Protest in München
Viele fürchten um ihre Existenz – Anfang Dezember wurden über 400 Beschäftigte der Gersthofer Backbetriebe und Lechbäck-Verkaufsfilialen in Augsburg von heute auf morgen gekündigt. Jetzt kämpfen sie mit der 600 Millionen Umsatz schweren Serafingruppe um ihre Abfindung.
Stefan Reifberger, München
Nachdem der Absatz von Backwaren an Aldi nicht mehr gesichert werden konnte oder anders: mit den Backbetrieben eines der zahlreichen Unternehmen im Besitz von Serafin nicht mehr den gewünschten Profit und mittelfristigen Umsatz garantierte, ging es schnell ans Absägen. Die Beschäftigten bekommen lediglich 1,5 Millionen Euro für die Ausbezahlung der Dezemberlöhne und des Weihnachtsgeldes. Bei einer Demonstration der Beschäftigten, am 18. Dezember vor dem Unternehmenssitz von Serafin in München erzählte ein Kollege, der 18 Jahre im Betrieb gearbeitet hat: „Das ist keine Abfindung, sondern nach Haindl eine freiwillige Sache. Aber das ist zu wenig für uns. Das entspricht 3000 Euro brutto Gehalt. Mit was sollen wir unsere Miete bezahlen?“ Den Kolleg*innen wird lediglich ein Aktionstag der Agentur für Arbeit in Aussicht gestellt, bei dem sie über weitere berufliche Möglichkeiten und ähnliches informiert werden. Die Serafingruppe ist dadurch aus der Verantwortung.
Wütender Protest
Deshalb kämpfen die Kolleg*innen auch für ihre Rechte. Der Kollege betonte weiter: „Wir sind heute hier, weil wir unsere Rechte suchen. Man hat uns die Rechte genommen. Phillip Haindl hat uns die Firma vor 4 Jahren abgekauft, mit dem Versprechen, dass die Firma erneuert und saniert wird, das aber nicht eingehalten. Die Firma hat im ersten Jahr 35 Millionen Euro Umsatz gemacht und dann innerhalb von drei Jahren Minus. Er hat uns von heute auf Morgen auf die Straße gesetzt, kurz vor Weihnachten. Wir wollen unsere gerechte Abfindung, unseren gerechten Lohn für das, was wir für die Firma erbracht haben, weil wir die Firma auf den Füßen gehalten haben.“
Die Beschäftigten fordern eine Abfindung, die sie absichert. Seit einer Woche protestieren sie dafür nun schon in Augsburg – gestern jetzt auch vor dem Unternehmenssitz in München, in bester Lage hinter der Frauenkirche. Für die Geschäftsführung ist die teure Miete in der Münchner Altstadt gerade gut genug, während das Geld woanders angeblich knapp ist. Die Beschäftigten wissen, dass man versucht sie über den Tisch zu ziehen. Entsprechend wütend war der Protest. Ständig traten Leute an das Megafon und berichteten über die furchtbare Lage, in die die Entlassung sie und ihre Familien bringt. Viele können ihre Rechnungen nicht bezahlen. Pikant: Hinter Serafin steht gleichzeitig Phillip Haindl, Teil der über 2 Mrd schweren Haindl-Familie, die noch 2001 ihre Augsburger Papierfabrik um umgerechnet 3,85 Mrd Euro verkauft hat.
Solidarität mit den Beschäftigten!
Die Bevölkerung steht hinter den Gersthofer- und Lechbäck-Beschäftigten. Das war bei der Demonstration gestern deutlich spürbar. SAV, LINKE und linksjugend [’solid] waren auch anwesend, um die Kolleg*innen zu unterstützen. In Augsburg wird der Kampf von der LINKEN eng begleitet. Jetzt wird es entscheidend den Protest in Augsburg und München auch in andere Gewerkschaften und Spaten hineinzutragen und z.B. Verbindung zu den Beschäftigten im Augsburger Klinikum herzustellen, die gerade erst im November mit einer Streikdrohung einen beachtlichen Abschluss hingelegt haben. Mit genug Druck kann Serafin zur Auszahlung gezwungen werden. Aber warum sollten die Beschäftigten ihren Betrieb nicht auch selbst weiterführen können, wenn sich Serafin dazu nicht in der Lage fühlt?