IG Metall-Tarifrunde 2016

metall tarifrunde 2016Kein Grund zur Bescheidenheit!

Während die IG Metall-Führung eine relativ bescheidene Forderung empfiehlt, wird die Umsetzung eines neuen Arbeitskampfkonzepts in Aussicht gestellt.

von Angelika Teweleit, Berlin

Die Nettoumsatzrendite (Verhältnis von Gewinn zu Umsatz) ist in der Metall- und Elektroindustrie seit dem Krisenjahr 2009 stetig gewachsen. Die Gewinne sind (laut Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage) in Deutschland (mal wieder) stärker gestiegen als die durchschnittlichen Arbeitseinkommen, und man geht von einer Fortsetzung dieser Entwicklung aus.

Forderungsdiskussion

Bei Porsche Zuffenhausen forderten die KollegInnen 7,5 Prozent Lohnsteigerung, bei Coperion Stuttgart 6,5 Prozent und einen Sockel von 195 Euro, bei Daimler Untertürkheim kam bei einer Umfrage ein Wert von 6,7 Prozent heraus. In vielen Betrieben wurde betont, dass die Forderung nicht unter der von 2015 liegen darf. Diese lag nicht nur bei 5,5 Prozent sondern beinhaltete auch qualitative Forderungen für die Alters- und Bildungsteilzeit. Bei Redaktionsschluss standen die endgültigen Forderungen für 2016 noch nicht fest. Der Vorstand hatte jedoch lediglich 4,5 bis 5 Prozent Lohnsteigerung empfohlen.

Kampf der Tarifflucht

Gleichzeitig hat die IG Metall-Führung einen Kampf für eine Steigerung der Tarifbindung angekündigt. Zur Zeit sind nur rund fünfzig Prozent der KollegInnen in tarifgebundenen Betrieben beschäftigt. In nicht tarifgebundenen Betrieben wird in hohem Maße Lohndumping betrieben. Es ist grundsätzlich zu begrüßen, wenn die Gewerkschaft einen Kampf gegen die seit Jahren wachsende Tarifflucht führt. Es kommt aber vor allem auf die Umsetzung an. Es ist gut, wenn die Tarifrunde genutzt wird, um auch in solchen Betrieben zu mobilisieren. Um entsprechend Fahrt aufzunehmen, braucht es jedoch eine kämpferische Gesamtausrichtung und Politisierung der Tarifrunde. Eine moderate Forderung ist kein guter Ausgangspunkt. Da könnte es schwierig werden, überhaupt zu einer größeren Mobilisierung zu kommen. Wenn die Frage der Umverteilung mit einer hohen Forderung aufgegriffen würde, könnte die Tarifrunde zu einer tarifpolitischen Bewegung gemacht werden, die mobilisierende Wirkung in die gesamte Gesellschaft hinein hätte. Auch die Frage der zunehmenden Arbeitsbelastung und der Notwendigkeit von Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich müsste wieder auf die Agenda gesetzt werden.

Neues Arbeitskampfkonzept?

Der letzte richtige Streik (mit Urabstimmung) in einer Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie liegt zwölf Jahre zurück. Seitdem hat es lediglich Warnstreiks gegeben. 2015 konnte die IG Metall trotzdem eine leichte Reallohnsteigerung durchsetzen. Andererseits hatte sie zum Beispiel 2010, wegen der „schwierigen“ Lage für die Unternehmen, auf die Aufstellung einer Forderung gänzlich verzichtet! Die Streikkassen sind voll.

Auf dem IG Metall-Gewerkschaftstag wurde ein Antrag für die Ausarbeitung eines neuen Arbeitskampfkonzeptes verabschiedet. Hierfür wurde eine neue Eskalationsstufe zwischen Warn- und Erzwingungsstreik eingeführt., Im Antrag heißt es, denkbar seien „befristete betriebsbezogene (Warn-)Streiks, die mit der Legitimation einer betrieblichen Abstimmung nach Beschluss durch den Vorstand auch eine Streikunterstützung zur Folge hätten.“

Der Beschluss sollte von kämpferischen Belegschaften genutzt werden. Es wäre ein wichtiger Schritt, wenn durch mehr Beteiligung und Druck von unten auch in den Metallbetrieben ein neuer Streikwind weht, so wie es in Teilen des öffentlichen Dienstes und des Dienstleistungssektors im Jahr 2015 der Fall gewesen ist. Zudem sollten Vorschläge gemacht werden, um Beschäftigte aus verschiedenen Betrieben und Branchen zusammen auf die Straße zu bringen, die sich zeitgleich in Tarifrunden und Arbeitskämpfen befinden. Die Friedenspflicht in der Metall- und Elektroindustrie endet am 29. April. Ab dann sind Warnstreiks möglich.