Nachdem es zu keinem Ergebnis in den aktuellen Tarifverhandlungen gekommen ist, hat ver.di am Freitag den 17. Mai in Nordrhein-Westfalen zum Warnstreik im Einzelhandel aufgerufen. Auch in Bayern und Rheinland-Pfalz wurde zum Streik aufgerufen. Im Juni beginnen die Tarifverhandlungen in Berlin und Brandenburg.
Von Jens Jaschik, Dortmund
An der Kundgebung und Demonstration in Dortmund beteiligten sich mehr als 1500 Kolleg*innen. Die Düsseldorfer Streikversammlung an der sich mehr als 2000 Beschäftigte beteiligten, wurde außerdem von den Streikenden im Bankensektor unterstützt. Insgesamt waren Kolleg*innen aus 120 Betrieben auf der Straße. In beiden Städten war die Stimmung kämpferisch – und wütend, schließlich ist das Angebot der Bosse ein Hohn.
Nachdem die erste Verhandlungsrunde ohne Angebot der Konzernvertreter ausgegangen ist, kam es jetzt zu einem inakzeptablen Vorschlag. Ihr Angebot einer Anhebung der Löhne um 1,5 Prozent zum 1. Mai 2019 und weitere ein Prozent 2020 liegt unter der Inflationsrate, was einen Reallohnverlust bedeutet. Dabei sind bundesweit siebzig Prozent der Beschäftigen im Einzelhandel in der Zukunft von Altersarmut bedroht. 203.000 der fast 700.000 Kolleg*innen in NRW sind geringfügig beschäftigt.
Peter Achten, Geschäftsführer des Handelsverband NRW, der sich sich auf seinem Linkedin-Profil selbst als die „Vertretung der Interessen von über 20.000 Einzelhandels- und Dienstleistungsunternehmen mit 100 Milliarden Euro Umsatz“ beschreibt, erklärt das bei den aktuellen Verhandlungen mehr Augenmaß geboten ist. Anscheinend ist von den hundert Milliarden Umsatz nicht genug für die Kolleg*innen übrig.
Für die volle Durchsetzung der Forderungen!
Unter den den fünfzig reichsten deutschen Familien befinden sich 16 Eigentümer von Unternehmen im Einzelhandel. Allein auf den ersten drei Plätzen sind Aldi Nord und Süd, sowie Lidl und Kaufland vertreten (Quelle: Vermögen Magazin, Stand Anfang 2019). Sie alle sind reich geworden durch unsere Arbeit, durch die Gewinne, die die Kolleg*innen jeden Tag an der Kasse oder im Lager realisieren. Im vergangenen Jahr sind im Einzelhandel die Umsätze durchschnittlich um 2,6 Prozent gestiegen. Hinzu kommt, dass Unternehmen wie IKEA Meister der Steuervermeidung sind. Geld ist also genug da.
In NRW fordert ver.di 6,5 Prozent mehr Lohn und Gehalt bei einer Laufzeit von zwölf Monaten, sowie hundert Euro mehr im Monat für Azubis. Das sind gute und richtige Ziele – und die volle Durchsetzung dieser Forderungen ist möglich und nötig! Die hohe Kampfbereitschaft der Kolleg*innen ist deutlich geworden: Viele Betriebe beteiligten sich das erste Mal an einem Streik und zahlreiche Kolleg*innen folgten dem Aufruf von ver.di. Am 6. Juni werden die Tarifverhandlungen fortgesetzt. Bis dahin darf es ver.di nicht bei einzelnen Warnstreiks belassen, sondern muss den Druck auf die Bosse weiter erhöhen. Eine Möglichkeit wären bundesweite Aktionen und bereichsübergreifende Streiks.
Mitglieder der SAV sind aktiv im Netzwerk für eine kämpferische und demokratische ver.di. Wir setzen uns für eine Gewerkschaft ein, die nicht bei Kompromissen mit den Chefetagen stehen bleibt, sondern das volle Potenzial der Kolleg*innen in den Auseinandersetzungen ausschöpft. 2017 forderte ver.di die Anhebung der Löhne und Gehälter um einen Euro pro Stunde und die Anhebung der Vergütung für Auszubildende um hundert Euro bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Das Ergebnis waren am Ende nur 2,3 Prozent mehr Entgelt und Ausbildungsvergütung für 2017 und zwei Prozent für 2018 bei einer Laufzeit von 24 Monaten, sowie eine zusätzliche Einmalzahlung von fünfzig Euro. Diesmal muss mehr drin sein!