Flugblatt der SAV vom 25. November 2003
Die Demonstration am 1. November hat gezeigt, wieviel Wut und Kampfbereitschaft in Deutschland vorhanden sind. Trotz der Weigerung der Gewerkschaftsspitze zu mobilisieren, machten 100.000 engagiert und kämpferisch ihrem Unmut Luft. Die Demonstration wurde auf Iniative von unten organisiert. Die Demonstration setzte eine Welle von Widerstand in Bewegung. Nun geht es darum, darauf aufzubauen und einen eintägigen Generalstreik gegen den schärfsten Angriff auf soziale Errungenschaften seit dem Zweiten Weltkrieg durchzusetzen.
Eine Welle von Demonstrationen, Protesten, Arbeitsniederlegungen und Streiks rollt durch Deutschland. Weit über 100.000 Menschen waren seit dem 1. November auf der Straße: in Wiesbaden am 18. November waren es 45.000, zum Teil im Streik, 3.000 Mahle-ArbeiterInnen aus 15 Werken protestierten in Stuttgart, es gab spontane Streiks bei Ford, zehntausende Studierende gingen auf die Straße, in Bochum gab es Proteste gegen den SPD-Parteitag, PolizistInnen demonstrierten in Hannover, die Liste lässt sich fortsetzen.
Nach den Angriffen auf Gesundheitsversorgung, Arbeitslose und Beschäftigte geben Regierung und Unternehmer keine Ruhe: Weitere Sozialkürzungen stehen an – ob die Rentenkürzung oder die offensive Forderung nach Arbeitszeitverlängerung ohne entsprechende Lohnerhöhungen. Regierung und Kapital wollen die Demontage der sozialen Sicherungssysteme weiter forcieren. Das stellt eine offene Kampfansage an die arbeitende und erwerbslose Bevölkerung dar.
Weiterer Widerstand gegen die Diktatur der Banken und Konzerne und die große Koalition der Sozialräuber, die unseren Lebensstandard angreifen, die Sozialsysteme zerschlagen und Arbeitnehmerrechte abschaffen wollen, ist nötig.
Widerstand aufbauen
Die Beteiligung an der Demonstration hat gezeigt, welche Unzufriedenheit existiert und dass es eine wachsende Bereitschaft gibt an Protesten teilzunehmen. Hätten die Führungen von IG Metall, ver.di und DGB zur Demo aufgerufen und hätten die Gewerkschaften in allen Regionen und allen Betrieben dazu mobilisiert, Flugblätter verteilt, Versammlungen durchgeführt, Busse und Sonderzüge organisiert, hätten an dieser Demonstration 500.000 oder eine Million Menschen teilgenommen. Jetzt kommt es darauf an, die Dynamik der Demonstration nicht verpuffen zu lassen, sondern dazu zu nutzen, die Protestbewegung weiter aufzubauen und vom Protest zum Widerstand zu kommen.
Vereinzelte Demonstrationen und Proteste werden die Herrschenden kaum umstimmen. Nötig ist ein eintägiger Generalstreik. Dafür muss in den Gewerkschaften mit örtlichen Streiks Druck gemacht werden. Ein eintägiger Generalstreik würde allen Beschäftigten klar machen, was für eine Kraft sie haben. Er würde die Grundlage dafür legen, die Angriffe der Regierung und der Arbeitgeber zu stoppen und die Gewerkschaften und sozialen Bewegungen wieder in die Offensive bringen. Er würde die Banken, Versicherungen und Konzerne da treffen, wo es ihnen weh tut: am Profit. Die Notwendigkeit dieser Kampfschritte ergibt sich aus der Qualität der Angriffe. Regierung und Kapital sind fest entschlossen, ihre sogenannten Reformen durchzusetzen.
Wenn sich Schröder, Merkel, Stoiber mit ihrem Sozialkahlschlag durchsetzen, wird nichts mehr so sein, wie es war. Armut, Entrechtung, Stress, mehr Krankheiten bei schlechterer medizinischer Versorgung, Brutalisierung der Gesellschaft – frühkapitalistische Verhältnisse im 21. Jahrhundert. Warum? Der Kapitalismus steckt in der Krise. Die Banken und Konzerne sanieren auf Kosten unseres Lebensstandards ihre Profite.
Die nächsten Schritte
Die Aufbruchstimmung am 1. November elektrisierte alle TeilnehmerInnen. Im Vordergrund steht für viele AktivistInnen jetzt die Frage: Wie weiter?
Zum einen darf die Gewerkschaftsspitze nicht aus der Verantwortung entlassen werden. Druck muss dafür ausgeübt werden, dass die DGB-Vorstände ihre acht Millionen Mitglieder – für eine Massendemonstration und für einen eintägigen Generalstreik – mobilisieren. Zum anderen setzt sich die SAV dafür ein, dass die Initiativen von unten fortgesetzt werden.
Streikmaßnahmen dürfen sich nicht nur gegen die Angriffe auf die Tarifautonomie richten, sondern auch gegen Schröders Sozialabbau und gegen den Lohnklau.
