Lehren aus dem Kampf für den Aufbau neuer linker Parteien auf drei Kontinenten
Was haben Brasilien, die USA und Österreich gemeinsam? Überall kämpfen revolutionäre SozialistInnen um den Aufbau neuer Massenparteien, die ein starkes Instrument zur Durchsetzung des Interesses der Beschäftigten sein sollen.
Von René Arnsburg, Berlin
Dabei sind nicht nur die Voraussetzungen extrem unterschiedlich, sondern auch der aktuelle Stand der Auseinandersetzung und die Erfolge. In dem im Dezember 2017 erscheinenden Sammelbands sind die Erfahrungen jahrelanger beharrlicher Arbeit aus 14 Ländern versammelt. Lucy Redler und René Arnsburg geben Texte aus den oben genannten Staaten plus Italien, dem spanischen Staat, Portugal, Griechenland, Großbritannien, Polen, Schweden, Belgien, Irland und Frankreich heraus.
Dazu zieht Lucy Redler Bilanz über die Gründung der Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG) und deren Fusion mit der damaligen PDS sowie über zehn Jahre DIE LINKE. Redler war selbst intensiv in die Auseinandersetzungen involviert, die zur Herausbildung der heutigen LINKEN geführt haben – erst als Spitzenkandidatin der WASG Berlin, die eigenständig und in Konkurrenz zur Linkspartei.PDS bei den Abgeordnetenhauswahlen 2006 antrat, später als eine der Bundesprecherinnen der Antikapitalistischen Linken (AKL), die für einen kämpferischen Kurs der Gesamtpartei eintritt und seit 2016 auch im Parteivorstand von DIE LINKE.
Das Buch wirft vor allem einen Blick auf die Entwicklungen seit der Weltwirtschaftskrise. Aber in allen Texten wird deutlich, dass die Rückschläge und Durchbrüche beim Aufbau neuer Arbeiterorganisationen nicht einfach einer zeitweiligen Konjunktur entsprechen, sondern in der Geschichte der Arbeiterklasse und ihrer Kämpfe verwurzelt sind.
Schritte nach Vorne
Doch das Buch ist mitnichten pessimistisch und zeigt nur die Fehler auf. Die Herausbildung neuer Organisationen war oft ein Schritt nach vorn bei der Suche nach einem politischen Ausdruck. Trotzdem der Kapitalismus bereits mehrere Jahrhunderte das global herrschende System und der Kampf gegen ihn fast genauso alt ist, sind wir noch lange nicht am Ziel. Die reformistische Politik der alten Arbeiterorganisationen, ob Parteien oder Gewerkschaften, und das Überlaufen ihrer Führung in das Lager der Kapitalistenklasse hat tiefe Spuren hinterlassen. Nicht nur im Westen, sondern auch in den stalinistischen Staaten betrieben die regierenden Parteien eine Politik, die revolutionäre Bewegungen unterdrückte oder ins Aus führte.
Und so sind die heute existierenden linken Formationen noch lange nicht das letzte Wort, weder organisatorisch, noch programmatisch, sondern oft nur ein Zwischenschritt und Ausdruck einer Übergangsphase. Durch sie lernen AktivistInnen, wer ihre Interessen vertritt und welches Programm dafür das richtige ist.
Lehren ziehen
Die Beitragenden entwickeln in schwierigen Zeiten eine Perspektive, wie der Kampf gegen den Kapitalismus Erfolg haben kann – wenn die Lehren aus der Vergangenheit gezogen und mit dem Erbe der gescheiterten Versuche gebrochen werden kann. Vor allem aber beweisen sie, dass der Aufbau solcher Massenparteien nicht von wenigen im Hinterzimmer gelingen kann oder sie fertig vom Himmel fallen, sondern in Bewegungen geformt werden und sich beweisen müssen. Am Schicksal einiger Parteien zeigt sich, dass nur ein klar sozialistisches Programm und ein demokratischer Aufbau erfolgreich sein können. Wo dies fehlt, sind Niederlagen vorprogrammiert und nicht nur die Linke, sondern die Arbeiterklasse insgesamt droht, auf längere Sicht zu scheitern, wie es der PRC und der Arbeiterbewegung in Italien oder SYRIZA in Griechenland widerfahren ist.
Erschienen Manifest Verlag (ISBN 978-3-96156-032-5) um 12,90 Euro