Containern ist kein Verbrechen!

 

Julian~commonswiki CC BY-SA 3.0
Julian~commonswiki CC BY-SA 3.0

Solidaritätskampagne mit zwei Angeklagten in Aachen

In Aachen werden demnächst zwei Menschen vor Gericht gestellt. Ihnen wird „schwerer Diebstahl“ vorgeworfen – weil sie Lebensmittel vor dem Müll gerettet haben sollen.

Von Christian Walter, Aachen

Dieser Prozess ist ein Angriff auf alle Menschen, die selber Containern oder nicht einverstanden sind damit, dass gutes Essen massenhaft vernichtet wird. Es gibt immer wieder Versuche, solche Menschen zu kriminalisieren. In Aachen wurde im Juni 2013 ein Prozess gegen zwei Containerer eingestellt – nach massiven Protesten.

Volle Kassen statt volle Bäuche?

Im Kapitalismus sind Lebensmittel – wie alles andere – Waren. Sie werden nicht hergestellt, um Menschen satt zu machen, sondern nur um sie (profitabel) zu verkaufen. So werden bis zu fünfzig Prozent der Lebensmittel vernichtet – die allermeisten noch bevor sie jemals in einem Laden waren. Es gibt absurde Normen für die Farbe von Früchten, den Krümmungsgrad bei Gurken oder Bananen und für Dicke von Kartoffeln. Bei der Ernte wird massiv aussortiert, in Fabriken ebenso. Und nicht zuletzt führt die Konkurrenz der Supermärkte dazu, dass jeden Abend tonnenweise gute Lebensmittel weggeworfen werden. Übrigens nicht nur im „reichen Westen“ – auch in weniger industrialisierten Erdteilen gibt es volle Supermärkte. Aber kaufen kann auch dort nur, wer das nötige Geld hat. Die anderen müssen nicht selten Hunger leiden.

Volle Bäuche statt volle Kassen!

Hier setzt das Containern an: Es bedeutet, dass man zu den Mülltonnen der Supermärkte (oder Fabriken, Großmärkte etc.) geht und gute Lebensmittel „rettet“. Die Motivationen können dabei ganz verschiedene sein: Manche machen es aus Armut, andere wollen sich nicht damit abfinden dass gutes Essen vernichtet wird. Ob man damit grundlegend etwas verändert darf bezweifelt werden. Aber es zeigt die Unfähigkeit des Kapitalismus auf, bei massiver Überproduktion den Menschen auch nur die Grundbedürfnisse zu erfüllen.

Solidarität gegen Kriminalisierung

Containernde widersetzen sich der Logik des Kapitalismus, dass man nur etwas bekommt wenn man dafür Geld bezahlt. Nach geltendem Gesetz ist das Containern Diebstahl. Und immer wieder gibt es Kriminalisierungsversuche.

Jetzt hat es zwei Menschen aus Aachen getroffen. Noch steht kein Termin fest. Die Anklage lautet „schwerer Diebstahl“, weil der „Warenwert“ über fünfzig Euro gewesen sei. Es gibt viele Widersprüche, die darauf hindeuten, dass die Staatsanwaltschaft eine abschreckende Wirkung erzielen möchte.

Es regt sich Widerstand: Vergangene Woche Dienstag haben wir uns mit etwa zehn Menschen getroffen und den Grundstein für eine Solidaritäts- und Protestgruppe gelegt. Wir einigten uns darauf, kommende Woche eine öffentliche Info-Veranstaltung zu machen und dort die Gruppe auch offiziell zu gründen. Bisher – sechs Tage nach der Veröffentlichung – wurde ein Facebook-Eintrag mit diesen Infos 360 mal geteilt und hat über 36.000 Menschen erreicht. Für die Facebook-Veranstaltung zum Info-Abend interessieren sich mehr als 250 Menschen. Wie 2013 ist das Ziel klar: In die Öffentlichkeit gehen. So viel Druck aufbauen, bis der Prozess eingestellt wird. Offenbar gibt es nicht wenige Menschen, die dieses Ziel teilen. Wir hoffen, viele von ihnen für aktiven Protest und Widerstand zu gewinnen. Und – unabhängig vom Ausgang dieser konkreten Auseinandersetzung – muss es auch darum gehen, das kapitalistische Wirtschaftssystem zu überwinden. Denn Profitstreben, Konkurrenz und massenhafte Vernichtung von Lebensmitteln und anderen Ressourcen sind nur Symptome, nicht die Ursache der Probleme.

Die Info-Veranstaltung findet statt am 5.4. um 17:00 Uhr im Linken Zentrum Aachen, Augustastraße 69.

Alle Infos gibt es bei Facebook: https://www.facebook.com/AachenContainert/photos/a.384513268297225.91116.384227021659183/996306990451180/

Christian Walter ist aktiv bie linksjugend [’solid] Aachen und betriebt die Facebook-Seite „Aachen Containert“.