Die von ver.di, attac und anderen angekündigte bundesweite Großdemonstration im März ist zu spät angesetzt. Schon vorher muss der Widerstand ausgeweitet werden. Die SAV setzt sich für einen dezentralen Streik- und Aktionstag im Februar ein, von unten Dampf zu machen.
Im Januar soll eine bundesweite Zukunftskonferenz stattfinden, um zu diskutieren, wie der Widerstand aufgebaut werden kann. Die SAV fordert dazu auf, an dieser Konferenz teilzunehmen und dort zu diskutieren, wie ein Streik- und Aktionstag im Februar organisiert werden kann.
Bereits jetzt aber sollten in den Schulen, Unis und Betrieben, stadt-, landes- und bundesweit Strukturen geschaffen werden, die den Widerstand bündeln.
Neue Arbeiterpartei
Doch das wird nicht reichen, um dem politischen Einheitsbrei der etablierten Parteien von SPD und Grünen bis CDU/CSU und FDP Paroli zu bieten. Diese Parteien vertreten die Interessen der Banken und Konzerne. Und auch die PDS ist in den Club der Sozialräuber eingetreten.
Beschäftigte, Jugendliche, Erwerbslose und RentnerInnen brauchen eine neue Interessensvertretung: Ein Partei, die konsequent auf ihrer Seite steht, alle Angriffe zu Lasten der Masse der Bevölkerung bekämpft. Mit einem Programm, das mit der Profitlogik des Kapitalismus bricht und für eine sozialistische Alternative eintritt, wird es möglich sein, die Interessen von ArbeitnehmerInnen, Erwerbslosen, Jugendlichen und RentnerInnen zu verteidigen. Für den Aufbau einer solchen Partei setzt sich die SAV ein.
Sozialismus
Heute kämpfen die Sozialkassen mit sinkenden Einnahmen aufgrund von Arbeitslosigkeit und Niedriglöhnen. Dabei wäre es mit dem heutigen gesellschaftlichen Wohlstand längst möglich, auch steigende Ausgaben für Gesundheit und Rente zu finanzieren. Ein kostenloses Gesundheitswesen ist möglich und nötig. Gesundheit und Bildung sind keine Almosen. Sie stehen allen zu.
Die Arbeitslosigkeit ist kein Schicksal. Nur gemessen an den Profiten ist für Millionen keine Verwendung. Öffentliche Investitionen in Gesundheit, Bildung, Soziales und Umweltschutz sind dringend nötig. Hier besteht Bedarf an neuen Arbeitsplätzen. Durch Arbeitszeitverkürzung mit vollem Lohn- und Personalausgleich kann die vorhandene Arbeit auf alle verteilt werden. Nötig ist die Einführung der 30-Stunden-Woche als erstem Schritt in diese Richtung. Finanziert werden kann das, wenn der Reichtum und Wohlstand dieser Gesellschaft nicht mehr in Form von Profiten und Eigentum bei Aktionären und Unternehmern landet.
Schluss mit der Diktatur der Banken und Konzerne.
Umgesetzt werden kann das, indem in den Banken, Konzernen und Versicherungen nicht mehr der Profit entscheidet, sondern indem Beschäftigten und Allgemeinheit die Produktion demokratisch kontrollieren und verwalten. Um das zu ermögliche, müssen die markt- und wirtschaftsbeherrschenden Konzerne in öffentliches Eigentum überführt werden.
Für eine solche, für eine sozialistische Gesellschaft, kämpft die SAV. In internationaler Kooperation kann dann demokratisch geplant werden. Wirtschaftskrisen, Armut und Arbeitslosigkeit gehören dann der Vergangenheit an.
Das hat nichts zu tun mit der Diktatur einer abgehobenen Bürokratie wie in der DDR oder im Ost-Block. Für alle gewählten VertreterInnen muss jederzeitiger Rechenschaftspflicht und Abwählbarkeit gelten. Sie dürfen nicht mehr verdienen als einen durchschnittlichen Facharbeiterlohn.
Sozialistische Alternative – SAV
Die SAV wartet nicht auf eine solche Gesellschaft. Wir nehmen den Kampf für bessere Verhältnisse hier und heute auf. Von uns ging zum Beispiel im Sommer der Vorschlag aus, eine Aktionskonferenz zur Vorbereitung der bundesweiten Demonstration gegen Sozialabbau durchzuführen. Dadurch wurden AktivistInnen bundesweit zusammengebracht und der Widerstand von unten am 1.11. auf die Beine gestellt.
Der Widerstand lebt davon, dass sich möglichst viele beteiligen. Er baut aber auch darauf auf, dass ein Ausweg aus der kapitalistischen Misere aufgezeigt wird. Kämpf mit uns gegen Kahlschlag, Krise und Kapitalismus, für eine sozialistische Alternative.
Entscheidend ist, sich zu organisieren. Mach mit bei der SAV – Sozialistische Alternative.
Das Flugblatt gibt es auch als Download als PDF-Datei (220k)