wut und Zorn sich dagegen in den letzten Monaten und Jahren aufstaute.
Der politische Ausdruck davon, die WASG, sollte ebenfalls mit den vorgezogenen Neuwahlen ausgebremst werden. Nach ihrem Erfolg von 2,2 Prozent aus dem Stand bei der NRW-Wahl sollte ihr keine Zeit gelassen werden, sich weiter zu formieren.
Und nun das: Ein neues Linksbündnis tritt an. Während alle etablierten Parteien wiederholen, es gebe keine Alternative zu Kürzungen und Kahlschlag, kann es aufzeigen: Die öffentlichen Kassen sind nicht leer, sie wurden geleert in die Taschen der Superreichen und der Konzerne; Hartz und Agenda � keine der �sozialen Schweinereien� (Lafontaine) war �notwendig�, wie es CDU und SPD im Gleichklang verlautbaren lassen; Arbeitslosigkeit wird nicht durch Arbeitszeitverlängerung bekämpft � im Gegenteil � sondern durch massive Arbeitszeitverkürzung; und voller Lohnausgleich dafür ist ein Beitrag zur Umverteilung, endlich mal von oben nach unten.
Darum geht es nun im Wahlkampf: Diese Alternativen müssen bekannt gemacht werden. Der Wahlkampf muss verbunden werden mit einer Strategie, die AktivistInnen in Betrieben, Gewerkschaften und sozialen Bewegungen am Tag nach der Wahl zu stärken: Mit einer Bundestagsfraktion, die sie unterstützt; vor allem aber mit einer gewachsenen WASG, die in der Lage ist über ihre Abgeordneten und ihre Bezirks- sowie Betriebsgruppen in die sozialen Auseinandersetzungen einzugreifen, politische Antworten zu bieten und damit den Widerstand in den Betrieben und auf der Straße zu stärken.

Lafontaine auf dem Parteitag

Jetzt weiß ich, warum sie Lafontaine Populismus vorwerfen�, so eine Teilnehmerin des Bundesparteitags in der Mittagspause, �er spricht so, dass es jeder verstehen kann�. Der Ex-SPD-Vorsitzende geißelte in seiner Rede auf dem Parteitag die Enteignung von älteren Arbeitslosen durch Hartz IV, die Rentenkürzungen, das �Irrenhaus� Bundestag in Berlin, in dem nur Agenda-Parteien vertreten seien. Und er fand damit heftigen Beifall.
Lafontaine hat wichtigen Anteil, die neue Kraft bei den Umfragen und der Aufmerksamkeit der Medien nach oben schnellen zu lassen. Er personifiziert für viele die Hoffnung auf eine linke Alternative. Doch gleichzeitig ist offensichtlich, dass zahlreiche Positionen, für die Lafontaine steht, alles andere als unumstritten in der WASG ist.
Er rechtfertigte erneut seine Chemnitzer Aussage zu �Fremdarbeitern�, wonach der Staat verpflichtet sei, �Familienväter und Frauen� gegen �Fremdarbeiter� zu verteidigen, �die ihnen die Arbeitsplätze wegnehmen�. Lafontaine nahm für sich in Anspruch, damit auch nicht-deutsche Beschäftigte in Deutschland zu verteidigen, und er griff die Unternehmer dafür an, von diesen Niedriglohn-Arbeitern zu profitieren.
Angela Bankert, Delegierte und SAV-Mitglied, verteidigte ihn zwar gegen die heuchlerischen Angriffe der Bürgerlichen, die sich über das �Fremdarbeiter�-Wort erregen, aber selbst rassistische Politik betreiben. Sie griff ihn aber für den Inhalt seiner Aussagen an, mit der er durchaus MigrantInnen mit fehlenden Arbeitsplätzen in Verbindung bringe. Schuld an Arbeitslosigkeit, so Bankert, seinen aber nicht AusländerInnen. Sie forderte statt solcher Sprüche, die die Spaltung zwischen verschiedenen Teilen der Beschäftigten vertiefen würden, einen gemeinsamen Kampf von Deutschen und Nicht-Deutschen gegen die Angriffe der Unternehmer und ihrer Regierungen.
Andere Aussagen Lafontaines, wie die Verteidigung der Folter-Drohung (im Fall des stellvertrenden Polizeipräsidenten von Frankfurt, Daschner) oder seine früheren Aussagen zu Arbeitszeitverkürzung bei Lohnverlust, konnten in der Kürze der Zeit nicht aufgegriffen und kritisiert werden � vor allem, da die Auseinandersetzung um die Zusammarbeit mit der Linkspartei / PDS natürlich das beherrschende Thema des Sonderparteitags war.

