Landeskonferenz der ASG in Nordrhein-Westfalen

Zusammengerauft ? jetzt muss der Wahlkampf losgehen
 
Der erste Teil der Landeskonferenz am 15. Januar war sehr polarisiert verlaufen (siehe Bericht auf dieser Website). Am 23. Januar trafen sich die Delegierten erneut, um den Wahlgang für die Landtagswahl-Liste fortzuführen (in der Vorwoche waren KandidatInnen für die Listenplätze eins bis neun gewählt worden) und einen neuen Landesvorstand zu wählen, diesmal unter dem neuen Namen der am Tag zuvor frisch gegründeten Partei: Partei für Arbeit und soziale Gerechtigkeit ? die Wahlalternative, ASG abgekürzt.

Der vom gemäßigt-sozialdemokratischen Flügels dominierte Landesvorstand musste in der Vorwoche einige Wahlniederlagen einstecken. So konnten sich einige Linke gegen Landesvorstandsmitglieder durchsetzen. Generell war die Kritik an der arroganten und nicht-integrativen Führung des Vorstands groß gewesen. Die Landesvorstand-Mitglieder drohten am Ende sogar damit, dass sie aus dem Landesvorstand geschlossen zurücktreten würden. Das hätte die Kandidatur in NRW gefährdet.

Im Lauf der Woche fand unter anderem eine gemeinsame Sitzung des Landesvorstands und der Regionalgruppen-SprecherInnen statt. Der Wunsch, zur Landtagswahl anzutreten, veranlasste die KritikerInnen des Vorstands auf eine Strategie zur Abwahl der Vorstandsmehrheit zu verzichten und diese wiederum mussten akzeptieren, dass SozialistInnen einen Platz in der ASG haben und über Unterstützung an der Basis verfügen.

Nach der bundesweiten Parteigründung am Samstag begann die NRW-Landeskonferenz am Tag danach mit einem von Vorstand und Regionalgruppen-SprecherInnen vorgetragenen für den weiteren Ablauf: die am Wochenende zuvor von den Vereinsmitgliedern der WASG gewählten neun ersten Listenplätze für die Landtagswahl sollte einhellig von den Parteimitgliedern der ASG bestätigt werden, die Wahlen der Listenplätze 9 bis 50 fortgesetzt werden. Außerdem solle ein neuer Landesvorstand gewählt werden. Programm und Statut sollten angenommen werden ? aus wahlrechtlichen Gründen ist ein gültiges Programm nötig. Zum Programm wird es weitere Konferenzen geben, auf denen dann die inhaltliche Diskussion geführt werden kann.

Viele RednerInnen sprachen sich dafür aus, jetzt gemeinsam für den Wahlkampf zu arbeiten. Damit trafen sie die Stimmung, denn die Mitglieder wollen endlich eine Alternative zu den etablierten Parteien anbieten können.

In den neuen 15köpfigen Landesvorstand wurden mit Angela Bankert, einem SAV-Mitglied aus Köln und Thiess Gleiss, auch Köln, sowie Edith Barthelmus-Scholich, Krefeld, drei SozialistInnen gewählt. Hüseyin Aydin, Duisburger IGM-Sekretär und Vertreter des eher sozialdemokratischen Flügels und Brigitte Halbgebauer, frisch ausgetretenes SPD-Mitglied aus Ostwestfalen, wurden zu Vorsitzenden gewählt.

Bei der Stichwahl um Platz 10 für die Landtagswahl-Liste konnte sich Bernhard Sander, langjähriges SPD-Mitglied und bisher im Landesvorstand gegen Marc Treude, SAV-Mitglied aus Aachen und dort für ?Gemeinsam gegen Sozialkahlschlag? im Rat sitzend, durchsetzen. Mit 58:72 Stimmen für eine kämpferische und klar sozialistische Vorstellung erzielte Marc allerdings ein sehr gutes Ergebnis. Am Ende wurden mit Doreen Ulrich (Aachen) auf Platz 14, Marc Treude auf Platz 18 und Frank Nitzsche (Siegen) auf Platz 20 drei Aktive der SAV auf die Landesreserveliste gewählt. Insgesamt haben die Landeskonferenzen zu einer Verschiebung nach links geführt und bestätigt, dass SozialistInnen ein wichtiger Bestandteil der ASG sind.

Nun muss unverzüglich mit einem aktiven und kämpferischen Wahlkampf begonnen werden. Die ASG muss raus auf die Straße, vor die Betriebe, muss Widerstand unterstützen und selbst anstoßen. Die verschiedenen politischen Strömungen, die in der ASG vertreten sind, können so im realen Leben zeigen, wie effektiv sie arbeiten und eine Alternative zum kapitalistischen Einheitsbrei aufbauen können. Der Wahlkampf muss auch dazu genutzt werden die neue Partei aufzubauen und neue Mitglieder zu gewinnen. In den zentralen Forderungen ? nein zu Hartz IV und Studiengebühren, Arbeitszeitverkürzung, höhere Steuern für die Reichen, besteht eine große Einigkeit unter den ASG-Mitgliedern. Wie diese Forderungen dauerhaft durchgesetzt werden können, muss weiter debattiert werden. Der neue, und weitgehend alte Landesvorstand, .ist aufgefordert seinen Führungsstil zu ändern und alle AktivistInnen gegen Sozialabbau einzubeziehen.

Allein der Wille zur Einheit führt noch nicht zu einem erfolgreichen Wahlkampf. Die Fehler der letzten Monate haben Probleme geschaffen: die ASG hat Zeit verloren, zu viele Energien wurden für interne Auseinandersetzungen aufgewendet, die Präsenz in den Medien und vor allem in den Bewegungen hat darunter gelitten. Chancen, die sich aus dem großen Interesse im Frühjahr 2004 ergeben haben, sind zum Teil schon verspielt worden.

Das Vorgehen gegen die kritischen Opel-Arbeiter, die sich der WASG angeschlossen hatten, hat schweren Schaden angerichtet. Genau diese Schichten der arbeitenden Bevölkerung muss die ASG gewinnen, wenn sie erfolgreich sein will. Bei der Landeskonferenz waren sehr wenig kämpferische Arbeiter und Jugendliche anwesend, dafür aber sehr viele Menschen, die schon länger oder häufige politische Funktionen hatten, darunter viele Freiberufler und Akademiker. Bei vielen Kandidaten-Vorstellungen standen somit keine politischen Ideen oder Vorschläge für die praktische Arbeit im Vordergrund, sondern die Befindlichkeit der eigenen Person.

Das Ruder muss jetzt schnell und entschlossen rumgerissen werden. Die ASG muss jetzt massiv nach außen gehen, die Einmischung in die sozialen Kämpfe muss sofort beginnen, die ASG braucht kämpferisches, dynamisches Wahlkampf-Material, um die Arbeiter zu erreichen, die gegen den Verlust ihrer Arbeitsplätze zu kämpfen, um die Beschäftigten im öffentlichen Dienst anzusprechen, denen Einkommensverluste und Arbeitszeitverlängerung drohen, um die Jugendlichen zu gewinnen, die jetzt gegen Studiengebühren und gegen die Faschisten aktiv werden.

Claus Ludwig, Köln