Rassismus, Boris Palmer und die Grünen …
Wieder einmal hat sich Boris Palmer, rechter Running Gag der Grünen, mit rassistischen Sprüchen in die Schlagzeilen gebracht. Viele Grünen-Spitzenpolitiker*innen von Roth bis Özdemir haben seine Äußerungen lautstark verurteilt – aber ist Palmer wirklich eine Ausnahmeerscheinung in der Partei oder bildet er vielmehr einen generellen politischen Trend dort ab?
von Conny Dahmen, Köln
Im April hatte sich Palmer, Oberbürgermeister in Tübingen, über einen Werbesujet der Deutschen Bahn beschwert, in dem einige Promis mit Migrationshintergrund zu sehen sind. Er kommentierte bei Facebook:„Welche Gesellschaft soll das abbilden?“ und warf der Bahn „Spaltung der Gesellschaft“ vor. Konfrontiert mit öffentlicher Kritik spricht er später in bester Afd-Manier von „Meinungstyrannen“ und „antidemokratischer Debattenverweigerung“.
Palmer, selbsternannter Kämpfer gegen „Illusionen und Tabus“ und Hobbypolizist, ist schon länger bekannt für rassistische (und peinliche) Ausfälle. So hetzte er schon 2016 fleißig mit gegen Muslime: „Spätestens seit den Übergriffen in der Silvesternacht in Köln kommen selbst grüne Professoren zu mir, die sagen: Ich habe zwei blonde Töchter, ich sorge mich, wenn jetzt 60 arabische Männer in 200 Meter Entfernung wohnen.“ Im Februar 2016 schwadronierte er gegenüber dem Spiegel „Wir müssen die unkontrollierte Einwanderung beenden … wir entscheiden, wer reinkommt.“ – und zwar mittels Sicherung der EU-Außengrenzen durch einen Zaun und bewaffnete Grenzschützer. Wie schon vor ihm SPD-Oberrassist Sarazzin hat er seine Ergüsse in dem Buch „Wir können nicht allen helfen“ publiziert, wo er unter anderem Abschiebung sogar nach Afghanistan und Syrien verteidigt – schließlich gäbe es in Afghanistan prozentual nicht mehr Tote durch Gewalt als in Chicago oder Brasilien.
Grüner Rassismus
Natürlich distanzierte sich die Parteiprominenz erneut eilig von Palmer, einige Berliner Grüne forderten in einem offenen Brief seinen Parteiausschluss – davor schrecken Habeck und Baerbock allerdings dann doch zurück. Schließlich will auch die sich heute so entsetzende Grünen-Chefin Annalena Baerbock „durchgreifen“ straffällige Ausländer schneller abschieben, Wilfried Kretschmann will keine „jungen Männerhorden“ in schwäbischen Innenstädten.
Wenn es konkret wird, unterstützen die Grünen-Chefs und Abgeordneten eine Politik, die jedes Jahr viele Tausende Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken lässt:
Bei diversen Asylrechtsverschärfungen waren die Grünen mit dabei, mit ihrer Zustimmung können Flüchtende aus den Balkanstaaten seit 2015 wieder abgeschoben werden. Koalitionen mit der Abschiebe-Partei CDU sind bundesweit eine reale Option, lokal und regional – wie in Hessen – schon länger Realität. Mit ihrer wiederholten Zustimmung zu Kriegseinsätzen, das erste Mal beim Jugoslawienkrieg, tragen die Grünen auch eine Mitverantwortung für Fluchtursachen. Die tragen sie übrigens auch durch ihre in Wirklichkeit viel zu laschen Haltung in der Klimapolitik, die sich auf Kohleausstieg bis 2030 und Lobhudelei von E-Autos konzentriert, kostenlosen ÖPNV und Vergesellschaftung der Energieunternehmen liegen ihnen fern. Die hohen CO2-Emissionen verursachen verheerende „Natur“katastrophen und Verwüstungen vor allem in neokolonialen Ländern und führen damit zu weiteren Fluchtbewegungen. Schließlich führt die Privatisierungs- und Kürzungspolitik, welche die Grünen lokal, regional und oftmals bundesweit mittragen oder selbst anstoßen, zu Armut, Wohnungsnot und Perspektivlosigkeit, ein Nährboden für rassistische Ideen und rechte Gesinnung.
Den Kampf gegen Rassismus – ob er von Palmer, Baerbock, der Afd oder sonstwem kommt – müssen wir selbst in die Hand nehmen und eine starke und solidarische Bewegung von unten aufbauen, die den Kampf gegen Rechts und für gleiche Rechte mit dem Kampf für Bildung, Wohnen, Gesundheit und gute Arbeitsplätze für alle hier lebenden Menschen verbindet. Dazu beizutragen ist die Verantwortung der Gewerkschaften, und der Partei DIE LINKE. Denn trotz vieler Schwächen und problematischer Aussagen von Einzelpersonen ist DIE LINKE die einzige parlamentarische Kraft, die konsequent antirassistische Positionen vertritt und Kriegseinsätze und Asylrechtsverschärfungen entschieden ablehnt, deren Aktivist*innen und Abgeordnete wirkliche Solidarität mit Geflüchteten organisieren, ernsthaft gegen Nazis und Rassismus mobilisieren und für gleiche Rechte für alle eintreten.
Palmers Aussagen zeigen, dass linksliberale Politiker*innen kein Bollwerk gegen Rechts sind, weil sie im Endeffekt ein System verteidigen, das auf Rassismus aufgebaut ist. „Es gibt keinen Kapitalismus ohne Rassismus“, deshalb müssen wir unseren Antirassismus mir einer sozialistischen Perspektive verbinden.