Linksjugend [’solid]: Gegen den Ausschluss von SAV-Mitgliedern

Erklärung von Mitgliedern der SAV in linksjugend [’solid] zum Satzungsantrag S4 beim Bundeskongress 2018

Innerhalb von linksjugend [’solid], dem Jugendverband der Partei DIE LINKE, gab es in den letzten Jahren auf bundesweiter Ebene politische Konflikte, die zu einer Polarisierung des Verbandes geführt haben. Im Juli 2015 gründeten als Reaktion darauf zahlreiche Linksjugend-Mitglieder, von denen einige auch in der SAV sind, den Bundesarbeitskreis     „Revolutionäre Linke“. In seiner Gründungserklärung heißt es: „Es ist unsere Aufgabe, eine neue Generation junger revolutionärer Kräfte zu organisieren, die dazu in der Lage ist, den Kapitalismus zu stürzen und durch eine demokratische, sozialistische Ordnung zu ersetzen. Linksjugend [’solid] wird diesem Anspruch bei Weitem nicht gerecht. Karrierismus, sog. „antideutsche“ Positionen und mangelnder Bezug zu gesellschaftlichen Kämpfen sind in vielen Bundesländern zu beobachten. Auf bundesweiter Ebene ist der Verband zunehmend polarisiert. Vielerorts wird auf grundlegende Fragen eines antikapitalistischen Programms und seiner Praxis kein Bezug genommen. In einigen Fragen, etwa der Haltung zu Auslandseinsätzen, Antirassismus und Feminismus oder der Einschätzung von SPD und Grünen, werden sozialistische Positionen nicht vertreten bzw. massiv angegriffen. Wo das keinen Erfolg hat, wird auch zu unpolitischen Ausgrenzungsversuchen gegriffen.“ Eine neue Stufe dieser Ausgrenzungsversuche stellt der Antrag zum Bundeskongress 2018 dar, der die Unvereinbarkeit der Mitgliedschaft von linksjugend [’solid] und SAV festschreiben will. Dieser Antrag ist ein Angriff auf Meinungsfreiheit und Pluralität im Jugendverband. Deshalb veröffentlichen wir hier eine Stellungnahme von Mitgliedern der Linksjugend, die auch Mitglieder der SAV sind. Der Antrag und die Begründung sind weiter unten dokumentiert.

In den letzten Wochen vor Antragsschluss für Satzungsanträge zum Bundeskongress hat es scheinbar intensive Gespräche zwischen einigen Landesverbänden zur Vorbereitung eines Antrags gegeben. Hätten sie zum Ziel gehabt, breit getragene Kampagnen gegen die Politik der Großen Koalition, gegen AfD & Co. zu entwerfen und den Jugendverband inhaltlich gut aufzustellen, wäre dagegen nichts einzuwenden. Stattdessen zeichnet ein Unvereinbarkeitsantrag im ersten Antragsheft auf mehreren Seiten ein völlig verfälschtes Bild von der Arbeit der Mitglieder der linksjugend [’solid], die auch Mitglied der SAV sind, und bedient sich dabei sogar Unwahrheiten und Lügen.

Bisher gibt es in der Bundessatzung weder in der LINKEN, noch in linksjugend [’solid] echte Unvereinbarkeitsbeschlüsse. Solche finden sich eher in der Tradition der SPD, die beispielsweise 1961 den damaligen SDS ausschließen ließ. Sie sind auch nicht nötig, denn gegen alle Personen, die vorsätzlich gegen Grundsätze oder Satzung des Jugendverbandes verstoßen oder ihm schweren Schaden zufügen, kann – durchaus auch mit Ausschlüssen – vorgegangen werden. Dadurch ist in unseren Reihen kein Platz für AnhängerInnen von Rassismus, Sexismus, Militarismus oder andere Ideen, die gegen unsere Grundsätze verstoßen. Gäbe es Mitglieder, die dem Jugendverband nachweislich Schaden zufügen, etwa indem sie „Projekte torpedieren“ oder ähnliches, müsste und könnte ihnen so entgegnet werden.

Doch dafür müssten die Vorwürfe belegt werden. Stattdessen wird ein Antrag gestellt, der ein Instrument in der Satzung festschreiben soll, das es erlaubt, Mitglieder auszuschließen, deren politische Arbeit einigen nicht passt. Das ist nicht nur eine Gefahr für SAV-Mitglieder in linksjugend [’solid] und für die Landesverbände und Basisgruppen, in denen sie mitarbeiten, sondern für alle Strömungen und Personen, die sich kritisch positionieren. Denn hier wird ein Präzedenzfall geschaffen, dem weitere folgen können.

