Wohnungspolitisches Programm der LINKEN in NRW
Das Mietenprogramm der LINKEN in Nordrhein-Westfalen ist klarer als bisherige Stellungnahmen der Partei zum Thema. Die LINKE in NRW geht davon aus, dass der herkömmliche „soziale Wohnungsbau“, die Förderung privater Investoren mit öffentlichen Mitteln, nicht funktioniert und dass Wohnungsmangel und steigende Mieten nur durch öffentliche Wohnungsbauprogramme gestoppt werden können.
von Claus Ludwig, Köln
Im Programm heißt es: „Jedes Jahr fallen mehr Wohnungen aus der Sozialbindung als neue dazu kommen. Von ehemals 844.000 Sozialwohnungen in NRW im Jahr 2002 waren Ende 2014 nur noch 489.000 sozial gebunden. Weder freifinanzierter Wohnungsbau noch das Angebot einer öffentlichen Förderung privater Bauträger im Gegenzug für Mietpreis- und Belegungsbindung ist allein in der Lage, ausreichend bezahlbare Wohnungen zur Verfügung zu stellen. Denn private finanzstarke Investor*innen können vor allem in Niedrigzinsphasen mit hochpreisigen Wohnungen oder Büros höhere Profite als mit sozialem Wohnungsbau erzielen.“
Die LINKE fordert eine Wohnungsoffensive für Nordrhein-Westfalen und schreibt zu Recht: „DIE LINKE will die Versorgung mit Wohnraum nicht dem Markt überlassen. Wohnen ist eine öffentliche Aufgabe. Es ist die Pflicht des Landes und der Kommunen, menschenwürdige und bezahlbare Wohnungen sicherzustellen. Wir setzen uns daher für eine Wohnungsoffensive, die sowohl den Neubau als auch den Bestand im Auge hat, ein. Kommunen und Land sollten jährlich 100.000 eigene Wohnungen mit unbefristeter Sozialbindung bauen […] Um diese Wohnungsoffensive zu stemmen, brauchen wir eine neue landeseigene Wohnungsgesellschaft, die einem sozialen und gemeinnützigen Wohnungsbau verpflichtet ist. Die Kommunen brauchen eine ausreichende finanzielle Ausstattung, um vor Ort das Angebot an eigenem bezahlbarem Wohnraum ausbauen zu können.“
Privatisierung und Luxussanierung lehnt die Partei grundlegend ab und fordert stattdessen den Umbau von leerstehenden Büros und Wohnungen in günstigen Wohnraum. Zu diesem Zweck sollen Zweckentfremdungsgesetze und -satzungen erlassen werden und leerstehende Gebäude beschlagnahmt werden. Hausbesetzungen sollen legalisiert werden.
Kostenmiete
Die öffentlichen Wohnungsunternehmen sollen sich an der Kostenmiete orientieren, also keine Gewinne mit der Vermietung machen. Die Nettokaltmiete ließe sich somit aus Sicht der LINKEN selbst bei Neubauten auf maximal sechs Euro pro Quadratmeter begrenzen. Je nachdem, ob das Baugrundstück bereits in öffentlicher Hand ist und die Finanzierung über öffentliche Gelder erfolgt, kann die Miete auch noch günstiger und gleichzeitig kostendeckend sein. Heute zahlen die MieterInnen auf dem privaten Wohnungsmarkt jedenfalls nicht nur die realen Bau-und Erhaltungskosten, sondern ein Mieter-Leben lang auch die Profite der privaten Grundstückseigentümer, der Baufirmen, der finanzierenden Banken und natürlich der Immobilienkonzerne.
