Kapitalistischer Wahnsinn auch ohne Krieg: Zur Zeit leiden auf der Welt etwa 800 Millionen Menschen Hunger
von Malena Alderete, Stuttgart
Momentan leben an die 6,2 Milliarden Menschen auf der Erde. Einem Bericht der FAO (Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UNO) zufolge, könnten von den aktuellen landwirtschaftlichen Produktionskräften ausgehend, problemlos mehr als zwölf Milliarden Menschen ernährt werden. Trotzdem aber sterben 100.000 Menschen täglich an Hunger oder seinen unmittelbaren Folgen.
Entscheidend sich nicht Naturkatastrophen: Wirtschafts- und Finanzmärkte bestimmen wer was zu essen hat, und wer nicht.
Auch wenn auf dem Welternährungsgipfel der FAO 1996 das Recht auf Nahrung bestätigt wurde: Reis, Milch, Weizen werden heute als Waren betrachtet, aus denen Gewinn zu schlagen ist, ganz egal wie. Die Börse der Agrarprodukte in Chicago (Chicago Commodity Stock Exchange) legt jeden Werktag die Preise der Hauptnahrungsmittel fest. Sechs multinationale Nahrungsmittelfirmen und Finanzkonzerne beherrschen diese Börse. Doch nicht nur Profit wird durch Nahrungsmittel erzielt, sondern auch politische Macht und Oberhand. So gibt es immer wieder Regierungen die unter dem Motto „Nahrungsmittelentzug als Waffe” die Bevölkerung erpressen und in die Knie zwingen will, wie zum Beispiel Milosevic in Serbien 1992 bis 1995. Oder das Wirtschaftsembargo der USA gegen den Irak, in dem nun 200 Kinder täglich an Hunger sterben. Doch das Sterben und die aufgeblähten Bäuche, die Würmer und die Erkrankungen bis hin zur Erblindung als Folgen der Unterernährung interessieren nicht.
Jean Ziegler, Mitglied der FAO, fast zusammen: „Das massenhafte Sterben an Hunger ist nicht das Ergebnis irgendeines Schicksals sondern eines echten Völkermords.”
Wo sind all die Nahrungsmittel, die den hungernden Menschen fehlen?
In reichen Ländern werden Nahrungsmittelproduzenten durch Regelungssysteme andauernd dazu gezwungen, massenweise Lebensmittel zu vernichten oder gar die Produktion einzuschränken. Es soll nur ein bestimmtes Kontingent hergestellt werden. „Zuviel“ Produkte auf den Markt werfen, würde die Preise senken.
Zusätzlich werden große Mengen von Lebensmittelprodukten in Silos zurückgehalten. Auch hier steht das selbe Prinzip dahinter: durch das Zurückhalten wird eine künstliche Verknappung erzeugt, die die Preise steigen lässt.
Würden die Spekulanten große Mengen Getreide auf den Markt werfen, würden die Preise massiv sinken. Marktwirtschaft bedeutet, dass Lebensmittel nicht hungernden Menschen zugute kommen, sondern auf dem Müll landen.
Künstlich aufgeblähte Preise
Die Preise fast aller natürlichen Lebensmittel werden auf dem „freien“ Weltmarkt gehandelt und von Spekulationen beeinflusst. Kaufpreise unterliegen dem Gesetz von Angebot und Nachfrage. Angebot und Nachfrage unterliegen den Spekulanten an der Börse in Chicago. Die Spekulanten unterliegen der Manipulation der großen multinationalen Getreidehändler und ihrer Banker. Und diese Manipulation wird durch die Dumpingstrategie oder das Zurückhalten der Ware vom Markt betrieben.
Hilfe von staatlichen Instanzen?
Wir können lange darauf warten, dass die UNO mit ihrer Agrarorganisation, das Welternährungsprogramm (WFP) oder andere staatliche oder karitative Organisationen den Hunger ausrotten werden. Sie werden es nicht schaffen, weil sie nicht die Hauptursache des Hungers bekämpfen, die kapitalistische Marktwirtschaft und ihre Handlanger. So musste der stellvertretende Direktor der FAO, Hartwig de Haen, bei der Vorstellung des jährlichen Hungerberichtes resigniert feststellen: „Der Kampf gegen den Hunger in der Welt kommt nicht mehr voran. Er ist praktisch zum Stillstand gekommen.“