Auseinandersetzung um Zusammengehen mit PDS

Die Delegierten wurden zunächst vom Pressesprecher der WASG, dann von Oskar Lafontaine, gefolgt von Klaus Ernst und Thomas Händel (beide vom geschäftsführenden Bundesvorstand) sowie einem Grußwort der PDS darauf eingeschworen, der Kandidatur der WASG auf den offenen Listen einer in �Linkspartei� umbenannten PDS zuzustimmen. Die Frage der Kandidatur auf den offenen Listen der Linkspartei / PDS wurde vermengt mit dem Vorschlag daraus auch � im Laufe von zwei Jahren � eine gemeinsame, neue Partei zu formieren.
Es war fast halb drei (zwei Stunden vor dem zumindest angekündigten Ende der Konferenz) als der erste Gegner einer Zusammenarbeit und erst recht einer Fusion mit der PDS zu Wort kam. Doch die folgende Debatte wurde sehr kontrovers geführt.
Im Leitantrag des Bundesvorstandes hieß es, �konkrete Schritte eines Verständigungsprozesses der demokratischen Linken� sollten eingeleitet werden, so dass �eine gemeinsame politische Organisation gebildet werden kann�. Durch den Druck der KritikerInnen eines solchen �gemeinsamen Projekts� mit der PDS artikulierte sich der Bundesvorstand auf dem Parteitag weit vorsichtiger. Die zweite Frage der nun anstehenden Urabstimmung lautet auf Vorschlag des Bundesvorstands: �Sind sie für die Einleitung eines ergebnisoffenen Diskussionsprozesses mit dem Ziel, ein breites, demokratisches Linksbündnis zu schaffen? Dieser Prozess wird unter Einbeziehung aller Ebenen unserer Partei geführt. Über das Ergebnis wird auf einem Parteitag und einer weiteren Urabstimmung entschieden.
Damit wurde die Fusionsabsicht in eine fast schon neutrale Prüfung einer möglichen Zusammenarbeit von WASG und PDS gehüllt � ohne dass der Leitantrag substanziell verändert worden wäre. So steht nun die allgemeine Formulierung der Urabstimmung neben einem beschlossenen Leitantrag, der zum Beispiel eine geschlossene Kommission zusammen mit der PDS vorsieht, um Programm, Namen, Satzung und so weiter der neuen Partei auszuhecken. Jenseits der offenen Worte über die Beteiligung weiterer Kräfte: Hier droht eben kein Prozess, der darauf abzielt, AktivistInnen aus Betrieben, Gewerkschaften und sozialen Bewegungen beim Aufbau einer neuen Arbeiterpartei einzubeziehen. Hier droht ein Fusionsprozess mit der Berliner und Mecklenburg-Vorpommerschen Regierungspartei PDS, die für AktivistInnen im Widerstand gegen Privatisierungen, Lohnraub und Arbeitsplatzvernichtung eben Gegner und kein Verbündeter ist.
Die Formulierungen von Urabstimmung und Leitantrag stehen nun konkurrierend nebeneinander. Eine Zustimmung zu dieser zweiten Frage der Urabstimmung jedoch, eine Zustimmung zu einem �ergebnisoffenen Prozess� zur Bildung eines �breiten� Bündnisses ist kein Blankoscheck für solche Fusionsabsichten.
Die erste Frage der Urabstimmung, �Sind Sie für die Kandidatur von Mitgliedern der WASG auf offenen Listen der Linkspartei zur Bundestagswahl 2005�, stellt sich nach Ansicht linker KritikerInnen � leider � nicht mehr. Die WASG-Mitglieder haben hier keine Wahl. Und dieses Vorgehen des Bundesvorstandes war Teil der Kritik auf dem Sonderparteitag.
