Gemeinsame Veranstaltung von CWI und Izquierda Revolucionaria ein großer Erfolg
Mit großem Erfolg richten das Komitee für eine Arbeiterinternationale (Committee for a Workers´ International, CWI) und die Izquierda Revolucionaria (Revolutionäre Linke) gemeinsam eine Veranstaltung in Barcelona in Gedenken an die Oktoberrevolution vor 100 Jahren aus.
Bericht von Izquierda Revolucionaria (neue Schwesterorganisation der SAV und neue Sektion des CWI im spanischen Staat)
Die internationale Veranstaltung, die am 19. Juli von Izquierda Revolucionaria und dem CWI organisiert worden ist, war ein großartiger Erfolg. Mehr als 600 ArbeiterInnen, junge Leute und AktivistInnen unserer beider Organisationen und aus der Linken insgesamt füllten die Aula des Kulturzentrums „Cotxeres de Sants“. Die Spannung im Saal war mit Händen zu greifen – schließlich war die Verteidigung des Oktober und des revolutionären internationalistischen Marxismus das Thema.
Die GenossInnen am Redepult waren (in der Reihenfolge ihres Auftretens):
Ana Garcia, Generalsekretärin der Schülergewerkschaft Sindicato de Estudiantes,
Paul Murphy, marxistischer Parlamentsabgeordneter in Irland, der gerade erst einen historischen Sieg erringen und den Versuch erfolgreich abwehren konnte, ihn und andere wegen erfolgreicher Proteste im Kampf gegen eine Wasser-Abgabe ins Gefängnis zu werfen (#JobstownNotGuilty)
Juan Ignacio Ramos, Generalsekretär von Izquierda Revolucionaria
Peter Taaffe, Mitbegründer der Strömung „The Militant“ und Generalsekretär der heutigen Socialist Party
Kshama Sawant, marxistische Stadträtin im US-amerikanischen Seattle, die zu den bekanntesten VertreterInnen der Linken in den USA gehört.
Es ist nicht leicht zu beschreiben, welchen Eindruck die RednerInnen hinterlassen haben, da sie in zweieinhalb Stunden das breite Feld von der Oktoberrevolution bis zu den heutigen Klassenkämpfen abdeckten. Alle RednerInnen machten auf das außergewöhnliche Erbe aufmerksam, das der Bolschewismus hinterlassen hat, hoben die Ideen von Lenin und Trotzki hervor und sprachen vom Beispiel der zehntausenden namenlosen KämpferInnen. All das sei für diejenigen, die heute für eine sozialistische Welt kämpfen, so überaus wichtig.
Das Banner der Oktoberrevolution ist für uns eine Leitlinie in unserem Handeln. Als die ArbeiterInnen und Jugend in Russland die Macht errangen, die KapitalistInnen enteigneten, den Bäuerinnen und Bauern das Land übergaben, Frauenrechte durchsetzten und den unterdrückten Nationen das Selbstbestimmungsrecht brachten, erbrachten sie durch ihre Tat und nicht nur in irgendwelchen Reden den Beweis, dass es wirklich möglich ist, die Verhältnisse zu verändern und den Kapitalismus zu stürzen.
Der Sieg vom Oktober veränderte die Welt und motivierte ArbeiterInnen und junge Leute, die Menschheit mit Hoffnung zu erfüllen. Damit hatte die Idee vom Sozialismus die theoretische Ebene verlassen und war zur praktischen Aufgabe geworden. Was den Grad an Demokratie, Partizipation und Freigebigkeit angeht, nahm diese Revolution in der Geschichte plötzlich Platz eins ein.
Auch auf den Zusammenbruch der Sowjetunion und der stalinistischen Regime in Osteuropa wurde eingegangen, durch den die feindselige kapitalistische Konterrevolution erst möglich werden konnte. Die Bürokratie, die den Internationalismus der ProletarierInnen zugunsten der anti-marxistischen Theorie vom „Sozialismus in einem Land“ preisgab, zerstörte die Arbeiterdemokratie und errichtete einen autoritären Staat. Lenins BolschewistInnen wurden aufgerieben und inhaftiert, die Revolution wurde verraten und die VertreterInnen der Bürokratie wurden zu einer neuen kapitalistischen Klasse.
Als der „Ostblock“ zusammenfiel, jubelte die internationale Bourgeoisie und die Führungen der traditionellen linken Organisationen, die alten kommunistischen Parteien wie auch die Sozialdemokratie und die Gewerkschaften vollzogen einen starken Rechtsruck. Man akzeptierte plötzlich das Credo des Neoliberalismus. Die MarxistInnen aber hielten dem Sturm stand, den die Reaktion erzeugte und der durch die Aufgabe des Kampfes durch die o.g. Strukturen nur noch stärker wurde. Uns war klar, dass der scheinbare Triumph des Kapitalismus nur von relativ kurzer Dauer sein würde und dass eine neue Krise alle Illusionen bald schon wieder tilgen würde.
