USA und ihre Verbündeten wollen Rache für die Enthüllung ihrer schmutzigen Kriegsführung
Nach dem selbst auferlegten Exil, das er sieben Jahre lang in der ecuadorianischen Botschaft in London verbracht hat, ist WikiLeaks-Gründer Julian Assange aus seinem Asyl verschleppt und von der „Metropolitan Police“ inhaftiert worden. Dem vorausgegangen war die Aufhebung seines Asylstatus durch den ecuadorianischen Präsidenten Lenín Moreno.
Dave Carr, aus „The Socialist“, Wochenzeitung der „Socialist Party“ (Schwesterorganisation der SAV und Sektion des CWI in England und Wales) vom 18/04/2019
Unterstützt von der britischen Regierung der konservativen „Tories“ bemüht sich die US-Administration eifrig um die Auslieferung von Assange in die Vereinigten Staaten. Dort droht eine Anklage wegen Diebstahls US-amerikanischer Staatsgeheimnisse. Mit anderen Worten: Es geht um die Details zu ihren Kriegsverbrechen im Irak und in Afghanistan.
Die von den „Tories“ geführte britische Regierung, bei der es sich um einen der wichtigsten Verbündeten des US-Imperialismus handelt, hat über sieben Jahre lang eine Millionen Pfund teure Überwachung vor der Botschaft in Knightsbridge aufrecht erhalten, fest entschlossen, Assange die Freiheit zu verweigern.
Dies alles geschah, obwohl eine Arbeitsgruppe der UNO im Februar 2016 erklärt hatte, dass Assange von der britischen und der schwedischen Regierung fünf Jahre lang „willkürlich inhaftiert“ worden war und nach einer Entschädigung unverzüglich auf freien Fuß gesetzt werden sollte.
Asyl
Ursprünglich hatte der sozialdemokratische ehemalige Präsident Rafael Correa, ein Fürsprecher von WikiLeaks, Assange politisches Asyl in der Botschaft Ecuadors in London gewährt.
Bei den Wahlen 2017, die sein innerparteilicher Rivale Lenín Moreno gewonnen hatte, konnte Correa nicht noch einmal kandidieren. Der neue Präsident verschrieb sich einem scharfen Rechtsruck und richtete die Regierungspolitik entsprechend aus. Dazu zählte auch der Ausbau der wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zu den USA.
Moreno bezeichnete Assange als „Ärgernis“ und „geerbtes Problem“. Vor kurzem beschuldigte er WikiLeaks, seine privaten Nachrichten gehackt zu haben. Beweise brachte er dafür nicht vor. Diese Anschuldigung wird vor dem Hintergrund formuliert, dass die Justiz Ecuadors aktuell gegen Moreno wegen Korruptionsvorwürfen ermittelt.
Indem er eine Propaganda-Kampagne gegen Assange auffuhr, arbeitete Moreno mit den Regierungen der USA und Großbritanniens zusammen, um die Verhaftung des WikiLeaks-Gründers sicherzustellen.
Nach der Verhaftung erklärte der britische Außenminister, Jeremy Hunt, der von sich behauptet, in der Sache unvoreingenommen zu sein, Assange sei „kein Held“. Demgegenüber äußerte die Schatten-Innenministerin von Labour, Diane Abbott: „Er wird verfolgt, weil er das Fehlverhalten der US-Administrationen und ihrer Militärs offengelegt hat.“
Geleakte Emails
Die US-Anschuldigungen beziehen sich auf 700.000 geheime Dokumente, Videos und diplomatische Depeschen, die WikiLeaks im Jahr 2010 von der ehemaligen Mitarbeiterin des US-Geheimdienstes Chelsea Manning erhalten hat. Darin wurde der schmutzige Krieg der US-Regierung und der mit ihr verbündeten Regierungen (darunter auch die Großbritanniens) aufgedeckt, mit dem den Irak und Afghanistan überzogen haben.