Formal sind Parteitag und Urabstimmung im Juli entscheidend. Aber von den realen Möglichkeiten her blieb den Delegierten am Wochenende und bleibt den Mitglieder bei der Urabstimmung nur noch die Wahl zwischen einer Kandidatur auf den Listen der Linkspartei � oder dem Verzicht auf eine wählbare Alternative bei den vorgezogenen Neuwahlen.
Jenseits des Versprechens des Bundesvorstands beim Länderrat und in seinen Verlautbarungen, beide Optionen vorzubereiten: Inhaltliche Vorbedingungen für eine gemeinsame Kandidatur wurden nie benannt; von beiden Vorständen, WASG und PDS, wurde zusammen mit Lafontaine die gesamte Dynamik, die von der Neugründung der WASG ausging, auf die gemeinsame Kandidatur gelenkt. Dieses Vorgehen auch des WASG-Bundesvorstandes zeichnete sich dadurch aus, die Mitgliedschaft der WASG nicht zu beteiligen und über die Medien zu informieren.
Das wurde auch auf dem am Vortag der Konferenz stattfindenden Linkentreffen erörtert. Die 70 TeilnehmerInnen dieses Kritiker-Treffens stellten gemeinsam Initiativanträge zur Verhinderung der drohenden Fusion sowie mit der Forderung nach einem eigenständigen WASG-Wahlkampf, gerade wenn es zu dem von ihnen kritisisierten gemeinsamen Antritt auf den Listen der PDS komme.
Stellvertretend für das gesamte Gremium wurde den fünf anwesenden Bundesvorstandsmitgliedern vorgeworfen, längst bereits Fakten geschaffen zu haben. Inhaltlich fasst Heino Berg, einer der Initiatoren des Treffens, zusammen, ginge es nicht um eine Ablehnung jeder Zusammenarbeit mit der PDS. Entscheidend sei die Frage einer eigenständigen Partei. Der �Rubikon�, so Berg, werde durch die Frage markiert, �Wie stehen wir zur Mitarbeit am Sozialkahlschlag?�. Verschiedene Redner führten aus, dass es durchaus darum gehe, eine größtmögliche Einheit im Widerstand gegen Agenda 2010 und die Angriffe der Arbeitgeber zu schmieden. Dies erfordere aber eine klare Positionierung zum Beispiel gegen den Berliner Senat, mit seiner Politik von Privatisierungen, Arbeitsplatzvernichtung und Kündigung des Flächentarif.
Christine Buchholz, WASG-Bundesvorstand und Linksruck-Vertreterin, hatte zuvor argumentiert, der Druck müsse in die PDS hineingetragen werden, statt eine prinzipielle Haltung gegen jede Regierungsbeteiligung an Kahlschlagsregierungen zur Vorbedingung eines Zusammengehens zu machen. Sie forderte auch, die PDS vor Angriffen von rechts zu verteidigen � worunter sie alle Angriffe auf die PDS wegen ihrer SED-Vergangenheit zusammenfasste.
Sascha Stanicic, Bundessprecher der SAV und ebenfalls einer der Einlader, warf der PDS dagegen vor, Sozialismus �doppelt zu diskreditieren�, zum einen werde Sozialkahlschlag als sozialistische Politik verkauft, zu anderen nach wie vor die DDR, die Diktatur einer Bürokratie, als Sozialismus bezeichnet.
Da auch VertreterInnen des �Leverkusener Kreises�, der rechteren Kräfte innerhalb der WASG, zu diesem �Linken-Treffen� erschienen, konnten inhaltliche Positionen nicht vereinbart werden. So stand am Ende nur die gemeinsame Initiative gegen eine drohende Fusion mit der PDS, sowie die Vereinbarung der Linken, über eine Website und Mailingliste zukünftige Debatten und Initiativen sicher zu stellen.