Alle RednerInnen hoben die Tatsache hervor, wie der Weltkapitalismus seit zehn Jahren durch seine schlimmste Rezession seit 1929 taumelt. Die innere Balance des Systems existiert nicht mehr: Massenarbeitslosigkeit, soziale Ungleichheit, Kriege mit tausenden Toten, Flüchtlingsströme und die ökologische Katastrophe breiten sich aus wie eine Plage.
Das Sein bestimmt das Bewusstsein, wie Marx gesagt hat. Die Krise hat sämtliche Prozesse des Klassenkampfs beschleunigt und zu einer Belebung des Konflikts geführt. Das hat es in den letzten 40 Jahren nicht mehr gegeben. Das Bewusstsein von Millionen von ArbeiterInnen und vor allem das der jungen Leute hat sich weiterentwickelt – analog zur gesellschaftlichen Polarisierung. Der Kapitalismus ist in eine Phase der Unwägbarkeiten und des Pessimismus gerückt worden.
Die Erfahrung dieser Jahre hat aber auch gezeigt, dass es – wenn wir echte Veränderung wollen – nicht reicht, nur auf Rhetorik und Reden zurückzugreifen. Das Beispiel Griechenlands muss uns eine Lehre sein. SYRIZA und Tsipras hatten die Unterstützung der arbeitenden Menschen. Tsipras fehlte es allerdings an einem revolutionär-politischen Ansatz. Er akzeptierte die Logik des kapitalistischen Systems und kapitulierte schamlos vor der „Troika“, setzte deren Kürzungen und ihre Austerität um.
Der Klassenkampf mit all seinen spektakulären Höhen und Tiefen und das Beispiel, das wir liefern, wenn wir die Kräfte des Marxismus aufbauen, zeigt, wie nötig es ist, nicht nur mit aller Energie in den Bewegungen mitzuwirken, sondern dabei auch eine konsequent sozialistische Politik zu vertreten. In diesem Zusammenhang beschrieb Kshama Sawant die Stadtratsarbeit, die MarxistInnen in Seattle leisten. Dort haben wir eine Kampagne für die Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Dollar geführt und mobilisieren zusammen mit anderen Kräften gegen die reaktionäre Politik von Trump. Sie erklärte, wie ein Amt, in das man gewählt worden ist, benutzt werden kann, um den Organisationsgrad zu steigern und das Bewusstsein zu heben. Dasselbe trifft auch auf Paul Murphy im Kampf gegen die Wasser-Abgabe in Irland zu. Dieser Kampf provozierte eine harsche Reaktion von Seiten des Staates. Er zeichnete nach, wie die Socialist Party (Schwesterorganisation der SAV und Sektion des CWI in Irland) sich mit einer Massenkampagne gegen die Kriminalisierung des Protestes zur Wehr gesetzt und es damit letztlich geschafft hat, die staatlichen Angriffe abzuwehren. Am Ende musste die Justiz sämtliche Angeklagten freisprechen. Dieser großartige Erfolg zeigt, wie man sich mit bolschewistischen Methoden erfolgreich gegen die Reaktion stellen kann.
Peter Taaffe gab eine hervorragende Einführung in die Grundzüge des Bolschewismus. Dabei betonte er, wie wichtig es ist, dass es eine revolutionäre Partei gibt, die den status quo von Grund auf transformieren kann. Das sei auch die zentrale Aufgabe in unserer Epoche: der Aufbau revolutionärer Parteien in allen Ländern der Welt durch beharrliche Intervention im Klassenkampf und in den neu entstehenden politischen Formationen, die infolge der Systemkrise und der Sozialdemokratie entstehen. Die Haltung der „Socialist Party“ (Schwesterorganisation der SAV und Sektion des CWI in England & Wales) besteht darin, eine Regierung unter Corbyn zu fordern, die ein sozialistisches Programm gegen Kürzungen und Austerität durchsetzen muss. Das ist die einzige konkrete Möglichkeit voran zu kommen und an den Erwartungen Millionen von Arbeitender und junger Menschen anzusetzen, die die konservativen „Tories“ zu Fall bringen und die Gesellschaft transformieren wollen.
Ana Garcia lenkte den Fokus auf die Schlüsselrolle, die den jungen Leuten bei all den Ereignissen zugekommen ist, die wir in Spanien mitverfolgen konnten. Die Kinder der Krise erleben, dass dieses System ihnen nichts zu bieten hat. Sie werden nichts anderes übernehmen als die Rechte, für die unsere Eltern und Großeltern einmal auf der Straße gekämpft haben. Darüber hinaus waren sie das Rückgrat der sozialen Erhebung, die die konservative PP in Schach gehalten und dem Regime der Ära nach der Transition (Phase, die der Franco-Diktatur folgte; Anm. d. Übers.) eine schwere Krise bereitet hat. Die Sindicato de Estudiantes (Gewerkschaft der SchülerInnen und Studierenden) hat eine führende Rolle bei diesen Kämpfen gespielt und ein revolutionäres und antikapitalistisches Programm ohne Zugeständnisse verteidigt, indem wir uns auf die ganze Macht der jungen Menschen gestützt haben.
