Immobilienkonzerne enteignen plus Wohnungsbau durch die Kommunen
Viele wären schon froh, wenn die Mieten nicht weiter steigen würden. Doch die Wahrheit ist auch: hohe Mieten müssen dringend wieder gesenkt werden. Wie kann das erreicht werden?
Von Georg Kümmel, Köln
Der Bau neuer Wohnungen würde den Anstieg der Mietpreise stoppen, behaupten CDU, SPD, FDP und Immobilienkonzerne. Und schieben hinterher: ‚Enteignung schafft keine neuen Wohnungen‘. Beginnen wir mit dem zweiten Argument: Niemand hat behauptet, dass allein durch Enteignungen von Immobilienkonzernen zusätzliche Wohnungen geschaffen werden. Aber nach einer Enteignung könnten die Mieten drastisch gesenkt werden. Das Problem der meisten Menschen ist nicht, dass sie keine Wohnung haben, sondern, dass die Miete für ihre Wohnung sie finanziell erdrückt. Der Beginn des steilen Anstiegs der Wohnungs- und Mietpreise fällt nachweislich zusammen mit der Finanz- und Wirtschaftskrise 2007/2008. Auf der Suche nach profitablen Anlagemöglichkeiten kauften Investoren immer mehr Wohnungen auf.
Keine Mietsenkung durch Privat
Es stimmt, dass es in vielen Städten zu wenig Wohnungen gibt. Es stimmt aber nicht, dass durch den Neubau von Wohnungen durch private Konzerne der Anstieg der Mietpreise gestoppt würde, sie irgendwann sogar sinken würden. Die Mieten in diesen Neubauwohnungen werden unter den gegenwärtigen Bedingungen auf dem Immobilien- und Kapitalmärkten immer weit über den durchschnittlichen Mieten liegen und für die meisten Mieter*innen unbezahlbar sein. Warum dann bei Wohnungen im Bestand die Mieten sinken sollten, bleibt ein Geheimnis.
Wir müssen mit einem weiteren Mythos aufräumen: Investoren bauen keine Wohnungen. Wie soll ein Investor, während er auf seiner Luxusjacht an einem Drink nippt und seine Börsenkurse checkt, Wohnungen bauen? Kapitalbesitzer lassen Wohnungen bauen und eignen sie sich dann an. Schon deshalb gehören diese Wohnungsbestände in öffentliche Hand, Entschädigung nur für Kleinaktionäre.
Mythos: sozialer Wohnungsbau
Auch das Konzept des sogenannten sozialen Wohnungsbaus funktioniert nicht. Für günstige, weil öffentlich subventionierte, Kredite verpflichten sich private Eigentümer die Wohnungen für ca. 15 bis 20 Jahre nur an Menschen mit entsprechender Berechtigung zu vergeben. Die Miete darf einen bestimmten Betrag nicht überschreiten. Erstens ist dieser Betrag schon längst keine Sozialmiete mehr, in Städten wie Köln und Düsseldorf sind Kaltmieten bis zu 7,60 Euro pro Quadratmeter erlaubt. Zweitens kann nach Ablauf der Mietpreisbindung die Miete beliebig erhöht werden. An der Stelle, an der dieses Haus steht, kann aber so auf Jahrzehnte niemals wieder preiswerter Wohnraum entstehen.
Was ist die Alternative? Zuallererst muss man erkennen, der Wohnungsmarkt ist kein Markt im eigentliche Sinne. Der Grund und Boden in der Stadt, erste Voraussetzung für den Bau einer Wohnung, ist nicht vermehrbar. Die Wohnungspreise sind daher ihrer Natur nach solange Monopolpreise, sprich Mondpreise, wie Grund und Boden und Wohnungsbau in privater Hand bleiben. Die Alternative: Wohnungskonzerne enteignen, in Gemeineigentum bei demokratischer Kontrolle und Verwaltung überführen. Sind Grundstücke im Besitz von Konzernen, sowie in Fällen der Bodenspekulation müssen diese Grundstücke enteignet werden. Außerdem dürfen keine städtischen Grundstücke mehr an private Investoren abgegeben werden, der Wohnungsbau gehört in die Eigenregie der Kommunen.
Kostenmiete statt Profite
Wie hoch wäre dann die Miete? Ganz einfach, das was eine Wohnung an Bau, Instandhaltung und gegebenenfalls Sanierung kostet, umgerechnet auf die Lebensdauer des Wohngebäudes, die in der Regel 80 bis 120 Jahre beträgt. Auf dieser Berechnungsgrundlage landet man bei einer Kaltmiete von maximal fünf Euro bei Neubauwohnungen und deutlich darunter bei den meisten Bestandswohnungen.
Die Mietkosten einer Wohnung heute bestehen hauptsächlich aus Profit und haben mit den realen Kosten von Herstellung und Unterhalt nichts zu tun. Der Mietpreis setzt sich heute zusammen aus Profit für den Vorbesitzer des Grundstücks. Profitraten im Verhältnis zu einem früheren Kaufpreis von mehreren hundert und auch über tausend Prozent sind möglich. Hinzu kommt der Profit für die Banken. Trotz niedriger Zinsen addieren sich die Zinszahlungen über die Jahre auf die Größenordnung eines zweiten Kaufpreises. Nicht zu vergessen auch der Profit für die privaten Baufirmen. Nicht zuletzt Profit für die privaten Besitzer der Wohnungen. Jeder Euro, den Wohnungskonzerne an ihre Aktionäre auszahlen haben sie den Mieter*innen abgenommen.
Die österreichische Stadt Salzburg baut kommunale Wohnungen ohne Bankenkredite. Es wird eine Miete zur Deckung der Baukosten und der Unterhaltung in Höhe von 4,78 Euro pro Quadratmeter im Neubau berechnet.