Bericht von der Demonstration gegen die AfD in Berlin
Der dritte September sollte ein Tag des massenhaften Widerstands gegen die AfD werden. Gekommen waren zur Demonstration aber laut Veranstalterangaben nur 6.000 Menschen – zum Teil angereist aus dem Bundesgebiet und Österreich. Das kann aber nicht mit mangelnder Bereitschaft zum Widerstand gegen die aggressiv-nationalistische AfD erklärt werden, sondern hängt auch mit der Ausrichtung des Bündnis zusammen.
von Michael Koschitzki, Berlin
Denn auch wenn Proteste gegen die AfD keine Selbstläufer sind, gibt es ein viel größeres Potential zum Widerstand als hier abgerufen wurde. Allein Jennifer Rostocks Video gegen die AfD, das zwei Tage vorher erschien, wurde fast eine halbe Millionen Mal angeschaut. Überall fragen sich Menschen, wie eine Strategie gegen rechte Hetze aussehen kann.
Mit welchen Inhalten gegen die AfD?
Das Bündnis Aufstehen gegen Rassismus wurde Anfang des Jahres von fünfzig VertreterInnen von Organisationen ins Leben gerufen und bei einer Konferenz von fünfhundert Personen im April öffentlich gestartet. Die Hoffnungen waren groß, jetzt gemeinsam und bundesweit koordiniert gegen die AfD zu kämpfen.
Doch von Anfang an gab es Diskussionen über die inhaltliche Ausrichtung des Bündnis. Die tragenden Organisationen setzten trotz aller Bedenken durch, dass sich Aufstehen gegen Rassismus nicht gegen Abschiebungen und Asylrechtsverschärfung ausspricht und keine sozialen Forderungen aufstellt, um explizit SPD und Grüne im Bündnis zu halten. Davon versprachen sie sich eine „breite“ Kampagne und bessere Mobilisierungsmöglichkeiten in den Gewerkschaften.
Konzept geht nicht auf
Allein das hätte die inhaltlichen Zugeständnisse nicht gerechtfertigt, weil auch allein die Größe einer Demonstration nicht beantwortet, wie man der AfD eine wirkliche Alternative von links entgegen setzt. Aber auch das Konzept ging nicht auf. Weder die Gewerkschaftsapparate noch SPD nahe Organisationen mobilisierten massenhaft zu der Demonstration. Von ihnen wurde keine Busse organisiert, Werbekampagnen geschaltet oder ernsthaft Vertrauensleutestrukturen für Mobilisierungen genutzt. Auf der Demonstration selbst waren sie auch gar nicht zu sehen. Die Grünen hatten gar keine Präsenz. Die gewerkschaftliche Mobilisierung blieb auf die Gewerkschaftslinke beschränkt, die mit einem Lautsprecherwagen von ver.di organisierte.
Und auch von Seiten der linken und antifaschistischen Organisationen mochte angesichts der inhaltlichen Zugeständnisse keine wirkliche Begeisterung für die Kampagne aufkommen und es wurde nur wenig mobilisiert. So konnte man in Berlin vorher kaum Plakate für die Demonstration sehen und hat nur wenig davon mitbekommen.
Über die Strukturen der LINKEN wurde etwas mehr mobilisiert und sie stellte einen gut sichtbaren Block auf der Demonstration, auch wenn von der Parteiprominenz nur wenige zu sehen waren. Den größten Block stellte das Blockupy-Bündnis. Sie hatten im Aufstehen gegen Rassismus Bündnis trotz Kritik mitgearbeitet und für den Tag vorher zu einer Blockade des Bundesarbeitsministeriums aufgerufen, zu dem laut Blockupy 2.000 Menschen kamen. Sie hatten angekündigt, nicht zum Endkundgebungsplatz zu laufen, falls dort einE AsylrechtsverschärferIn reden sollte, wozu es nicht kam. Lediglich beim Auftakt redeten drei Kandidatinnen zur Abgeordnetenhauswahl, wovon Susanne Kitschun von der SPD für Rot-Rot-Grün als Gegenmodell zur AfD warb. Das ist, wenn die einzige Opposition gegen einen BER-, Schuldenbremse- und LaGeSo-Senat von rechts kommt, ein eher fragwürdiges Modell.
Gegen jeden Rassismus
Mitglieder der SAV hatten sich an der Demonstration gemeinsam mit anderen Mitgliedern der LINKEN und linksjugend [’solid] beteiligt und für den Tag ein Transparent gemalt, auf dem stand „Die AfD macht die Hetze, CDU/CSU, SPD, Grüne, FDP die Gesetze. Jeden Rassismus bekämpfen“, wofür wir viel Zuspruch bekamen. Wir verteilten außerdem Flugblätter für die Demonstration gegen rechte Gewalt in Dortmund am 24. September, zu der auch auf dem Lautsprecherwagen der LINKEN aufgerufen wurde.