Ana erläuterte, wie wir an Schulen und Universitäten 25 Generalstreiks organisiert haben, die die Klassenräume und Hörsäle leer und die Straßen haben voll werden lassen. Dies geschah mit der Wut auf die Regierung, die als Erbe des Francismus anzusehen ist. Millionen junger Leute wollen einen tiefen und radikalen Schnitt. Doch dieser Wandel kann nicht erreicht werden, wenn man die Logik des Kapitalismus unangetastet lässt. Das ist einfach unmöglich. Wir wollen kostenlose öffentliche Bildung, aber wir wollen auch eine entsprechende Gesundheitsversorgung, Arbeit und angemessenen Wohnraum. Wir wollen jede Form der Unterdrückung beenden, die sich gegen die gesellschaftliche Klasse, ein Geschlecht oder nationale Minderheiten richtet. Wir wollen eine andere Welt aufbauen. Klar sei, dass dies nur durch den Kampf für Sozialismus möglich ist. Aus diesem Grund verteidigt die Sindicato de Estudiantes die Ideen des Marxismus und Bolschewismus.
Die Verteidigung des Rechts auf Selbstbestimmung in Katalonien war den ganzen Abend über ein Thema. Das begann mit der Begrüßungsrede von Borja Latorre und galt vor allem für den Beitrag von Juan Ignacio Ramos. Aus Sicht von Izquierda Revolucionaria hat die Bevölkerung in Katalonien das Recht zu entscheiden. Dieses Recht sollte nicht davon abhängen, ob es dem Staat passt oder nicht. Dieses Recht muss durch Mobilisierung und den Kampf der Massen durchgesetzt werden.
Wir dürfen uns nicht der katalanischen Bourgeoisie unterordnen. Es handelt sich hierbei – wie im Falle der PdeCat (bürgerl. Partei, die für die Unabhängigkeit Kataloniens eintritt; Erg. d. Übers.) – um rechtsgerichtete Nationalisten, die Kürzungen durchsetzen und Repression anwenden. Wir kämpfen für ein sozialistisches Katalonien, eine sozialistische Republik, um die Kräfte der Arbeiterschaft und der jungen Leute Kataloniens mit denen im Rest des spanischen Staates zu vereinen. Das Ziel besteht darin, zu echter Demokratie zu kommen, die nur im Rahmen des Sozialismus möglich ist. Ein wesentlicher Schritt bestünde in diesem Zusammenhang darin, die reaktionären Regierungen von Rajoy in Madrid aber auch unter Puigdemont in Katalonien zu Fall zu bringen. Das ist nur durch den Kampf der Massen möglich, die den sozialen Frieden beenden müssen, für den die Gewerkschaftsspitzen stehen.
Diese wirklich großartige Veranstaltung gedachte der Russischen Revolution vor 100 Jahren, aber es ging auch um den Jahrestag einer anderen bedeutenden Revolution: Der dreijährige bewaffnete Kampf gegen den Faschismus in den Straßen und Betrieben Kataloniens, des Baskenlandes und aller anderen Teile des spanischen Staates.
Dieser heldenhafte Kampf bleibt weiterhin eine Inspiration dafür, den denselben Kampf fortzusetzen und damit auch den hunderttausenden durch die Diktatur Ermordeten Hochachtung zukommen zu lassen, die nirgendwo erwähnt worden sind.
Die Abendveranstaltung endete damit, dass die Idee hervorgehoben wurde, die sich wie ein roter Faden durch alle Reden gezogen hatte. Heute sind all die objektiven materiellen Voraussetzungen gegeben, die es für den Sozialismus braucht. Es sind daher nicht die objektiven Bedingungen, die zu vertanen Möglichkeiten führen, sondern es ist das Fehlen einer revolutionären Führung.
Unsere Aufgabe besteht darin, einen Beitrag zu leisten, um diesen subjektiven Faktor ohne Sektierertum zu schaffen und allen die Hand entgegen zu strecken, die die Gesellschaft verändern wollen.
Erst weit nach 21 Uhr ging die Veranstaltung mit dem gemeinsamen Anstimmen der „Internationale“ zu Ende. 600 Menschen sangen in ihrer jeweiligen Muttersprache. Das war ein sehr emotionaler Moment und rundete den wirklich roten und internationalistischen Abend hervorragend ab.