Stattdessen brauchen wir einen pluralen Jugendverband, in dem alle Meinungen diskutiert und akzeptiert werden, solange sie keine Unterdrückung oder Diskriminierung propagieren oder sonst gegen die fundamentalen Interessen der Arbeiterklasse stehen, sprich auf der Grundlage unseres Programms und unserer Satzung beruhen.

Welche Gründe werden nun angeführt, warum diese Unvereinbarkeit notwendig sei? Es wird behauptet, SAV-Mitglieder würden den BAK Revolutionäre Linke, den größten Bundesarbeitskreis des Jugendverbandes mit fast 200 Mitgliedern in über 40 Städten, dominieren. Damit wird das Bild gezeichnet, dass dort keine anderen Meinungen als die der SAV oder überhaupt demokratische Diskussionen zugelassen wären. Als Belege werden zum einen ein Artikel einer gewählten Sprecherin des BAK zitiert, in dem sie demokratische Arbeitsweisen und Strukturen beschreibt, sowie ein Artikel von REVOLUTION – eine Organisation, die mit wenigen Mitgliedern in der Anfangszeit mitarbeitete, den BAK aber wieder verlassen hat, nachdem sie kaum jemanden mit ihren Vorschlägen überzeugen konnte. In dem zitierten Schreiben wirft REVOLUTION dem BAK Revolutionäre Linke gerade vor, kein zentralistisches Modell zu verfolgen. Dort wird geschrieben: „Von Geschlossenheit nach außen, wie es für leninistische Organisationen üblich ist, sah man nichts“.

Worin besteht also die Dominanz der SAV? Tatsächlich gibt es gerade wegen des nun gestellten Unvereinbarkeitsantrags unter Mitgliedern des BAK RL, die nicht in der SAV sind, eine Empörung darüber, dass ihnen von den AntragstellerInnen abgesprochen wird, eine eigene Meinung und einen eigenen Kopf zu haben. Es scheinen eben die AntragstellerInnen zu sein, die das Bild fehlender Eigenständigkeit von Mitgliedern des Jugendverbandes haben!

Weiter wird – abgeschrieben, wie ohnehin weite Teile des neuen Antrages, aus einem Brief von 2009 – gesagt, Mitglieder der SAV würden von Organisation zu Organisation springen. Welche Organisationen sind damit gemeint? Was schon 2009 falsch war und abgelehnt wurde, kann doch neun Jahre später niemand mehr ernsthaft glauben? Wir haben neun Jahre hinter uns, in denen Mitglieder der SAV in Basisgruppen, LandessprecherInnenräten, Bundesarbeitskreisen, etc. mitgeholfen haben, den Jugendverband aufzubauen. In denen sie einen Beitrag geleistet haben, Kampagnen gegen die AfD anzustoßen wie in Berlin, Women‘s Marches wie in Hamburg, aktive Wahlkämpfe für DIE LINKE wie in NRW oder Jugendstreiks wie in Kassel auf die Beine zu stellen. Wenn es seitdem etwas gegeben haben sollte, das Zweifel daran aufkommen lässt, dass wir am Aufbau des Verbandes mitwirken, hätte man sich die Mühe machen können, dazu etwas Neues zu schreiben.

Unbelegt und wortgleich werden Vorwürfe zu angeblichen Hierarchien in der SAV erhoben. Noch immer gilt, was schon damals in der Erwiderung geschrieben wurde: „Die SAV ist sehr transparent. Jede Gliederung ist jederzeit wähl- und abwählbar und rechenschaftspflichtig. Unterschiedliche Meinungen werden in der SAV in der Diskussion und nicht per Dekret ausgetragen. Deshalb gibt es ausführliche Minderheiten- und Fraktionsrechte. Ihr könnt sie gerne in der Satzung nachlesen. […] In der SAV haben wir jedenfalls nicht diese Probleme: Dort werden GenossInnen, die bei Abstimmungen in der Minderheit bleiben, respektiert. Sie können ihre Positionen in der SAV weiter vertreten, niemand unterstellt ihnen eine Fremdbestimmung. Obwohl die inhaltlichen Gemeinsamkeiten in der SAV genauer definiert sind, gibt es dort offensichtlich mehr demokratische Rechte und Respekt für Ideen als es dem BSPR im Jugendverband vorschwebt.“ Aus der SAV wurde auch niemand für eine abweichende Meinung ausgeschlossen. Wie wird der Vorwurf belegt? Natürlich gar nicht!