Um überhaupt genug Grundstücke für öffentlichen Wohnungsbau zur Verfügung zu haben, fordert die LINKE einen Stopp des Verkaufs öffentlicher Flächen an private Investoren:
„Der größte Konkurrent der günstigen Wohnung ist der frei finanzierte Bau teurer Wohnungen … Das Problem fehlender Wohnungen wird argumentativ verdreht, um den verstärkten Zugriff von Investor*innen auf Grundstücke zu legitimieren […] Private Immobilienbesitzer*innen eignen sich ein Sahnestück nach dem anderen an […] Luxusprojekte wirken als Preistreiber in ganzen Städten. Die fetten Mieten breiten sich aus wie ein Schnupfen in der Kindertagesstätte. Wer bezahlbaren Wohnraum für die Menschen mit unteren und mittleren Einkommen schaffen möchte, darf keine weiteren Landnahme-Projekte […] zulassen. In Städten, in denen Grundstücke Mangelware sind, ist es zentral, dass die Stadt sämtliche Flächen, derer sie habhaft werden kann, behält beziehungsweise erwirbt.“
Die LINKE fordert zudem, die bisher erfolgten Privatisierungen von Wohnungsbeständen rückgängig zu machen und diese wieder in öffentliches Eigentum zu überführen. Wohnungsunternehmen sollen demokratisiert und die MieterInnen stärker beteiligt werden.
Kommunale Praxis
Das Wohnungskapitel im linken Landtagswahlprogramm ist aus sozialistischer Sicht gut. Aber das entspricht nicht der Praxis vieler linker Stadtratsfraktionen und Kreisverbände. Oftmals trauen sich diese nicht, umfassende kommunale Wohnungsbauprogramme zu fordern, sondern belassen es bei der Forderung nach „mehr Sozialwohnungen“. Damit unterscheiden sie sich kaum von der SPD, die das auch fordert, wohl wissend, dass sozialer Wohnungsbau das Grundproblem nicht löst (Siehe Kasten).
Aber auf vielen Ebenen, bundesweit und in den Kommunen, schielt die Partei wie eine Maus auf die sozialdemokratische Schlange und stimmt wiederholt Grundstücksverkäufen an private Investoren zu. Diesen werden öffentliche Grundstücke verscherbelt, die zuvor mit öffentlichen Mitteln erschlossen wurden. Städtische Wohnungsgesellschaften können sich wie Privatkapitalisten gebärden, ohne immer auf die grundlegende Opposition der LINKEN zu treffen. Es bleibt zu hoffen, dass die in Gang gekommene wohnungspolitische Debatte zum Umdenken auch in der Praxis führt. Wesentlicher Bestandteil linker Wohnungspolitik muss auch die Unterstützung von Mieterkämpfen und Initiativen sein, die derzeit in vielen Städten Deutschland aktiv sind.
[box type=“shadow“ ]Wie funktioniert der „soziale Wohnungsbau“? Ein Investor, der Wohnungen bauen will, bekommt einen durch den Einsatz von öffentlichen Geldern verbilligten Kredit. Im Gegenzug darf die Miete einen bestimmten Betrag nicht übersteigen und er verpflichtet sich, die Wohnungen für eine gewisse Anzahl von Jahren ausschließlich an einen berechtigten Personenkreis zu vermieten. Nach diesem Prinzip wurden nach dem Zweiten Weltkrieg in Westdeutschland mehrere Millionen Sozialwohnungen gebaut. Das hört sich zunächst nicht so schlecht an, verewigt aber den Mangel an bezahlbaren Wohnungen. Das Hauptproblem ist: die Wohnungen fallen je nach Vereinbarung in der Regel nach 15 bis 20 Jahren aus der Sozialbindung. In den Städten stehen Millionen ehemalige Sozialwohnungen. Die Sozialwohnung von gestern ist die unbezahlbare Wohnung von heute. An ihrer Stelle kann keine neue, bezahlbare Wohnung mehr entstehen. Baugrund und Wohnung gehören nämlich dauerhaft dem Investor. Hinzu kommt, dass mit „sozialem Wohnungsbau“ auch private VermieterInnen subventioniert werden. Kern linker Wohnungspolitik muss die Schaffung von kommunalem Wohnraum sein.[/box]