Manning wurde später vor ein Kriegsgericht gestellt und vom US-Militär zu 22 Jahren Haft verurteilt. Sieben Jahre später wurde sie dann von Barack Obama begnadigt.
WikiLeaks war darüber hinaus für die Veröffentlichung gehackter Emails verantwortlich, die vor den US-Präsidentschaftswahlen 2016 vom Bundesvorstand der Demokraten verschickt worden waren. Geknackt worden waren diese Mails von „Fancy Bear“, einem Pseudonym für vom russischen Staat beauftragte Hacker, so das Ergebnis der Mueller-Untersuchungskommission.
Durch diese durchgesickerten Emails kam ans Licht, dass der Bundesvorstand der Demokraten die Wahl des linksgerichteten Kandidaten Bernie Sanders zum offiziellen Präsidentschaftskandidaten der Partei auf satzungswidrige Art und Weise verhindert hat. Den Vorzug hatte Hillary Clinton erhalten, die Donald Trump bei den folgenden Wahlen unterlag.
Bei WikiLeaks handelt es sich nicht um eine sozialistische Organisation, eine linke oder auch nur um eine demokratisch aufgebaute Struktur. In seinem Unterschlupf in der Botschaft hat sich Assange sogar mit so zweifelhaften Politiker*innen wie dem Gründer der britischen UKIP-Partei Nigel Farage getroffen.
Abgesehen davon können die Vergewaltigungsvorwürfe, die einige Frauen in Schweden gegen Assange erhoben haben (und die die Grundlage für den Haftbefehl gegen ihn aus dem Jahr 2012 waren), nicht einfach als „konstruiert“ abgetan werden. Die Vergewaltigungsvorwürfe müssen untersucht werden – allerdings ohne die Abschiebungdrohung in die USA.
Allerdings hat die schwedische Staatsanwaltschaft 2010, als die Anschuldigungen wegen Vergewaltigung und sexueller Belästigung zuerst vorgebracht worden waren, sehr schwerfällig und langsam gearbeitet. Als die Untersuchungen wiederaufgenommen wurde, blieben ihr drei Wochen, um Assange zu befragen, bevor er das Land dann verließ. Das ist ihm damals auch nicht verweigert worden.
Im November 2016 wurde Assange dann in der Botschaft Ecuadors von schwedischen Beamt*innen zu den offen gebliebenen Anschuldigungen befragt. Gänzlich unerwartet sagte dann das Büro der schwedischen Staatsanwaltschaft im Mai, dass man die Untersuchungen wegen der Vergewaltigungsvorwürfe einstellen würde.
Trotz aller Mängel hat WikiLeaks die westlichen Großmächte unangenehm bloßgestellt. Dies gilt vor allem hinsichtlich des Agierens ihrer Armeen und Geheimdienste, die sich außerhalb jeder theoretischen öffentlich-demokratisch Kontrolle bewegt haben. Allzu häufig sind sie extrem gewaltsam vorgegangen und haben illegale Operationen durchgeführt, darunter Terror-Akte gegen Zivilist*innen.
Als die Bolschewiki unter Lenin und Trotzki die Arbeiterklasse und die verarmte Bauernschaft in Russland 1917 an die Macht führten, bestand eine der ersten Maßnahmen der neuen demokratischen Räte-Regierung darin, die Geheim-Abkommen zwischen den europäischen kapitalistischen Großmächten offenzulegen. Diese wollten die Welt untereinander aufteilen, um ihre geopolitischen Interessen weiter zu verfolgen.
Heute sind die westlichen Mächte – genau wie 1917 – fest entschlossen, ihre schmutzige Wäsche weiterhin hinter dem Rücken der Öffentlichkeit zu waschen. Die herrschenden Klassen in den einzelnen Ländern wissen, dass die Offenlegung ihrer anti-demokratischen und anti-sozialistischen Geheimnisse den Hass der Arbeiterklasse auf den Kapitalismus befeuern kann.