Interview mit Yannick Dölling, Krankenpfleger am AK Altona
Hey Yannick, du hast heute beim Warnstreik für die Azubis im Krankenhausbereich in Hamburg gesprochen. Worum geht es euch in eurem Streik?
Bei diesem Warnstreik geht es uns darum, unseren Forderungen nach mehr Gehalt für alle Beschäftigten und einer garantierten Übernahme für die Azubis, mehr Nachdruck zu verleihen. Am ersten Verhandlungstag gab es von den Arbeitgebern kein Angebot.
Wo bist du selbst gerade beschäftigt?
Ich habe vor einem knappen Monat meine Ausbildung am AK Altona beendet und arbeite nun dort auf einer onkologischen Station.
Wie ist die Stimmung bei dir am Arbeitsplatz?
Eine allgemein gültige Aussage zur Stimmung in meinem Betrieb zu treffen ist schwierig. Es gibt viele verschiedene Bereiche und Berufsgruppen in einem Krankenhaus. Dass die Arbeitsbelastung häufig zu hoch ist, ist Konsens. Im Bereich der Krankenpflege findet schon lange keine Versorgung der Patienten mehr so statt, wie sie im Berufsbild gefordert und dem eigenem Empfinden auch erforderlich ist. Mein Eindruck ist, dass sich die Situation während meiner Ausbildung auch noch zugespitzt hat.
Kannst du vielleicht nochmal genauer auf die Forderungen der Auszubildenden, Praktikantinnen und Praktikanten eingehen?
In diesem ersten Schritt fordern die Auszubildenden pauschal 100 Euro monatlich mehr Geld. Des Weiteren eine Erhöhung der Urlaubstage von 28 auf 30 Tage, sowie eine garantierte und unbefristete Übernahme. Allerdings liegen den Auszubildenden auch die Arbeitsbedingungen sehr am Herzen. Gerade die Ausbildung leidet sehr unter der schlechten Personalsituation, weswegen 10% sogenannte Praxisanleitung verbindlich in jedem Einsatz auf Station und eine ein Lehrer-Schüler-Verhältnis von 1:15 gewünscht ist.
Ich habe gehört, dass auch aus den Berufsschulen Leute zum Streik gekommen sind. Wie schätzt du die Beteiligung der jungen Belegschaften und Auszubildenden bei diesem Streik ein?
Genau wie bei den Examinierten ist auch bei den Auszubildenden noch Luft nach oben, was die Streikbeteiligung angeht. Examensschüler oder Azubis in der Probezeit sind verständlicherweise einem besonderen Druck ausgesetzt. Sollte es zu Streiks für eine bessere personelle Ausstattung der Hamburger Krankenhäuser kommen, wird auch die Resonanz bei den jungen Beschäftigten hoch sein.
Wie ist die Stimmung unter den Streikenden?
Um es kurz zu machen: Die Stimmung unter den Streikenden ist super. Jeder der hier ist, weiß wofür er hier ist und kann auch stolz auf sich sein, trotz der Einschüchterungen der Arbeitgeber heute hier zu sein.
Noch war es nur der Warnstreik. Denkst du, dass es nach dem 3. Mai zu weiteren Streiks kommen wird?
Das kann man kaum prophezeien. Es hängt davon ab, was der Arbeitgeber am 03. Mai anbietet. Mit einem Abschluss unterhalb des ÖD wird sich wohl niemand zufrieden geben.
Der Arbeitgeber hat bereits zu Maßnahmen wie einseitigen Notdienstverpflichtungen gegriffen, um gegen euren Streik vorzugehen. Wie schätzt ihr die Verhandlungsbereitschaft von Asklepios ein?
Die Verhandlungsbereitschaft schätze ich wie üblich sehr gering ein. Der Arbeitgeber geht ein hohes Risiko ein in dem er keine Notdienstvereinbarung mit ver.di abschließt. Und an den illegalen „Notdienstverpflichtungen“, welche der AG am Vortage des Streiks an Mitarbeiter verschickte, sieht man, dass die Angst vorhanden ist und wir an den richtigen Stellen ansetzen.
Soweit ich weiß soll es auch Verhandlungen und Streiks zur Personalbemessung an Hamburger Krankenhäusern geben. Welche Belegschaften betrifft das? Wie schätzt du das Potenzial von solchen Streiks ein?
Im Gegensatz zu dieser Entgeltrunde, die nur für die Krankenhäuser des KAH gilt, bestehen Bestrebungen Tarifverträge für Entlastung/ Personalbemessung in mehreren anderen Hamburger Krankenhäusern zu etablieren. Ver.di hält übergreifende Streiks für Entlastung in den Hamburger Häusern noch in diesem Jahr für möglich. Das Potential dieses Themas halte ich für extrem groß. Seit Jahren sagen viele Kollegen, dass ein höheres Gehalt nicht mehr das wichtigste ist. Die Pflegenden in Deutschland wollen nicht mehr unter diesen Bedingungen arbeiten. Somit könnten Streiks für mehr Personal extrem mobilisieren und hätten damit ein riesiges Potential. Essentiell ist der Abschluss einer Notdienstvereinbarung nach Berliner Vorbild. Dort musste der Arbeitgeber mit einer Vorlaufzeit von zum Teil 7 Tagen, je nach Streikbereitschaft eines Teams, bis zu 100% der Betten einer Station schließen. So wurden keine Patienten gefährdet und die Mitarbeiter konnten guten Gewissens streiken. Der KAH hat sich bis jetzt geweigert so eine Vereinbarung mit ver.di abzuschließen und riskiert damit die Versorgung der Patienten.