Der Tarifabschluss wird sowohl vom Arbeitgeber als auch von ver.di gefeiert – Beschäftigte unterer Einkommen haben mehr erwartet
von Alexandra Arnsburg, Mitglied im verdi Landesbezirksfachbereichsvorstand im FB 9 Berlin Brandenburg*
In den letzten Jahren wurden bei den Servicegesellschaften und der DTAG viel aufgeholt. Nach der schweren Niederlage in 2007 wurden Einkommensverluste wettgemacht, die Inflation mehr als ausgeglichen, untere Einkommen stärker angehoben und die ungleiche Bezahlung in der Ausbildung zurückgedreht. Gleichzeitig konnte der Konzern enorme Gewinne einstreichen und die Dividendenerwartungen der Aktionäre übertreffen.
Dafür mussten die Beschäftigten zahlen, mit sich verschärfenden Arbeitsbedingungen und Standortkahlschlag, der für viele Arbeitsplätze das Aus bedeutete und für alle Mehrbelastungen. Nachdem schon die CallCenter und der Geschäftskundenservice runtergefahren wurde, sind nun der Innendienst des technischen Service, Multi Shared Service (Personalservice, Rechnungslegung) und die Ausbildung dran um Kosten zu sparen.
In diese Tarifrunde gingen die Mitglieder selbstbewusst mit einer vielerleiorts diskutierten Forderung von 5 Prozent und stärkerer Anhebung der unteren Einkommen. Mehrere tausende KollegInnen gingen täglich auf die Straße. Auch demokratischen Entscheidungen der Fachbereichskonferenz wurden umgesetzt: Die Regionalkonferenzen zum Verhandlungsergebnis fanden vor der entscheidenden Sitzung der Großen Tarifkommission statt.
Auf diesen und nach Bekanntgabe der Zustimmung der Großen Tarifkommission zu 2,2 Prozent ab April und noch einmal ab 2017 und 2,6 Prozent in diesem Jahr für untere Einkommen meldeten sich vor allem Beschäftigte, die das Unternehmen neu eingestellt hat, um in Call-Centern vor allem Randzeiten abzudecken. Diese KollegInnen arbeiten meist in Teilzeit und ausschließlich in den späten Abendstunden und am Wochenende. Für sie sind ein paar Prozent über dem Inflationsausgleich, drei Leermonate und die lange Laufzeit nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Der Ausschluss betriebsbedingter Beendigungskündigungen bis Ende 2018 ist für die meisten KollegInnen ein zwar ein sehr gutes Ergebnis, jedoch die Neueingestellten sind oft befristet und haben deshalb wenig davon. Außerdem hat der Arbeitgeber mit seinen „Standort(de)konzepten“ in den letzten Jahren mehrfach gezeigt wie er teure Beschäftigte zermürben und loswerden kann. Zudem arbeitet noch ein erheblicher Teil Beamte bei der Telekom. Für Auszubildenen gibt es 35 und nächstes Jahr 25 Euro mehr.
Für eine breitere Streikbewegung, um vor allem für die schlechter gestellten KollegInnen die vollen 5 Prozent bei 12 Monaten durchzusetzen wäre eine kämpferische Kampagne bereits im Vorfeld der Tarifrunde nötig gewesen. Die Konferenzen hätten nicht nur Forderungen, sondern auch Strategie diskutieren sollen, Streikversammlungen fanden nur in einzelnen Orten statt. Gerade jetzt, wo die KollegInnen bei der T-Systems, bald in der T-Punkt Gesellschaft und vor allem im Öffentlichen Dienst und auch im Metallbereich in der Auseinandersetzung sind hätte sich eine solche Dynamik und Solidarität gut entfalten können.
Kritisch wird von vielen KollegInnen auch gesehen, dass die Tarifinfos zuerst den Arbeitgeber anklagen, wenn er Tariferhöhungen von zwei Jahren zusammenrechnet und dass wir nun dieselbe Logik in unseren Informationen finden, wo das Ergebnis mit 4,3 bis 4,7 Prozent angegeben wird. Die KollegInnen, die viel Kraft investiert haben, haben kein Problem damit wenn sie feststellen, mehr können wir gerade nicht erreichen; jedoch solche Schönfärberei stößt auf Unmut und hilft nicht in der Vorbereitung für künftige Auseinandersetzung.
Nicht hilfreich sind zudem Hinweise darauf, dass Arbeit nicht zu teuer werden dürfe, besonders nicht in den Bereichen, wo die unteren Einkommen ansässig sind, da hier sonst Verlagerung ins Ausland und der Einsatz von Robotern drohe.
Für die zukünftigen Auseinandersetzungen gerade in Hinblick auf weitere Rationalisierung, verschärfter Kontrolle und massiven Arbeitsdruck brauchen wir keine Arbeitgeberlogik, sondern Forderungen, die mobilisieren und für die alle Telekom-Beschäftigten gemeinsam streiken können wie zum Beispiel Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich, eine effektive Kampfstrategie und eine kämpferische Führung.
*Angabe dient nur zur Kenntlichmachung der Person