Thies Gleiss, nach seinem Verständnis Linker im WASG-Bundesvorstand, warf den linken KritikerInnen vor, linke und rechte Argumente durcheinander zu werfen und argumentierte für ein Bündnis mit der PDS: Wir �brauchen die PDS als linkes Korrektiv� gegen den �Durchmarsch der Gartenzwerge�, der Ex-Sozialdemkraten à la Ulrich Maurer im Gefolge von Lafontaine, rief er den TeilnehmerInnen des Linkentreffens zu.
Dazu setzten Gleiss und Buchholz WASG und PDS als �linksreformistische� Kräfte gleich. Linksreformismus hatte immer einen starken sozialistischen Bezug (Sozialismus über Reformen erreichen). Eine solche Kategorisierung verwirrt � jetzt und erst recht für die Zukunft, wenn solche Kräfte wieder auftreten werden.
Doch auch bei der Gleichsetzung erscheint dies völlig mechanisch: Formal zu Ende gedacht könnte die PDS noch auf Grundlage ihres Programms, das einen sozialistischen Bezug beinhaltet, als �linker� gelten.
Doch wichtiger ist, in welche Richtung sich Parteien bewegen und welche Kräfte sich in ihnen regen.
Die PDS ist mit ihren Regierungsbeteiligungen (�dickes Ei� laut Gleiss) dort angekommen, wo sicherlich Teile der WASG hin wollen. Sie hat dazu aber jede nennenswerte, bundesweit sichtbare Opposition gegen diesen Kurs der Anpassung aus der Partei gedrängt. Ob in Berlin oder Mecklenburg-Vorpommern: Im Widerstand gegen die Politik der Landesregierungen regt sich eben kein öffentlich wahrnehmbares Lüftchen des Widerstands in der PDS.
Anders in der WASG: Jede Vorbereitung auf einen solchen Kurs � und solche Versuche gab und gibt es � trifft auf eine massive Opposition in der Partei (siehe unten zur Regierungsbeteiligung). Die Auseinandersetzung darum zeigt: Die WASG formiert sich und die Menschen, die sie erreichen kann, sind � wie Gleiss zu Recht ausführte � auf dem Weg nach Links.
Das machte auch in den Debatten um eine gemeinsame Kandidatur mit der PDS den Kern der Opposition der SAV dagegen aus: Die Formierung der WASG war die Anerkennung der Tatsache, dass ein Bruch aktiver GewerkschafterInnen mit der SPD nötig ist; dass keine Partei die Interessen von Beschäftigten, Erwerbslosen und Jugendlichen vertritt; dass auch die PDS keinen Bezugspunkt bietet für Menschen, die für die Interessen der Masse der Bevölkerung aktiv werden wollen. Diesen Ansatz für eine neue politische Interessensvertretung der arbeitenden Menschen hat die SAV unterstützt und sich für seine Entwicklung eingesetzt. Unbelastet von den Sozialkahlschlagsregierungen in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und zahlreichen Kommunen kann die WASG ein viel stärkerer Anziehungspol werden und Menschen aktivieren, sie auffordern, in einer neuen, ehrlichen Kraft selbst aktiv zu werden.
Der Zug zu einer eigenständigen Kandidatur bei der Bundestagswahl ist allerdings abgefahren. Der Waggon, in dem die WASG jetzt (auf den offenen Listen der Linkspartei / PDS) sitzt, droht schnell auch an den Zug der Fusion der beiden Parteien angehängt zu werden. Dagegen sind SAV-Mitglieder in der WASG aktiv.
Aber vor allem geht es, auch der SAV, darum, gemeinsam die � wenn auch geschmälerten, so doch in einer für die letzten Jahre einzigartigen Weise vorhandenen � Möglichkeiten zu nutzen, neue Leute anzusprechen und dafür zu gewinnen, für ihre eigenen Interessen Partei zu ergreifen.