Richtigerweise werden in der Begründung Aussagen von der Webseite sozialismus.info zu Pluralismus im Jugendverband zitiert. Denn Mitglieder der linksjugend [’solid], die auch bei der SAV sind, stehen für Strömungsfreiheit und demokratische Diskussionen und Entscheidungen auf allen Ebenen des Jugendverbands, solange nicht massiv gegen Programm und Satzung verstoßen wird. Doch wie wird belegt, dass wir es damit angeblich nicht ernst meinen? Gremien und Posten würden mehrheitlich von Leuten besetzt, die bei der SAV sind. Wo die Realität nicht zur Behauptung passt, wird gelogen. Angeblich sei zum Beispiel die Person, die in NRW als jugendpolitischer Sprecher vorgeschlagen wird, Mitglied der SAV. Der Genosse heißt Shen Ibrahimsadeh und ist nicht in der SAV. Punkt. Außerdem wird behauptet, 5 von 7 Mitgliedern aus dem LSPR in NRW seien bei uns Mitglied oder Sympathisanten. Tatsächlich sind 2 von 7 Mitglied der SAV. Angeblich „überrennen“ Mitglieder von uns „gut organisiert“ Landesmitgliederversammlungen. Es wird aber nicht gesagt, wo das der Fall gewesen sein soll. Dass im Jugendverband nicht aktive Leute zu Versammlungen mobilisiert wurden, ist in der Vergangenheit durch andere Gruppen vorgekommen, nicht aber durch SAV-Mitglieder!

Lächerlich wird es, wenn für solche Vorwürfe das Beispiel der Arbeit der Aachener Jusos Anfang der 1990er Jahre herangezogen wird, wo die genannten Vorwürfe an unsere Vorgängerorganisation VORAN nicht nur inhaltlich falsch sind, sondern auch noch in einer Zeit liegen, in der die meisten von uns noch nicht geboren waren.

Es wird Mitgliedern der SAV und dem BAK Revolutionäre Linke vorgeworfen, dass sie nicht an Kompromissen interessiert wären. Tatsächlich beteiligten sich VertreterInnen des BAK regelmäßig mit Vorschlägen und Anträgen an verschiedenen Diskussionen, so etwa auf dem Bundeskongress. Dort wurde 2016 ein Kampagnenantrag für eine Kampagne des Jugendverbandes zu besserer Ausbildung, Arbeit und Sozialem, sowie ein Kampagnenantrag für die Unterstützung des Protests gegen den „Tag der deutschen Zukunft“ in Dortmund eingebracht und beschlossen. Auch nach dem Bundeskongress hat der BAK die Diskussion über die weitere Handhabung der Anträge gesucht und Angebote zur Mitarbeit gemacht. Trotzdem hat der damalige BSPR sich geweigert, die demokratischen Beschlüsse des Bundeskongresses umzusetzen. Auch die antragstellenden Landesverbände waren dabei untätig. In der bundesweiten G20-AG haben Mitglieder der SAV und des BAK mitgearbeitet, dem BSPR Hilfe bei der Materialerstellung angeboten und beispielsweise die beschlossenen Flugblattentwürfe zur Diskussion gestellt – ohne eine Reaktion.

In bundesweiten Kampagnen des Jugendverbandes, von denen es viel zu wenige gibt, müssen wir zusammenarbeiten. Darüber hinaus muss in einem pluralen Jugendverband aber eine Strömung wie auch in der Partei das Recht haben, Positionen zu verbreiten, wenn sie sich – wie bei der Ausgestaltung feministischer Inhalte – von den offiziellen Positionen des Jugendverbandes unterscheiden.

Zuletzt lautet ein weiterer Vorwurf, Mitglieder der SAV hätten die Absicht, mit Linksjugend-Geldern die SAV bzw. den Manifest-Verlag zu finanzieren. Es ist bekannt, dass für politische Arbeit Geld benötigt wird. Die SAV finanziert sich aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen. Zeitungen und Bücher der SAV werden verkauft. Dadurch ist die SAV unabhängig von staatlichen Geldern oder Großspenden. Dass der Eindruck erweckt wird, SAV-Mitglieder oder Hauptamtliche würden sich bereichern, ist eine infame Unterstellung. Hauptamtliche und Mandatsträger in der SAV behalten nicht mehr als einen Facharbeiterlohn und haben keine Privilegien. Es gibt ebenfalls keinerlei Veruntreuung von Geldern der Linksjugend! Wenn so etwas der Fall wäre, sollten dafür Belege angeführt werden.

Der neu gegründete Manifest-Verlag läuft erfolgreich und freut sich über alle Bestellungen, die dort eingehen (bisher sind die Einnahmen aus Bestellungen des Jugendverbandes verschwindend gering). Er bietet marxistische Literatur zu einem günstigen Preis an und Bücher können auch in größerer Stückzahl für Schulungen bestellt werden. Eine „Kooperation zwischen dem Landesverband und dem Verlag“ – wie im Antrag in Bezug auf NRW behauptet – wurde nirgends vorgeschlagen. Der einzige Landesverband, der bisher Bücher bestellt hat, war Baden-Württemberg, in dessen LSPR es kein einziges SAV-Mitglied gibt und in dessen gesamten Landesverband bisher nur zwei Mitglieder der linksjugend [’solid] in der SAV sind.

