Interview mit einem Dortmunder SAV-Mitglied
Am 31. Juli kam es auf der Demo „Gegen Nationalismus und Rassismus“ in Köln bei der Abreise zu einem Angriff von DIE RECHTE auf AntifaschistInnen. Thies aus Dortmund berichtet über die Ereignisse und den Kampf gegen die Naziszene in Dortmund.
Kannst du uns von dem Angriff berichten?
Einige GenossInnen von Linksjugend [solid] und der SAV waren auf der Demo gegen Rassismus und Nationalismus von „Köln gegen Rechts“. Dort haben wir nicht nur gegen die Demo der AKP protestiert, die 20000 Erdogan-Fans herangekarrt hatte um ihre Repression in der Türkei zu legitimieren, sondern auch gegen einen Aufmarschversuch verschiedener rechter Kräfte, an dem pro NRW, Reste von HoGeSa, die NPD und eben auch DIE RECHTE beteiligt waren. Die 150-200 Nazis durften wegen ihrem aggressivem Auftreten nicht marschieren und standen auf dem Bahnhofsvorplatz etwa 1000 AntifaschistInnen gegenüber – der Tag war für sie also eine Niederlage. Als wir nach Hause wollten und mit acht Leuten schon im RE1 saßen, entschied die Polizei die Nazikundgebung zu beenden.
Für die Heimreise der Nazis wurde der RE1 ausgesucht und extra aufgehalten. Wir haben nur gemerkt dass der Zug nicht losfuhr und sahen plötzlich Dortmunder Nazis vorbeigehen. Wir wollten natürlich nicht mit denen in der Bahn sitzen und sind ausgestiegen, dabei haben wir gemerkt dass auf dem ganzen Bahnsteig ca. 50 Nazis standen. Die GenossInnen haben bei der Flucht nur ein Paar blaue Flecke durch Schläge und Tritte abbekommen. Ich bin auf eine Treppe zugerannt und wurde von mehreren Nazis attackiert.Dabei bekam ich eine Faust auf die Nase und wurde gegen den stehenden Zug geschlagen. Sie haben mich aber nicht vom Bahnsteig herunter verfolgt und ein Krankenwagen wurde von der DB-Sicherheit gerufen, weil ich aus einer Platzwunde an der Stirn blutete. Glücklicherweise waren auch Antifa-Sanis in der Nähe und kümmerten sich um mich. Die Polizei kam ein Paar Minuten später auf den Bahnsteig und ich habe die Nazis angezeigt. Durch die Überwachungskameras im Bahnhof sollte sich leicht feststellen lassen, wer genau was gemacht hat.
Auch an den darauffolgenden beiden Tagen waren die Nazis aktiv, es gab einen Angriff auf AntifaschistInnen in der Dortmunder Nazihochburg Dorstfeld und eine Provokation durch Nazihools in der Nordstadt.
Wie kommt es dazu, dass Nazis auf offener Straße Menschen attackieren?
Einerseits gehen sie, wenn sie in Überzahl sind, davon aus dass wir uns nicht wirksam verteidigen können. Andererseits gibt es aber auch politische Gründe. Sie fühlen sich durch ihren erfolgreichen Aufmarsch am 4.6 in Dortmund, der von der Polizei durchgesetzt wurde, ermutigt. Schon seit Jahren hat die Dortmunder Polizei sich den Nazis gegenüber entgegenkommend verhalten und so beigetragen, dass Dortmund zur Nazi-Hochburg werden konnte. DIE RECHTE bezeichnet sich zwar offiziell als Partei, in Wirklichkeit setzen sie aber auf Gewalt und Terror gegen politische GegnerInnen und MigrantInnen.
Bei dem Angriff in Köln kommt dazu, dass die Polizei offenbar vergessen hat die Nazis bei der Abreise zu begleiten, obwohl die gleiche Truppe am selben Tag schon auf der Hinfahrt im Zug randaliert hatte.
Wie sieht das weitere Vorgehen aus?
Wie schon gesagt wurde Anzeige erstattet, wir werden uns aber nicht allein auf Polizei und Justiz verlassen. Wir werden gemeinsam mit BündnispartnerInnen Öffentlichkeitsarbeit machen und die aus der Anzeige wahrscheinlich folgenden Prozesse begleiten.
Wir haben intensiver über Möglichkeiten von antifaschistischem Selbstschutz diskutiert und z.B. ein Sicherheitskonzept für unsere Treffen und Veranstaltungen überlegt. Allerdings ist die direkte Verteidigung gegen Naziangriffe nur ein Teil, genauso wichtig ist es, eine breite Mobilisierung gegen Nazis und Rassismus in der Gesellschaft zu erreichen und ihnen durch linke Politik den Boden zu entziehen.
In Dortmund stehen noch weitere Naziaufmärsche an. Wie wollt ihr dem entgegenwirken?
Wir werden gemeinsam mit unseren BündnispartnerInnen bei BlockaDO Aktionen gegen den Nazi-Hool-Aufmarsch am 8.10. planen. Es gibt keinen Grund, der es in Dortmund grundsätzlich unmöglich machen würde, Naziaufmärsche zu stoppen – in anderen Städten hat das auch geklappt.
Das Interview führte Jens Jaschik