Zum Verbot von indymedia.linksunten
Die gewaltsamen Auseinandersetzungen und Ausschreitungen beim G20-Gipfel werden von den Regierungsparteien1 gegenwärtig dazu genutzt, politische Schläge und Repressalien gegen die radikale Linke zu fahren und Einschränkungen von Grundrechten vorzubereiten. Das jüngst erfolgte Verbot des Trägervereins des linken Netzportals „indymedia.linksuten“ ist ein bisheriger Höhepunkt dieser repressiven Linie.
von Marcus Hesse, Aachen
Was ist indymedia-.inksunten und was bedeutet das Verbot genau?
Indymedia wurde 1999 im Zuge der globalisierungskritischen Bewegung als freies, nichtkommerzielles Nachrichten-Netzwerk gegründet. 2001 ging Indymedia Deutschland online, das ab 2008 unter der Subdomain „indymedia.linksunten“ nutzbar ist. Ziel war und ist es, der einseitigen Berichterstattung der bürgerlichen Medien etwas entgegenzusetzen. Bei indymedia, das mit diversen„Independent Media Centern“ in vielen Ländern existiert und dort jeweils eigene Ableger hat, kann jede/r schreiben. Ein nationaler Trägerverein kontrolliert und moderiert die Plattform. Als pluralistische und breite linke Informations- und Austauschplattform spielt indymedia eine wichtige Rolle. Das Verbot sollte also die Linke in der Breite treffen.
Das Verbot richtet sich gegen den Trägerverein, der linksunten moderiert und betreibt. Das Verbot im Sinne des Vereinsrechts betrifft nicht nur die Seite selbst, sondern auch dessen Präsens und Verfügbarkeit im Tor-Netzwerk sowie seine Twitter- und E-Mail-Accounts. Auch die Verwendung von Kennzeichen des Vereins ist seit der Verbotsverfügung untersagt. Das Vermögen der Betreiber soll beschlagnahmt werden. Seit dem 25.8. ist Linksunten offline. Gegen mehrere BetreiberInnen der Seite gab es Hausdurchsuchungen. (ZEIT- und SPIEGEL Online 25.8.2017)
Ein Angriff gegen uns alle
Dieses Vorgehen ist besonders brisant und heuchlerisch: Handelt es sich hier um einen staatlichen Angriff auf Pressefreiheit und das freie Internet durch die Bundesregierung , während das Vorgehen eines Erdogan oder Putin gegen kritische JournalistInnen hierzulande zurecht skandalisiert und auch von StaatsvertreterInnen angeprangert wird.
Das alles geht einher mit einer streckenweise absurden Hetzkampagne, bei der sich Justizminister Maas (SPD) nicht zu schade war, von der Organisation von „Rock gegen Links“ zu sprechen. Zugleich fordern bürgerliche Politiker die Schließung von Autonomen Zentren, wie der „Roten Flora“ in Hamburg. Vordergründig richtet sich dies gegen die linksradikale, autonome Szene. Deren Erscheinungsbild und Methoden sind in der Regel wenig geeignet, bei der breiten Masse der arbeitenden Bevölkerung auf Sympathie und Solidarität zu stoßen, weshalb sie sich als erstes Angriffsziel gegen die gesamte Linke besonders gut eignen.
Eine isolierte radikale Szene lässt sich leicht als erstes attackieren. Damit kann der Staat dann im Vorgehen gegen Linke ein Exempel statuieren und einen Präzedenzfall schaffen, mit dem bei verallgemeinerten Protesten auch leicht gegen soziale Massenbewegungen und GewerkschafterInnen vorgegangen werden kann. Dieses Vorgehen ist typisch für den gesamten EU-Raum, in dem die Herrschenden mit Streik- und Demoverboten und Repression gegen Massenproteste agieren. Die großen Parteien machen unverhohlen Wahlkampf mit der Forderung nach einem „starken Staat“. Allen voran natürlich die Unionsparteien. Deren Innenminister wollen mit einem Aktionsprogramm gegen „Linksextremismus“ in den Wahlkampf ziehen. Aber die SPD steht ihnen da in wenig nach. Nicht nur die regierende Bundes-SPD begrüßt das Verbot: Es fand auch die Zustimmung der Innensenatoren von Hamburg und Berlin. (Dort regiert DIE LINKE mit). Erwartungsgemäß hat auch die Gewerkschaft der Polizei das Verbot unterstützt. (ZEIT- und SPIEGEL Online 25.8.)
Solidarität mit indymedia.linksunten!
Unmittelbarer Vorwand für das Verbot ist das angebliche Bewerben von strafbaren Handlungen und das Verbreiten von entsprechenden Aufrufen zu beispielsweise Brandanschlägen, Sachbeschädigungen und Angriffen auf die Polizei.
Nun sind viele Methoden der Autonomen aus linker Perspektive heraus zu kritisieren und liefern dem Staat Anlässe und Vorwände zur Kriminalisierung der gesamten Linken und von Protestbewegungen. Innerhalb der Linken und der Arbeiterbewegung sollte dies durchaus problematisiert werden. Doch das ist nicht Sache des bürgerlichen Staates, seiner Polizei und Justiz.
Die Plattform indymedia dient nicht zuletzt auch zur Dokumentation und zu kritischen Austausch. Längst nicht alles, was dort erscheint, entspricht der Meinung der BetreiberInnen und der linken Community. Der kruden Logik der Regierung und Behörden nach ist aber der Inhalt der Berichte und veröffentlichten Aufrufe automatisch mit der Haltung der BetreiberInnen gleichzusetzen. Das verstößt gegen Grundsätze der Pressefreiheit und der demokratischen Journalistik.
Daher ist es wichtig, dass dem skandalösen Verbot breiter Widerstand entgegengebracht wird. Eine unmissverständliche Kritik muss von der Partei DIE LINKE und von den Gewerkschaften kommen.
Grundlage der Kritik muss das Verständnis sein, dass das Verbot zugleich ein Angriff auf Presse- und Netzfreiheit ist zugleich eine Attacke auf linke und antikapitalistische Protestbewegungen.