Die AntragstellerInnen wollen mit ihrer Begründung den Eindruck erwecken, Mitglieder der Linksjugend, die auch in der SAV sind, hätten keine politischen, sondern finanzielle Motive bei der politischen Arbeit. Sie werfen mit Dreck bis hin zu unterirdischen Vorwürfen (wie dass SAV-Mitglieder keine Freunde außerhalb ihrer Organisation hätten u. ä.) in der Hoffnung, dass davon schon irgendetwas hängen bleibt. Sie wollen damit einer politisch-inhaltlichen Auseinandersetzung aus dem Weg gehen. Mehrheitlich stören sich die AntragstellerInnen an den Positionen der SAV – beispielsweise gegen Regierungsbeteiligung der LINKEN mit pro-kapitalistischen Parteien in Bundesländern wie Thüringen und Brandenburg, deren LandessprecherInnenräte zu den Mitunterzeichnern gehören, oder an der für MarxistInnen selbstverständlichen Orientierung auf die Arbeiterklasse als diejenige soziale Kraft, die das kapitalistische System stürzen und durch eine sozialistische Demokratie ersetzen kann.

Wir sind Mitglieder der linksjugend [’solid], teilweise seit Kurzem, teilweise seit Jahren. Manche von uns waren lange ausschließlich im Jugendverband aktiv, bevor wir uns in der SAV organisierten. Das haben wir gemacht, weil die SAV für gute Ansätze zum Aufbau der LINKEN und des Jugendverbandes und für Klassenpolitik auf Grundlage eines revolutionär-marxistischen Programms steht, und weil sie Erfahrungen von zahlreichen Ländern, in denen sie Schwesterorganisationen hat, einfließen lassen kann. Alle diejenigen, die uns noch nicht kennen, laden wir herzlich ein, sich mit unserem Programm und unseren Ideen auseinanderzusetzen.

Wir sind gerne bereit alle Fragen zu beantworten oder auf ernsthafte Kritik zu reagieren. Bisher bleiben Belege jedoch aus und der Eindruck besteht fort, dass ein politischer Konflikt mit einer Unvereinbarkeit „gelöst“ werden soll. Wir fordern alle Delegierten des [’solid]-Bundeskongresses deshalb dazu auf, den Unvereinbarkeitsantrag abzulehnen und gemeinsam mit uns die wirklich wichtigen Fragen anzugehen, vor denen der Jugendverband steht.

Unterzeichnende:

André Voss, linksjugend [’solid] Flensburg, Aleksandra Olzewska, linksjugend [’solid] Aachen, Arthur Gubar, linksjugend [‘solid] Lemgo, Ben Eberle, linksjugend [‘solid] Ortenau/Rote Aktion Ortenau, Carolin Gantz-Vargas,  linksjugend [‘solid] Berlin-Ost, Caspar Löttgers, Landessprecher der linksjugend [‘solid] Rheinland Pfalz und Mitglied der linksjugend [‘solid] Mainz, Charlotte Klaes, Berlin Kreuzkölln, Christian Walter, Landessprecher der linksjugend [’solid] NRW und Mitglied der linksjugend [’solid] Aachen, Collin Hauke, linksjugend [‘solid] Dortmund, Daniel Kehl, linksjugend [‘solid] Dortmund, Daniela Weber, linksjugend [‘solid] Dortmund, Elisa Mellin, linksjugend [‘solid] Rote Neustadt (Bremen), Fabian Weiß, linksjugend [‘solid] Kassel, Fionn Stacey, linksjugend [‘solid] Ortenau/Rote Aktion Ortenau, Frank Redelberger, linksjugend [‘solid] Lemgo, Fyn Hansow, linksjugend [‘solid] Hamburg Barmbek, Hannah Windisch, linksjugend [‘solid] Kassel, Jan Horsthemke, linksjugend [‘solid] Dortmund, Janis Morsbach, linksjugend [‘solid] Duisburg, Jens Jaschik, Landessprecher der linksjugend [’solid] nrw und Mitglied der linksjugend [’solid] Dortmund, Jonas Rütter, linksjugend [‘solid] Dortmund, Jule Lange, linksjugend [‘solid] Hamburg Altona, Julian Koll, linksjugend [‘solid] Dortmund, Junias Omollo, linksjugend [‘solid] Kassel, Katharina Doll, linksjugend [‘solid] Hamburg Altona, Lukas Zöbelein, linksjugend [‘solid] Mainz, Marie Schulpig, linksjugend [‘solid] Berlin-Ost, Marius Petrenz, linksjugend [‘solid] Berlin-Ost, Marlene Frauendorf, linksjugend [‘solid] Berlin-Ost, Max Klinkner, Landessprecher der linksjugend [‘solid] Rheinland Pfalz und Mitglied der linksjugend [‘solid] Mainz, Marvin Klopp, Gera, Michael Koschitzki, linksjugend [‘solid] Berlin-Ost, Nadja Habibi, linksjugend [‘solid] Hamburg Altona, Nils Ellerbrock, linksjugend [‘solid] Hamburg Barmbek, Paulina Matthuse, linksjugend [‘solid] Hamburg Altona, Sarah Moayeri, linksjugend [‘solid] Berlin Kreuzkölln, Thies Wilkening, linksjugend [‘solid] Hamburg Barmbek, Tim Brandes, linksjugend [‘solid] Berlin Kreuzkölln, Tobias Koschmieder, linksjugend [’solid] Aachen,  Tom Hoffmann, linksjugend [‘solid] Berlin-Ost, Steffen Neuß, linksjugend [‘solid] Dortmund, Svenja Jeschak, linksjugend [‘solid] Dortmund, Vanessa Diener, linksjugend [‘solid] Kassel

