Ohrfeige für etablierte Parteien

Zu den Oberbürgermeisterwahlen in Rostock vom 27. Februar 2005
 
Der Wahlerfolg von Roland Methling mit 58 % im ersten Wahlgang zum Oberbürgermeister von Rostock ist eine Ohrfeige für das politische Establishment der Hansestadt. SPD, CDU und PDS erreichten mit ihren KandidatInnen katastrophale Ergebnisse und bekamen damit erneut die Quittung für ihre Politik der letzten Jahre.

Was sprach für Methling?

Die Gründe für Methlings Wahl liegen auf der Hand. Für viele WählerInnen war auschlaggebend, dass er nicht Teil des politischen Establishments ist. Mit seinem Slogan „Einer von hier“ sprach er vielen Rostockern aus dem Herzen, welche die Nase voll haben von „Westimporten“, die für den Ausverkauf der Stadt, den Filz und die ausufernde Verschuldung verantwortlich gemacht werden. Als erfolgreicher Manager der „Hanse Sail“ hat er sich zudem als „Macher“ einen Namen gemacht.
OB einer Minderheit

Was aber bei aller Überraschung über Methlings hohen Wahlsieg nicht vergessen werden darf: Er ist, wie sein Vorgänger Arno Pöker, Oberbürgermeister einer Minderheit der RostockerInnen. Die Wahlbeteiligung war mit etwa 42 Prozent noch geringer als im Jahre 2002 (45 Prozent). Die Abgeordnete der SAV/Liste gegen Sozialkahlschlag Christine Lehnert äußerte sich am Wahlabend: „Auch Herrn Methling ist es nicht gelungen, den unzähligen NichtwählerInnen eine Alternative anzubieten, die es lohnenswert macht, wählen zu gehen. Nur ein Kandidat mit einem klaren Programm gegen Hartz IV, gegen Sparhaushalt und Stellenabbau hätte dies vermocht.“

Niederlage Schillen

Die Kandidaten der etablierten Parteien haben am deutlichsten verloren. Errreichten SPD und B90 im Jahr 2002 zusammen noch 51,3 Prozent der Wählerschaft, erzielte deren Kandidat Schröder diesmal nur 19,1 Prozent. Ähnlich sieht der Absturz bei der CDU von 27 Prozent (2002) auf 7,6 Prozent aus.
Aber auch die von Linken und Gewerkschaftern unterstützte Kandidatin Ida Schillen hat mit 12,9 Prozent bei weitem nicht das mögliche Wählerpotenzial erreicht. Die Hauptursache liegt darin, dass auch die PDS und ihre Kandidatin Frau Schillen Verantwortung für die Probleme in Rostock tragen. Nach einem kämpferischen Wahlkampfstart, bei dem sich Ida Schillen gegen ein Vertuschen bei IGA-Misere oder Warnowtunnel richtete, folgte ein lauwarmer Wahlkampf. Ida Schillen vermochte nicht, klar gegen Privatisierungen, Sozialkahlschlag und Stellenabbau aufzutreten und sich so programmatisch vom Einheitsbrei abzugrenzen.

Aussichten

Die Hoffnungen, die an Herrrn Methling geknüpft sind, werden jetzt schnell einer harten Bewährungsprobe unterzogen. Er ist mit einem Schuldenberg von 148 Millionen Euro konfrontiert und hat schon im Wahlkampf dafür gesprochen, das Haushaltssicherungskonzept zügig umzusetzen. Dies bedeutet unter anderem weiterer Stellenabbau, Kürzungen bei Kultur, Sozialem usw..
Auch mit dem neuen OB Methling scheint es für die Masse der Rostocker Bevölkerung keine Aussicht auf Besserung zu geben. „Die Köpfe werden ausgetauscht, die Politik bleibt gleich. Soll sich etwas für Arbeitslose und Beschäftigte, Jugendliche und RentnerInnen zum Positiven ändern, dann muss der Kampf für Arbeitsplätze und mehr Geld für die Kommunen aufgenommen werden. Dafür werde ich mich einsetzen“ so Christine Lehnert weiter.

von Torsten Sting, Rostock