Was bedeutet die Insolvenz von Air Berlin?
Die Bundesregierung und die Berliner Landesregierung mischten sich nach der Insolvenz der Berliner Fluggesellschaft Air Berlin ein, um sicherzustellen, dass die Lufthansa ihre Vormacht ausbauen kann.
von Michael Koschitzki, Berlin
Darunter leiden vor allem die Beschäftigten. Die Führung der Gewerkschaft ver.di setzte dem so gut wie nichts entgegen.
Im August 2017 wurde die Insolvenz von Air Berlin bekanntgegeben. Kurz darauf sagte die Bundesregierung einen Überbrückungskredit von 150 Millionen Euro zu. Geld, von dem man nicht weiß, ob die öffentliche Hand es je wieder sieht. Damit sollte eine sofortige Zahlungsunfähigkeit abgewendet werden. Ging es dabei um die Passagiere, die im Ausland waren? Ein Rückblick zeigt: Mitnichten!
Ausbau der Lufthansa
Der Kredit sollte vor allem verhindern, dass Air Berlin seine Start- und Landerechte auf den Flughäfen verliert. Denn das ist das begehrteste Kapital. Doch dabei bleiben die Interessen der Beschäftigten auf der Strecke. Der Übergang zur Lufthansa bedeutet für die KollegInnen eine Neubewerbung bei Eurowings und bis zu 40 Prozent Lohnverlust. Deren Beschäftigten warnten ihre Berliner KollegInnen sogar in einem Brief vor dieser Firma, die noch weniger Urlaub gibt als andere! Für rund 4000 MitarbeiterInnen von Air Berlin, die nicht irgendwo übernommen werden, bedeutet der Ausverkauf den Gang zum Arbeitsamt. Nur der CEO Winkelmann hat sich sein Gehalt in Höhe von 4,5 Millionen Euro absichern lassen und ist von der Insolvenz nicht betroffen.
Für den Erhalt aller Arbeitsplätze!
Die Reaktion der Gewerkschaftsführung auf die Insolvenz ist für kommende Auseinandersetzungen – zum Beispiel bei Siemens und Osram – ein Warnsignal! Statt sich klipp und klar für den Erhalt aller Arbeitsplätze zu gleichen Bedingungen einzusetzen und dafür die Beschäftigten zu mobilisieren, blieb es bei der Forderung nach einem Sozialtarifvertrag – zu dessen Verhandlung niemand bereit war – bei Appellen an die Regierung und der Mitgestaltung des Ausverkaufs. Die Gewerkschaftsführung bewertete das Angebot der Lufthansa „positiv“ und akzeptierte die Tarifverträge von easyjet. Nach dreieinhalb Monaten Tatenlosigkeit organisierten die Beschäftigten selbst eine Demonstration, die ver.di dann unterstützte. Sie fordern einen ordentlichen Betriebsübergang und Erhalt ihrer Arbeitsbedingungen und Löhne. Der Düsseldorfer Flugbegleiter Kurt Schröder sagte rückblickend “Wir haben bei Air Berlin nie von unserem Streikrecht gebrauch gemacht, sondern sind jede Extrameile mitgegangen, um unseren Konzern zu retten. Nehmt die Air Berlin Story als Warnung.” Um jetzt noch etwas zu ändern, bedarf es den Schulterschluss mit anderen von Arbeitsplatzabbau betroffenen KollegInnen, um offensiv für den Erhalt von Arbeitsplätzen und die Enteignung von Firmen, die entlassen, zu kämpfen.