Dokumentiert: S4 Wer die Befreiung fordert, darf seine Mitglieder nicht unfrei machen!

Antrag:

Der Bundeskongress möge beschließen die Bundessatzung in §4 Mitgliedschaft wie folgt zu ergänzen: „(7) Eine Mitgliedschaft in der linksjugend [’solid] ist mit einer Mitgliedschaft in der Sozialistischen Alternative (SAV) nicht vereinbar.“

Begründung:

Das Verhältnis zwischen der Sozialistischen Alternative (SAV) und dem Jugendverband wird in nicht wenigen Landesverbänden und im Bundesverband seit längerer Zeit diskutiert. Bei vielen Jugendverbandsmitgliedern besteht die berechtigte Sorge, dass die Souveränität des Verbandes durch eine extern organisierte Gruppierung unterlaufen wird. Gerade in Anbetracht des Bundesarbeitskreis Revolutionäre Linke (BAK RL), der innerhalb des Jugendverbands als ein Verband innerhalb des Verbandes wahrgenommen wird und durch die SAV dominiert ist. [1] Wir finden es vollkommen legitim und notwendig, dass sich Mitglieder der linksjugend [‘solid] in spezifischen Arbeitskreisen auf Landes- oder Bundesebene zusammenschließen. Nicht legitim finden wir jedoch, Parallelstrukturen einzuführen und weiter auszubauen, junge Genoss*innen zu manipulieren, geleistete Arbeit oder Projekte zu torpedieren oder in Gänze zu übernehmen und Ressourcen des Jugendverbands zu nutzen, um die eigene Organisation (in diesem Falle die SAV) anstatt der linksjugend [’solid] zu stärken.

Der SAV geht es um die SAV, nicht um die linksjugend [’solid]

Dass es der SAV in erster Linie um den Aufbau ihrer eigenen Strukturen auf Kosten der linksjugend [’solid] geht, beweisen Beispiele aus einigen Landesverbänden: Auf einem Sommercamp eines Landesverbandes kam es zu einem Vorfall, der deutlich macht, dass die SAV sich politische Veranstaltungen einverleibt. So wurde von einem SAV- Mitglied des Landessprecher*innenrates das Landesverbandsmaterial „vergessen“, dafür aber SAV-Fahnen und SAV-Material für drei (anschließend überladene) Tische mitgebracht, sodass den Teilnehmer*innen des Sommercamps suggeriert wurde, auf einem Camp der SAV zu sein. Zusätzlich streben SAV-Mitglieder in Landessprecher*innenräten eine Kooperation zwischen dem jeweiligen Landesverband und dem SAV-eigenen Verlag an – mit dem Ziel, durch Gelder der linksjugend [’solid] die SAV bzw. ihren Verlag zu finanzieren. Auch auf Neumitgliederseminaren, die frisch eingetretene Mitglieder der linksjugend [’solid] über unsere Strukturen und Ziele aufklären sollten, hatte man häufig das Gefühl, auf einer SAV-Werbeveranstaltung zu sein. All diese Beispiele verdeutlichen, dass es der SAV und deren Kader nicht um die Stärkung der linksjugend [’solid] und der einzelnen Landesverbände, sondern um die Stärkung und Finanzierung ihrer eigenen Organisation geht. [2] Die Kader der SAV springen von Organisation zu Organisation, immer unter dem Vorwand, eine Arbeiter*innenpartei aufbauen zu wollen und lassen sich dies von ihren Mitgliedern bezahlen. Überall dort, wo die SAV denkt, es ließe sich für sie etwas herausholen, werden die Mitglieder per Beschluss zugewiesen und müssen Kosten für eine doppelte oder gar dreifache Mitgliedschaft tragen. Der Führung selbst geht es darum, neue zahlende Mitglieder zu gewinnen und Materialien zu verkaufen, um ihren Apparat zu finanzieren. So gibt es Berichte von ehemaligen SAV Mitgliedern, die beschreiben, dass ein enormer Druck auf Individuen ausgeübt wird, um genügend Material der SAV zu verkaufen. Kommt es vor, dass man dieses erwartete Soll der SAV-Leitung nicht erfüllt, wird man zum Gespräch mit der Regionalleitung gebeten.

