„Die Wahrheit ist, dass eine kleine Clique linksradikaler, trotzkistischer Politiker, die ziemlich offen darauf abzielt, das bestehende System zu stürzen, nun scheinbar die politische Agenda bestimmt“ (Shane Coleman, in: „The Irish Independent“, 17. Mai 2016).
von Paul Murphy, Parlamentsabgeordneter für die „Anti-Austerity Alliance“ (AAA) und Mitglied der „Socialist Party“ (Schwesterorganisation der SAV und Sektion des CWI in Irland)
Auch wenn Shane Coleman am 17. Mai dieses Jahres in seinem Artikel in der Tageszeitung „Irish Independent“ übertreibt, so greift er doch einen wesentlichen Teil der politischen Realität auf, der sich die neue Regierung und die herrschende Klasse in diesem Staat gegenüber sieht. Deren politische Position ist so schwach wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Die Gründe dafür sind außerhalb des irischen Parlaments, dem „Dáil“, zu finden. In Folge der Umsetzung der Austerität ist die Unterstützung für sämtliche Parteien des Establishments geradezu ausgehöhlt worden. Gleichzeitig ist eine Bewegung der Arbeiterklasse entstanden, die sich gegen den Versuch richtete, eine Wasser-Sonderabgabe einzuführen. Damit einhergegangen ist eine zunehmende Politisierung und Radikalisierung. Diese Entwicklungen spiegelt sich auch – zumindestens teilweise – in den Ergebnissen der letzten Parlamentswahlen wider. Entsprechend ist der „Dáil“ nun besetzt.
Anfälligkeit für Krisen
Die Minderheitsregierung der konservativen Partei „Fine Gael“ ist auf Dauer von parteilosen Abgeordneten abhängig und ob sie im Amt bleibt, hängt von der ebenfalls konservativen „Fianna Fail“ ab. Auf der einen Seite hat sie ein extrem-rechtslastiges Regierungsprogramm, ganz nach Art der britischen „British Tories“. Andererseits hat sie sowohl im „Dail“ wie auch in der Gesellschaft eine extrem schwache Position.
In der Konsequenz haben wir es ganz eindeutig mit einer Regierung zu tun, die zurückgewiesen werden kann und die durch und durch instabil und krisenanfällig ist. Schon in den ersetn Wochen im Amt sah sich die neue Regierung gezwungen, mehrere Rückzieher zu machen. Der erste und bedeutsamste fand zum Thema „Wasser-Abgabe“ statt. Hier ist sie gezwungen worden, die neue Gebühr auf Eis zu legen und das Thema in die Ausschüsse zu verweisen. Verbunden wird dies mit der Hoffnung, das Projekt zu einem späteren Zeitpunkt wieder hervorholen zu können. Dies ebnete weiteren Rückzügen den Weg: Aufgabe der Pläne für obligatorische Gebühren auf grüne Tonnen (nach Gewicht), Aufhebung der Pläne, die Kinderbeihilfe vom Schulbesuch abhängig zu machen, sowie Beendigung der Kürzungsprogramms namens „JobBridge“.
Natürlich bedeutet keines dieser Beispiele, dass sich auf Seiten der Regierung ein Sinneswandel vollzogen hätte. So werden sie zweifellos noch mit einem Plan für ein verändertes „JobBridge“-Programm um die Ecke kommen. Der Umstand, dass sie sehr aggressiv auf ein „Fit for Work“-Programm zur „Eingliederung“ von Behinderten drängen, die Sozialleistungen beziehen, zeigt, dass es ihnen weiterhin um eine Art von „Arbeitsbeschaffung“ geht, bei der erwerbslose Menschen schikaniert werden.
Druck von unten
Trotz alledem ermöglichen diese Beispiele wichtige Schlussfolgerungen, die die Menschen aus der Arbeiterklasse ziehen sollten. Diese Regierung ist schwach und kann durch die Mobilisierung und den Druck von unten gestürzt werden. Die Menschen werden unweigerlich zu dem Ergebnis kommen, dass wir uns jetzt organisieren und mobilisieren müssen, um für unsere Rechte zu kämpfen.
Abhängig Beschäftigte sollten dem Beispiel der ArbeiterInnen bei „Luas“ folgen und sich organisieren, um zu fordern, dass auch sie endlich die „wirtschaftliche Erholung“ zu spüren bekommen, von der so viel die Rede ist. Es braucht spürbare Lohnerhöhungen und bessere Arbeitsbedingungen. Es muss eine breite Bewegung aufgebaut werden, um ein sofortiges Referendum zur Abschaffung des 8. Verfassungszusatzes und ein Gesetz zu verlangen, das Frauen das Recht auf Abtriebung einräumt. Das muss Teil des Kampfes sein, die Kirche vom Staat zu trennen. Die kochende Wut angesichts der Lage auf dem Wohnungsmarkt sollte in eine breite landesweite Protestbewegung einfließen, die auch Aktionen unternimmt, um den Staat dazu zu zwingen, dass dieser die Krise löst.
Nötig ist eine sozialistische Alternative
Durch den Aufbau solcher Bewegungen sind Zugeständnisse möglich, die die Lage der Menschen wirklich verbessern können. Hinzu kommt, dass die Menschen aus der Arbeiterklasse darüber an Zuversicht gewinnen und aufgrund der Erfahrungen, die sie in solchen Kampagnen sammeln, ein stärkeres Bewusstsein bekommen. Wenn SozialistInnen eine aktive Rolle übernehmen, sich in solchen Bewegungen für sozialistische Ideen einzusetzen, dann kann ferner eine sozialistische Perspektive entwickelt werden. Das sind die Bedingungen, die nötig sind, wenn man eine kraftvolle sozialistische Bewegung und eine echte linke Partei aufbauen will, mit denen die geschwächte und marode „Labour Party“ ersetzt werden kann.
Das wiederum kann die Grundlage dafür schaffen, auf der diese Regierung in Zukunft tatsächlich zu Fall gebrscht werden kann und auf der wir für eine linke Regierung kämpfen können, die für eine sozialistische Politik steht, mit der die Herrschaft der Konzerne und Super-Reichen herausgefordert werden kann. Denn das ist wesentlich, wenn die grundlegenden Probleme, von denen die viel zitierten „99 Prozent der Bevölkerung“ betroffen sind, gelöst werden sollen.