Die Bundesregierung hat ein Gesetz zur Finanzierung des Atomausstiegs beschlossen, der bis 2022 beendet sein soll. Danach sollen die Energiekonzerne für den Abriss der Atomkraftwerke und die Verpackung des Mülls zuständig sein, der Staat sorgt im Gegenzug für die Endlagerung. Ein weiterer Teil des Deals ist der Wegfall der Brennelementesteuer ab 2017.
von Alexandra Arnsburg, Berlin
Mit diesem Gesetz wird der Atomausstieg, den sich die Regierungsparteien so groß auf die Fahnen geschrieben haben noch einmal mehr zu einer Farce, denn nicht die immensen Gewinne der Energiekonzerne gehören zukünftig dem Staat, sondern der radioaktive Müll. Während sich die Energiekonzerne – zukünftig auch wieder ohne Brennelementesteuer – dumm und dämlich verdienen, bleibt uns, den SteuerzahlerInnen, das Problem der Lagerung von derart für Mensch und Umwelt schädlichen Substanzen, wofür bis heute noch keine akzeptable Lösung gefunden wurde.
Was kostet der Atomausstieg wirklich?
Die Kosten für den Abriss der Atomkraftwerke, die Verpackung des Atommülls und die Zwischen – und Endlagerung, können derzeit gar nicht genau beziffert werden. Die Konzerne sind fein raus. Während private Haushalte immer wieder zu Kasse gebeten werden, wenn die Kosten für die Müllentsorgung steigt, bekommen die Energiekonzerne die Entsorgung fast geschenkt. Für 23,55 Milliarden Euro entledigen sie sich der kompletten Haftung und auch der ungewollten Brennelementesteuer. Falls das Unternehmen vorher noch pleite geht, muss es auch für den Abriss der AKWs nicht zahlen.
Die nicht öffentliche Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs rechnete im besten Fall mit 48 Milliarden Euro Kosten für die Entsorgung auf der Grundlage von Preisen aus 2014, eine Berechnung hatte aber auch 170 Milliarden Euro bis 2099 zum Ergebnis. Das finanzielle Risiko lässt sich also nicht genau beziffern, aber dennoch ist das kein Grund für die Bundesregierung, die Energiekonzerne aus der Haftung zu entlassen und ihnen obendrauf noch die Brennelementesteuer zu schenken die ja eigentlich auch zur Gegenfinanzierung dienen sollte und wodurch nun Einnahmen von ca. sechs Milliarden Euro fehlen.
Was zahlen die Konzerne neben der Abgabe noch?
Die Kosten für Abriss und Entsorgung sollen sich auf bis zu siebzig Milliarden Euro belaufen, wofür die Konzerne Rückstellungen gebildet haben. Diese liegen jedoch nicht etwa bei einem entsprechenden Dienstleister auf dem Konto, der dann sofort mit den Arbeiten beginnt, sondern in Anlagen, Vermögen und Beteiligungen. Das heißt, wieviel Geld letztendlich zur Verfügung steht und wie groß die Verpflichtungen werden hängt auch von der künftigen Zinsentwicklung ab. Zudem gibt es auch Ratenzahlung für die Konzerne und wenn sie zahlungsunfähig werden, springt auch der Staat wieder ein.
Insgesamt scheint es für die Energiekonzerne rentabler zu sein in den Fonds einzuzahlen als zum Beispiel wie im Fall E.on Tochtergesellschaften zu bilden und die Atomsparte auszugründen, wonach sie laut Gesetz nur fünf Jahre haften müsste. Nicht umsonst hat E.on seine Pläne verworfen, nachdem bekannt wurde, das das neue Gesetz kommt.
Was verspricht sich die Bundesregierung?
Nach den Ankündigungen von Eon wurde der Bundesregierung plötzlich klar, dass die Energiekonzerne sich aus der Verantwortung stehlen würden. Mit diesem Gesetz soll das Risiko für die SteuerzahlerInnen minimiert werden. Wie wir sehen, sind die Zahlungen in den Fond höchstens ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn überhaupt noch reales Vermögen übrig bleibt, da auch dieses Geld „arbeiten“ soll, also von der Zinsentwicklung abhängig sein wird.
Außerdem verspricht sich die Bundesregierung durch ihre großzügigen Geschenke ein Entgegenkommen der Konzerne bei den Verhandlungen zu den Rücknahmen von Klagen, die die Konzerne gegen den Staat aufgrund der Brennelementesteuer, des Atomausstiegs etc. anstreben bzw schon führen. TTIP & Co. lassen grüßen. Warum sollten private Konzerne auf eine Menge Extrazahlungen verzichten, wo es doch angeblich mit den Gewinnen gerade bergab geht?
Gibt es Proteste?
Nachdem 2011 250.000 Menschen für den Atomausstieg demonstrierten, ebbten Proteste nach den Versprechungen in den Wahlprogrammen und der Ankündigung des Atomausstiegs nach dem Reaktorunfall in Fukushima ab. Für die Einführung der Brennelementesteuer gab es Initiativen der Umweltverbände und 140.000 Unterschriften, gegen die Abschaffung wurden in diesem Jahr sogar 300.000 Unterschriften übergeben. Verbände und NGOs organisierten verschiedene Proteste. Wie man sieht blieb es bei Versprechungen, die sich nun als Worthülsen entpuppen.
Wir zahlen nicht für euren Müll!
Um den Atomausstieg nicht zu unseren Lasten und eine Energiewende von unten durchzusetzen, brauchen wir Massenbewegungen. Hier sind auch die Gewerkschaften gefordert, ihre Millionen Mitglieder zu informieren und zu mobilisieren. Solange es keine Regierung gibt, die konsequent Arbeiter- und Umweltinteressen vertritt und bereit ist, sich dafür mit den großen Konzernen anzulegen und den Kapitalismus abzuschaffen, wird nur der Druck von der Straße und aus den betrieben, die Macht der Energiekonzerne einschränken können.
Wir fordern:
> Sofortige Abschaltung aller AKW, garantierte Ersatzarbeitsplätze für die Beschäftigten
> Stromriesen enteignen, demokratisch kontrollieren und verwalten
> Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Energien