Diese stellt Fragen wie: „Meinst du es überhaupt ernst mit der SAV?“ oder „Willst du überhaupt für andere Gesellschaft kämpfen?“. So werden Genoss*innen massiv unter psychischen Druck gesetzt, um den Profit der SAV zu maximieren. Selbstbestimmte und fortschrittliche Politik sieht unserer Meinung nach anders aus.[3]

Politische Pluralität? – Nicht mit der SAV

Immer wieder hört oder liest man seitens der SAV Phrasen wie „Wir sind für politische Pluralität!“ oder „Wenn Landesverbände anfangen, politische Strömungen des Jugendverbandes auszuschließen, werden plurale Debatten auf die Bundesebene verbannt und Landesverbände durch die Mehrheitsströmungen definiert!“, oder „Strömungspolitische Debatten sollten geführt und nicht mit Unvereinbarkeiten beantwortet werden!“. [4] Wenn der SAV tatsächlich etwas an politischer Pluralität innerhalb der linksjugend [’solid] läge, würde sie kaum Landesmitgliederversammlungen mehrheitlich und gut organisiert überrennen, um Gremien wie Landessprecher*innenräte oder auch Delegiertenmandate fast zur Gänze zu übernehmen und so andere Ansichten ins Abseits zu drängen. [5] Politische Pluralität bedeutet, sich trotz aller inhaltlicher Differenzen zusammenzusetzen, Kompromisse zu finden und gemeinsam in Gremien und Strukturen zu arbeiten. Nun könnte man uns vorwerfen, dass dieser Antrag sich ebenfalls gegen die politische Pluralität richtet. Wir stehen allerdings trotz teilweise sehr großer inhaltlicher Differenzen gemeinsam hinter diesem Antrag, wir sind trotz großer inhaltlicher Differenzen gemeinsam in Bundesarbeitskreisen organisiert, wir finden trotz großer inhaltlicher Differenzen immer Kompromisse, auf deren Basis wir den Jugendverband gestalten wollen. Die Vergangenheit hat allzu oft gezeigt, wie die SAV mit dieser Art der pluralistischen Verbandsarbeit umgeht – indem sie sie ablehnt  und als „bürokratisch“ diffamiert.[6] Aus diesem Verhalten seitens der SAV könnte man unter Berücksichtigung dieser Faktoren auch schlussfolgern, dass die inhaltlichen Differenzen der SAV mit unserem Jugendverband so groß sind, dass sie es nicht mehr für möglich hält, Kompromisse in Bezug auf politische Forderungen und der Diskussion um den „richtigen“ Aufbau unseres Verbandes zu finden. Dies würde uns zu der Frage führen, wieso die Mitglieder der SAV dann überhaupt noch in der linksjugend [’solid] aktiv sind. Als Beispiel des Unwillens, sich mit anderen Meinungen im Verband auseinanderzusetzen, kann der SAV-initiierte und dominierte BAK Revolutionäre Linke gelten. Dieser erstellte beispielsweise Material zum Thema Feminismus oder zu den Protesten gegen G20, obwohl es für genau diese thematischen Schwerpunkte bereits spektren- und strömungsübergreifende Bundesarbeitskreise (BAK Feminismus, G20-AG) gab. Anstatt sich also aktiv an der politischen Willensbildung innerhalb der gegebenen Strukturen des Bundesverbandes zu beteiligen, verweigerte man sich einer theoretischen Diskussion, flüchtete sich in seine Parallelstruktur – den BAK RL – und publizierte gänzlich eigenes Material.[7] Dieser Vorwurf mag banal klingen, spiegelt aber ein grundlegendes Problem der SAV wieder – die SAV ist nicht bereit, sich aktiv für diesen Jugendverband in seiner gesamten Breite einzusetzen, bedient sich aber gut und gerne an den Ressourcen ebendieses. Vor diesem Hintergrund scheint es schon fast zynisch, wenn z.B. Michael Koschitzki (SAV-Bundesleitung) erklärt: „Wir brauchen einen Jugendverband, wo alle GenossInnen, die sich auf der Grundlage von Programm, Satzung und Methode des Jugendverbandes bewegen, diskutieren und sich einbringen können.“[8] Genau diesen Verband haben wir, allerdings versucht die SAV immer wieder, diese Möglichkeiten zu unterwandern oder auszuhöhlen.

