Zwangspfand auf Einwegverpackungen – ein Grund zur Freude für die Umwelt?
Schon unter der Kohl-Regierung trat 1991 eine Verpackungsverordnung in Kraft, wonach automatisch ein Pfand auf Dosen und Einwegflaschen aufgeschlagen werden sollte, wenn die Mehrwegquote unter 72 Prozent fallen würde. „Das sie inzwischen diesen Wert unterschritten hat, ist auch nach Ansicht der Handelsverbände unstreitig“, schrieb die Financial Times Deutschland – wohlgemerkt am 3. Mai 2001!
von Gerd Schuster, Köln
Die Einwegverpackung ist eine der nachhaltigsten Belege für nicht-nachhaltige Entwicklungen in der kapitalistisch-profitorientierten Industrie: Sechs Milliarden Weißblechdosen wurden seit 1991 jährlich weiterhin verkauft. Die Mehrwegquote fiel bis auf einen heutigen Wert von 50 Prozent. Erst jetzt wird reagiert – nach über zehn Jahren!
Wir VerbraucherInnen stehen bei jedem Getränkeeinkauf nun vor einer totalen Idiotie: Ab dem ersten diesen Jahres müssen für Einwegflaschen aus Glas oder Plastik 25 TeuroCent Pfand zubezahlt werden. 50 TeuroCent werden bei Getränkeverpackungen über 1,5 Liter fällig.
Milch oder Saft bleiben davon ausgenommen, „weil“ sie ohne Kohlensäure sind. Und wenn in einer Cola noch eine weitere Flüssigkeit wie etwa Whiskey steckt oder ein Bier wiederum beispielsweise mit einer Cola versetzt ist, dann sind diese Getränke ebenfalls nicht von der Pfandpflicht betroffen.
Außerdem fand der Einzelhandel nicht zu einem einheitlichen Rücknahmesystem. Und das nach über zehn Jahren!
Ach, und dass bloß niemand auf die Idee käme, leere Pfandverpackungen ohne dazugehörigen Kassenbon zu einem x-beliebigen Laden zurückzubringen… Nur die Autobahntankstelle gibt Pfand zurück, an der die Verpackung auch gekauft wurde.
Be-Pfandung von Müll statt Vermeidung
Das „Pflichtpfand für Getränke-Dosen und Plastikflaschen“, wie es offiziell heißt, ist überdies keine Vermeidung, sondern eine Bepfandung von Müll. Es wird schließlich auch mit einem Pfand-Emblem am Etikett aus Einweg kein Mehrweg. Ob die Flasche respektive Dose nun nach oder vor einem Pfandgeschäft in die Müllverbrennung oder auf die Halde gekippt wird, ist der Umwelt ziemlich schnurz!
Der bürokratische und für die VerbraucherInnen teure Umweg über ein Pfandsystem hätte uns erspart werden können: Schon 1991 und noch früher hätte ein Verbot der Herstellung von Müllverpackungen einen Dosenberg von mindestens 66 Milliarden Getränkedosen verhindert.
Doch die Kapitalgesellschaften des Einzelhandels (unter ihnen riesige Ketten wie REWE, Plus, ALDI) und globale Nahrungsmittel- oder Getränkeproduzenten wollen absahnen. Für sie ist Einweg der kurze Weg zum Profit – ohne langwierige Wertstoffkreisläufe aufbauen und bezahlen zu müssen. Die Folgekosten der Umweltzerstörung trägt in der Profitlogik die Allgemeinheit.