Zur Rentenkampagne von DGB und IG Metall
Für Sommer und Herbst haben DGB und IG Metall eine Rentenkampagne angekündigt. Derweil diskutieren die Regierungsparteien wieder mal ein neues Rentenkonzept.
von Angelika Teweleit, Berlin
Zwei Drittel der Beschäftigten glauben laut einer von der IG Metall in Auftrag gegebenen Umfrage, dass sie von der gesetzlichen Rente nicht gut leben können. Dass die Rente nicht ausreicht, ist schon jetzt bittere Wahrheit. Daran ändert auch die für dieses Jahr im Vergleich zu den vergangenen Jahren starke Erhöhung der Renten nichts. Seit Schröders Agenda 2010 ist das Rentenniveau auf 47,5 Prozent des Erwerbseinkommens gesunken; bis 2030 wird es weiter sinken. Die subventionierte private Riester-Rente beschert den Versicherungen Profite, den Versicherten bringt sie in der Realität eines krisengeschüttelten Kapitalismus nichts.
Jugend und Frauen
Mit der massiven Zunahme von prekären Beschäftigungsverhältnissen und befristeten Arbeitsverträgen wird es immer schwieriger, eine lückenlose Beschäftigung im Berufsleben zu erreichen. Die Hälfte der unter 34-jährigen haben laut IGM bereits berufliche Unterbrechungen. Für Frauen ist dies wegen der traditionellen Rollenverteilung, fehlenden Betreuungseinrichtungen, Erziehungszeiten oder auch Pflege von Angehörigen schon lange so. Deshalb liegt die Durchschnittsrente für Frauen im Westen bei 477 Euro. Das sind 500 Euro unter der ohnehin geringen Durchschnittsrente von Männern.
Nein zur Verlängerung der Lebensarbeitszeit
Diese Zustände sind skandalös genug, doch Schäuble geht das nicht weit genug. Im Frühjahr schlug er die Rente mit siebzig vor. Niemand kann sich vorstellen, unter dem massiv angestiegenen Arbeitsdruck mit siebzig noch an der Maschine, im Klassenzimmer oder auf einer Krankenpflegestation mitzuhalten. Vor allem würde die weitere Anhebung des Rentenalters zu Abschlägen bei der Rente führen, wenn Beschäftigte sich früher verrenten lassen.
Für eine Rente, von der man leben kann!
Es ist gut, dass die IG Metall den Ausstieg aus der Riester-Rente sowie eine Verbesserung der gesetzlichen und der betrieblichen Rente fordert. Die Forderungen von DGB wie auch IG Metall sind jedoch bescheiden. So steht im Forderungskatalog des DGB die Aussetzung der Rente mit 67 und dass das Rentenniveau auf dem jetzigen Niveau gehalten werden soll. Die IG Metall fordert die Stabilisierung des Rentenniveaus und eine schrittweise Anhebung.
Doch der Status Quo ist eindeutig zu wenig! Es besteht kein Grund zur Bescheidenheit, schaut man sich die Entwicklung der Gewinne an. Diejenigen, die den gesellschaftlichen Reichtum erwirtschaften, sollten davon profitieren – auch, wenn sie in ihre wohlverdiente Rente gehen!
Betriebliche Proteste nötig
Was IG-Metallvorstand Hans-Jürgen Urban als „große Kampagne“ ankündigt, beinhaltet bislang einen „Generationendialog“, Öffentlichkeitsarbeit, ein Rentenforum mit Betriebsräten und Vertrauensleute und örtliche Aktionen. Man hofft, so Einfluss auf die Wahlprogramme der Parteien zu gewinnen. Doch eine wirkliche Rentenreform im Interesse der Masse der Beschäftigten – jung und alt – wird es so nicht geben.
Mit mobilisierenden Forderungen könnten KollegInnen branchenübergreifend zu Protesten aufgerufen werden. Mit Arbeitsniederlegungen könnte Druck auf Arbeitgeber und Politiker aufgebaut werden. Die LINKE könnte mit Forderungen nach einer grundlegenden Rentenreform im Sinne der Beschäftigten die Kampagne stärken und sich in den Betrieben verankern. In den Gewerkschaften sollten Forderungen eingebracht werden, diese Kampagne zu einer betrieblichen Mobilisierung inklusive Arbeitsniederlegungen bis hin zu politischem Streik auszuweiten.
Forderungen der SAV:
- Sofortige Erhöhung des allgemeinen gesetzlichen Rentenniveaus auf 57 Prozent (OECD-Durchschnitt) als erster Schritt hin zu 75 Prozent
- Höherwertung niedriger Einkommen bei der Rentenberechnung
- Monatliche Mindestrente von 750 Euro plus Warmmiete
- Nein zur Rente mit 67 – Senkung des Rentenalters auf 60 Jahre