Kritik ist nicht willkommen! – Die SAV gefällt sich in der Opferrolle

Während die SAV sich bei jeder Kritik an ihrer Organisation als Opfer von „Angriffen“, „Verleumdungskampagnen“ oder von „bürokratischen Kleinkriegen“ darstellt, sollten sich die Mitglieder der SAV, denen etwas an der linksjugend [’solid] liegt, folgende Fragen stellen: Warum müsst/sollt ihr als SAV-Mitglieder die ganze Zeit Zeitungen, Bücher und sonstige Werbemittel zu verkaufen? Warum schrumpft der Freundeskreis auf SAV-Mitglieder zusammen? Warum hängt ihr oft in SAV-dominierten Kreisen ab, wenn ihr auf Veranstaltungen des Jugendverbandes seid? Warum gibt es in den SAV-Gruppen oder in SAV-dominierten Strukturen innerhalb des Verbandes extrem hohe Hierarchien? Was will eigentlich die SAV-Leitung?

Was wollen wir (nicht)

In der SAV gibt es viele junge Genoss*innen mit dem Herz an der richtigen Stelle und guten Positionen im Kopf, aber sie werden durch soziale und strukturelle Kontrolle an eine Organisation gefesselt, die sie ausbeutet und bei abweichender Meinung gegebenenfalls auch ausschließt. Wir wollen alle jungen SAV-Mitglieder, die im Verband organisiert sind, für einen starken und pluralen sozialistischen Jugendverband gewinnen.

Mitglieder der SAV oder auch die Sympathisant*innen der hier kritisierten Organisation behaupten stets, wegen ihrer ‚Radikalität‘ von der linksjugend [’solid] oder anderen Linken kritisiert zu werden. Dass dies nicht der Fall ist wurde hier ausführlich dargestellt – sie werden aus etlichen anderen Gründen kritisiert. Dieser Antrag stellt keinen politischen Kampf mit bürokratischen Mitteln dar, sondern verdeutlicht die Unvereinbarkeit der organisatorischen Grundsätze der SAV mit denen der linksjugend [’solid]. Diese Unvereinbarkeit ist im Kern gekennzeichnet durch immense interne Hierarchien, Intransparenz, einen hohen Mangel an organisationsinterner Demokratie, erheblichen Gruppendruck, eine vermeintliche absolute Wahrheit, Verachtung Andersdenkender und Ausbeutung der eigenen Mitglieder. Von einer emanzipatorischen linken Politik kann bei der SAV nicht die Rede sein.

In unserem Jugendverband sollen alle Mitglieder ihre eigene Meinung vertreten können, auch bei einer Meinungsminderheit! Wir wollen alle gemeinsam an unseren Themen arbeiten. Natürlich gibt es dabei auch mal Streit, und zum Teil schon seit Jahren diskutierte, manchmal widersprüchliche, Positionen und Genossinnen und Genossen, die sich persönlich und politisch nicht ausstehen können. Nicht alles läuft glatt, nicht alles funktioniert nach Plan. Aber, hey! Wir sind ein Jugendverband und arbeiten gemeinsam dran! Wir sind nicht die Speerspitze der Arbeiter*innenschaft, wir wollen Teil der Bewegung sein, die wirklich etwas bewegt! In diesem Sinne und im Sinne unseres pluralistischen und basisdemokratischen Selbstverständnisses wollen wir nicht die politischen Positionen von Trotzkist*innen ausschließen. Trotzkistische Positionen haben ihren Platz in der politischen Linken und der linksjugend [’solid].

Trotzkist*innen haben gerade mit ihrer Kritik am Stalinismus wichtige Impulse für einen sozialistischen Aufbruch beizusteuern. Was unseres Erachtens aber zukunftslos ist, ist ein hierarchisches, manipulatives und intransparentes Organisationsmodell, wie es von der SAV-Leitung vertreten und konsequent durchgesetzt wird. Unser Ziel ist eine selbstbestimmte und radikale linksjugend [’solid]!

Wir sagen:  Wer die Befreiung fordert, darf seine Mitglieder nicht unfrei machen!

Quellen und Anmerkungen:

[1] Katharina Doll (Mitglied der Bundesleitung der SAV und Sprecherin BAK RL) erklärt: „Mit dieser Struktur treffen wir auf Grundlage gemeinsamer Positionen (…) Entscheidungen über Kampagnen im linken Flügel und eine gemeinsame Taktik.“ (Quelle: https://www.archiv.sozialismus.info/2016/04/linksjugend-solid-lets-organize/ – auf der Homepage der SAV lassen sich außerdem viele Berichte über die Arbeit des BAK Revolutionäre Linke finden.) Dies deckt sich mit der Wahrnehmung einiger Genoss*innen, die sich ebenfalls zunächst im BAK RL organisierten (Quelle: http://onesolutionrevolution.de/austritt-aus-der-revolutionaeren-linken-in-solid-aber-warum/).

