Textnachrichten lösen Revolte aus
Zwei Wochen fast ununterbrochener Massenproteste haben den Rücktritt des Gouverneurs von Puerto Rico, Ricardo Rossello, erzwungen. Am Montag, den 22. Juli, fanden ein Generalstreik und die größten Proteste in der Geschichte dieses US-Territoriums statt, mit 500.000 Menschen auf den Straßen bei einer Bevölkerung von 3,2 Millionen Menschen.
von Christine Thomas
Der Auslöser für diese Wutexplosion war der Leak von fast 900 Seiten mit homophoben, sexistischen und beleidigenden Textnachrichten zwischen dem Gouverneur und den elf Mitgliedern seiner unmittelbaren Clique. Aber diese Botschaften wirkten wie ein Blitzableiter für Jahre zunehmender Wut über Korruption, Sparpolitik und Wirtschaftskrise. Bevor das Center für investigativen Journalismus die Texte enthüllte, waren sechs Spitzenbeamte verhaftet worden, weil sie 15,5 Millionen Dollar Bundesmittel gestohlen hatten, die als Hilfe für die verheerende Zerstörung bereitgestellt wurden, die der Hurrikan Maria 2017 angerichtet hatte. Die Harvard University schätzt, dass bis zu 5.000 Menschen bei der Katastrophe ihr Leben verloren haben (während Rossellό ursprünglich behauptete, dass weniger als 100 Menschen getötet wurden, und Trump 16!).
Die New York Times beschrieb das Leben der Puerto-Ricaner*innen als „ewigen Zustand des Fegefeuers“. Nach zwölf Jahren anhaltender Rezession, in denen der Hurrikan Maria die Wirtschaftsleistung 2018 um sechs Prozent reduzierte, lebt fast die Hälfte der Bevölkerung in Armut, doppelt so viel wie im Landesdurchschnitt. Zwischen 2016 und 2018 verließen 200.000 Menschen das Gebiet und suchten vor allem auf dem US-Festland nach Arbeitsplätzen.
Als das Gebiet 2016 in Konkurs ging (nachdem es bereits die Pensionsfonds der Arbeiter*innen geplündert hatte), wurde von der Bundesregierung ein nicht gewählter Finanzaufsichts- und Verwaltungsrat ernannt, allgemein als „la Junta“ bezeichnet. Im Rahmen eines Schuldenumstrukturierungsplans hat der Vorstand brutale Sparmaßnahmen verhängt, die zu massiven Arbeitsplatzverlusten für Regierungsarbeiter*innen, Schulschließungen und Privatisierung sowie zum Verkauf von Telekommunikation und Energie an den Privatsektor führten. Eines der häufigsten Gesänge bei den Protesten war „Ricky tritt zurück und nimmt die Junta mit“.
Rossellό soll durch Justizministerin Wanda Vázquez ersetzt werden, aber wie ein Demonstrant sagte, „es ist wie eine Kakerlake auszuschalten und durch eine andere zu ersetzen“. Obwohl die Schuldenrückzahlungen während des Umstrukturierungsprozesses ausgesetzt wurden, ist dies nur eine vorübergehende Maßnahme und die Inhaber von Anleihen werden ihr Geld erneut zurückfordern. Die Financial Times erwartet nun eine „anleihefreundlichere“ Umschuldung, d.h. mehr Geld für die Reichen auf Kosten der gegenwärtigen und zukünftigen Rentner*innen sowie der Arbeiter*innenklasse und der Armen im Allgemeinen.
Sozialist*innen unterstützen das Recht der Puerto-Ricaner*innen, über die Zukunft ihres eigenen Territoriums und seine Beziehungen zu den USA zu entscheiden. Auf der Grundlage des Kapitalismus kann das jedoch nur eine Zukunft in endlosem Elend und Verzweiflung für die Masse der Bevölkerung bedeuten.
Puerto-Ricaner*innen haben auf drastische Weise gezeigt, dass Massenaktionen zu Resultaten führen können. Jetzt ist es notwendig, dass eine unabhängige Organisationen der Arbeiter*innen und Armen aufgebaut wird mit einem Programm, das für ein Ende der Sparmaßnahmen, die Abschaffung der Junta, die Nichtzahlung der Schulden und die öffentliche Kontrolle des Banken- und Finanzsektors und der Großindustrien kämpft, die demokratisch von der Arbeiter*innenklasse kontrolliert und verwaltet werden. Wenn die Hölle der puertoricanischen Massen endlich beendet werden soll, müssen diese Forderungen von einem Aufruf zur Solidarität der Arbeiter*innen und Jugendlichen in den gesamten USA und dem Kampf für ein sozialistisches Puerto Rico und eine sozialistische USA begleitet werden.