Schwedens Establishment deutlich erschüttert über das Nein zum Euro
von Tommy Lindqvist, Berlin
Beim Referendum über die Abschaffung der schwedischen Krone zugunsten des Euro stimmten 56 Prozent dagegen und nur 42 dafür.
Die wichtigste schwedische Tageszeitung, Aftonbladet, titelte danach: „Der Sieg der Menschen über die Mächtigen“. Die EU erhielt ein deutliches Signal aus dem nördlichen Mitgliedsland mit seinen neun Millionen EinwohnerInnen: „Schlechter als erwartet“, kommentierte EU-Kommissions-Chef Prodi.
Beide Male, als über die Europäische Währungsunion in Referenden abgestimmt wurde (das letzte Mal war das in Dänemark 2000), war die Antwort ein Nein. Die oft gepriesene Einführung des Euro erscheint mehr und mehr als Fiasko. Die wirtschaftlichen Entwicklungen in der Euro-Zone, speziell auch in Deutschland, waren ein wichtiger Hintergrund für das Ergebnis der Abstimmung in Schweden.
Das Referendum ging um mehr als um das Aussehen der Währung. Für die Banken und Konzerne war die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion ein Werkzeug, den Druck für Kürzungen der öffentlichen Ausgaben zu steigern, dafür diente auch der „Stabilitätspakt“. Das war auch der Grund, warum vom Big Buisness pro Kopf gesehen mehr Geld für die Kampagne für die Euro-Einführung in Schweden ausgegeben wurde, als von Bush in seinem Präsidentschaftswahlkampf im Jahr 2000 in den USA.
Die Ja-Unterstützer dominierten die Medien, bei den Politikern, bei den Gewerkschaftsführern und natürlich bei den Kapitalisten.
Mit schlechteren finanziellen Ressourcen lag die Nein-Seite aber bei der Zahl der AktivistInnen klar vorne.
Die Nein-Seite wurde überproportional von Frauen, ArbeitnehmerInnen (zwei Drittel der Gewerkschaftsmitglieder stimmten mit Nein), ErstwählerInnen und auf dem Land unterstützt – nur in Stockholm und Schonen gab es Mehrheiten für ein Ja.
Für die Nein-WählerInnen war dies ein Nein zur neoliberalen Politik, die in den letzten 15 Jahren Schwedens sogenannten „Wohlfahrtsstaat“ zerlegte, und – aktueller – eine Fortsetzung der Bewegung gegen den Irak-Krieg und des Streiks der Kommunalbeschäftigten: bei all diesen Auseinandersetzung standen sich in etwa die gleichen Lager gegenüber.
Gleich nach dem Bekanntwerden der Abstimmung verlangte das Kapital Kompensationen wie Steuererleichterungen für die Konzerne. Die sozialdemokratische Regierung von Goran Persson, die sich entschieden für ein Ja ausgesprochen hatte, ging sofort darauf ein und kündigte an, die Politik für die Banken und Konzerne, die hinter ihrer Ja-Kampagne stand, weiter fortsetzen zu wollen.
Die offiziellen Führer der Nein-Kampagne, hauptsächlich von den Grünen und der ex-stalinistischen „Linken Partei“ sind nicht in der Lage, den Sieg im Referendum zu nutzen, um die Politik zu stoppen, der mit dem Nein am 14. September eine so deutliche Abfuhr erteilt wurde. Viele stimmen nun der Rättvisepartiet Socialisterna, der Schwesterpartei der SAV in Schweden, zu, dass es Zeit ist, eine Nein-Partei aufzubauen: eine neue Arbeiterpartei, die Nein sagt zum Kapitalismus und all dem, was er mit sich bringt.