[2] Sommercamp im Jahre 2016 der linksjugend [’solid] nrw in Schwerte, eine Woche vor der LVV im Februar 2018 schlugen zwei Landessprecher in NRW auf der letzten Sitzung des amtierenden LSPR eine Kooperation mit dem SAV-Verlag vor, auf dem Neumitgliederseminar Anfang diesen Jahres der Linksjugend [’solid] nrw in Düsseldorf wurde ebenfalls Werbung durch das Auslegen und Verkaufen von SAV-Material für die SAV gemacht. Eine Landessprecherin der linksjugend [’solid] BaWü, welche 2009 ebenfalls Mitglied der SAV war, leitete alle Mails, die über den LSPR-Verteiler gingen an ihre SAV-Struktur weiter, was über eine Fehlermeldung, die plötzlich der gesamte damalige LSPR erhielt, publik wurde (Quelle: Lissy Bott, war damals ebenfalls Landessprecherin in BaWü 2009).

[3] Dass es sehr schwer ist hierzu Quellen zu nennen, liegt natürlich daran, dass es den entsprechenden Quellen nicht sehr leicht fällt, sich zu outen und damit Anfeindungen auszusetzen.

[4] (Vgl. https://www.archiv.sozialismus.info/2012/09/linksjugendsolid-fuer-einen-pluralen-jugendverband) Hier möchten wir gerne auf das Statut der SAV verweißen: „VI. Demokratische Rechte und Pflichten (1) Grundsätze / a (…) Um eine handlungs- und kampffähige Organisation zu haben, fordert er ebenso die gemeinsame und disziplinierte Umsetzung von Beschlüssen unddie Unterordnung der Minderheit unter Mehrheitsentscheidungen in der Umsetzung. (…) (2) Minderheitenschutz und Fraktionsrechte / a Grundsätzlich haben alle Mitglieder und Minderheiten das Recht, innerhalb der Organisation eine abweichende Meinung in Wort und Schrift zu verbreiten.“

[5] Aktuelles Beispiel im LV NRW, der JuPo gehört der SAV an, 5 von 7 Mitgliedern des LSPR gehören der SAV an oder sympathisieren mit dieser und auch die Landesparteitagsdelegation der linksjugend [’solid] nrw wurde mehrheitlich von der SAV übernommen. Diese Taktik wendet die SAV jedoch schon lange an. Anfang der 90er Jahre wirtschaftete die SAV, damals unter dem Namen „Voran“ die Jusos Aachen rücksichtslos herunter, so übernahmen sie zunächst viele führende Positionen in den Juso-Strukturen um dann Mitte der 90er Jahre geschlossen auszutreten und viele örtliche Stukturen, die sie zuvor übernommen hatten in der Handlungsunfähigkeit verschwinden zu lassen. [Heute ist die linksjugend [’solid] Aachen neben der linksjugend [’solid] Dortmund eine Hochburg der SAV in NRW] (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Voran / http://klarmann.blogsport.de/2008/05/05/linksgegenrechts-linksjugend-solid-linkejugend-aachen-platzt-der-zu-eng-gewordene-sav-kragen/ https://www.archiv.sozialismus.info/Files_static/30JahreVORAN_SAV.pdf)

[6] (Vgl. unter anderem: https://www.archiv.sozialismus.info/2016/04/linksjugend-solid-lets-organize/)

[7] Als Beispiel soll hier der Flyer des BAK RL zu G20 gelten. Einen derartigen Flyer, der sich am Buko-Beschluss von 2017 orientiert gab es vom Bundesverband, alle hatten die Möglichkeit sich in der G20-AG einzubringen und den Flyer mitzugestalten (Quelle: https://revolutionaerelinke.wordpress.com/2017/04/26/g20-stoppen-international-gegen-krieg-ausbeutung-und-kapitalismus Projektbeschluss des BuKo: https://www.linksjugend-solid.de/2016/04/19/widerstand-gegen-g20-in-hamburg)

[8] (Quelle: https://www.archiv.sozialismus.info/2012/09/linksjugendsolid-fuer-einen-pluralen-jugendverband) Die Aussage des SAV-dominierten Sprecher*innenkreises des BAK RL „Auf Unterstützung vom Bundesverband der Linksjugend darf dabei jedoch nicht gehofft werden. Dieser versagt bisher, gutes Material gegen die AfD zu entwickeln“ zeigt doch, dass der SAV nicht daran gelegen ist, sich wie alle anderen Mitglieder an unserem Mitmach-Verband zu beteiligen und gemeinsam mit anderen, die sich außerhalb ihrer Strukturen gegen die AfD einsetzen, Positionen und Flyer zu entwickeln (Quelle: https://www.archiv.sozialismus.info/2017/03/revolutionaere-linke-2017-aktiv-gegen-afd-g20-und-kapitalismus).