Wahlkampf

Auch auf Grund des Beitrags der KritikerInnen sicherte der Bundesvorstand dann auf dem Bundesparteitag zu, einen eigenständigen Wahlkampf als WASG zu führen, um die WASG über die Wahlkampagne zu stärken und um neue Mitglieder zu gewinnen. Ein Wahlmanifest und ein Kurzprogramm wurden verabschiedet, weitere Materialien zugesagt.
Die WASG konnte seit Ende Mai knapp 2.000 neue Mitglieder gewinnen (Stand: 7.200). Mit einer kämpferischen Kampagne, die auch örtliche Auseinandersetzungen zum Beispiel gegen Entlassungen und Betriebsstillegungen oder Verlagerungen ins Zentrum rückt, kann dieser Trend verstärkt werden. Mit WASG-Veranstaltungen im Rahmen der Kampagne für ein möglichst gutes Abschneiden der Linkspartei bei den Bundestagswahlen kann deutlich werden, dass es darauf ankommt, selbst aktiv zu werden.
Dabei kann nicht auf den WASG-Bundesvorstand gewartet werden. Die NRW-Erfahrung im Wahlkampf zeigte: Das Material kam spät und es war allenfalls mäßig. WASG-Bezirksgruppen und Landesverbände sind gefordert, jetzt mit eigenem Material den Wahlkampf zu beginnen. Jedes jetzt gewonnene Mitglied hilft der WASG, eine bessere Wahlkampagne zu führen. Ab sofort müssen Anstrengungen unternommen werden, die klammen Finanzen der WASG wahlkampf-tauglich zu machen.
Über einen eigenständigen WASG-Wahlkampf hinaus sind von der WASG sicherlich gemeinsame Veranstaltungen nicht nur mit der PDS sondern auch gerade mit linken GewerkschafterInnen und betrieblichen AktivistInnen, mit VertreterInnen und Organsiationen der sozialen Bewegungen und Initiativen nötig, um die Menschen zusammen zu bringen, die jetzt den Kampf gegen kapitalistische Krisenpolitik aufnehmen wollen.
Die SAV wird sich an diesem Wahlkampf und mit der Zielsetzung des weiteren Aufbaus der WASG, hin zu einer kämpferischen Arbeiterpartei mit sozialistischem Programm, energisch beteiligen.

Regierungsbeteiligung?

Der vom Kasseler Kreisverband auf Initiative von SAV-Mitglieder hin eingebrachte Alternativ-Entwurf zum Wahlmanifest unterlag dem Entwurf des Bundesvorstands mit 121 zu 90. Obwohl er vor dem Parteitag vom Bundesbüro nicht einmal an die Delegierten verschickt worden war, konnte damit ein Achtungserfolg für konkretere Forderungen nach einem Mindestlohn von 1.500 Euro, einer Arbeitszeitverkürzung mit vollem Lohnausgleich und einer Ablehnung von Regierungsbeteiligung erzielt werden. Der Antrag des Bundesvorstandes formulierte hier wachsweich: �An einer Regierung im Bund werden wir uns nur dann beteiligen, wenn dies zu einem grundlegenden Politikwechsel in Richtung unserer Forderungen führt.
Diese Auseinandersetzung wird weiter gehen. Lafontaine äußert im Stern (30. Juni): �Eine SPD, die sich verändert, zu ihren Werten zurückkehrt, ist natürlich unser Partner.� �WASG-Vorstandsmitglied Klaus Ernst hält allerdings nach eigenen Worten mittelfristig eine Zusammenarbeit mit der SPD für denkbar. Voraussetzung sei, dass die SPD wieder nach links rücke�, berichtet das Handelsblatt.com (4. Juli, unter Berufung auf den Tagesspiegel).
Auch wenn sich hier WASG-Prominenz der PDS-Führung annähert � die WASG-Delegierten erteilten solchen Ansätzen im Keim eine Absage. Trotz Ablehnung der Kasseler Alternative zum Wahlmanifest wurde die Bundesvorstands-Vorlage an dieser Stelle grundlegend verändert. Es heißt nun: �An einer Regierung im Bund werden wir uns nur dann beteiligen, wenn dies zu einem grundlegenden Politikwechsel auf der Basis unseres Gründungsprogramms führt.

Stephan Kimmerle.